Immer mehr Familien entdecken auch in den Industrienationen wieder, was eigentlich natürlich und normal sein könnte und was in der sogenannten „Dritten Welt“ vollkommen selbstverständlich ist (und hoffentlich auch trotz „Verwestlichungstendenzen“ in den Oberschichten dort selbstverständlich bleiben wird):
Babys brauchen keine Windeln! Babys geht es ohne Windeln sogar wesentlich besser.
Eltern wissen, wann ihr Baby Hunger hat, sie wissen, wann es müde ist – und sie wissen, wenn sie hinhören, auch, wann das Baby einmal muss. Babys teilen uns das sehr klar mit. Warum sollten wir also dieses Potenzial nicht nutzen und dem Baby statt dessen zumuten, seine Exkremente unbeachtet in eine Windel laufen zu lassen und möglicherweise stundenlang sozusagen mit seiner Toilette am Körper zu verbringen? Nur weil Freud und angestammte Vorurteile behaupten, „zu frühes“ Sauberkeitstraining würde einen Persönlichkeitsschaden hinterlassen?
Tatsächlich hat die Kommunikation mit dem Baby über seine Ausscheidungen – und mittels seiner Ausscheidungen! – mit herkömmlichem „Sauberkeitstraining“ (bis auf das für die Ausscheidungen möglicherweise benutzte Gefäß) nicht viele Gemeinsamkeiten.
Das Ziel unserer Methode ist nicht das möglichst frühe Saubersein des Babys (wobei wir uns natürlich auch darüber freuen, es aber mehr einen netten Nebeneffekt darstellt), sondern die Kommunikation und die Stärkung des Bandes zwischen Kind und Eltern. „Sauberbleiben“, „TopfFit“, „Ausscheidungskommunikation“, „Infant Potty Technique“, „Elimination Communication“, „Natural Infant Hygiene“ – es gibt inzwischen im Westen viele Begriffe für diese sanfte, kooperative und umweltfreundliche Methode, die das Windelproblem auf so elegante Weise löst.
Bei unserer Methode wird nie, nie, niemals Druck auf das Kind ausgeübt, das Kind niemals zum Anhalten gezwungen, der Fokus auf das gezielte Entleeren der Blase gelegt.
In unserer Gesellschaft ist es selbstverständlich geworden, dass Babys signalisieren können, wenn sie Hunger haben. Und vermutlich werden sehr viel mehr Signale als „Hunger“ wahrgenommen, als in Wirklichkeit Hunger ausdrücken.
Ein ganzer Industriezweig lebt davon, diesen als allgegenwärtig wahrgenommenen Hunger zu stillen. Obwohl es ernährungsphysiologisch vollkommen unsinnig ist, wird bei jeder Gelegenheit frühes „Zufüttern“ und bald darauf folgendes Abstillen empfohlen. Mit Babykonserven läßt sich mehr Geld verdienen als mit Muttermilch.
Was das mit Windeln zu tun hat? Nun, mittlerweile gibt es Pampers in Größe 6. Immer längeres Wickeln wird empfohlen und als positiv für das wachsende Kleinkind erklärt – und auch damit läßt sich viel Geld verdienen. Und vermutlich beziehen die meisten Kinderärzte – analog zu den Informationen über Babyernährung – ihre Meinung über die kindlichen Kapazitäten der Schließmuskelkontrolle zumindest indirekt von der Windelindustrie.
Eltern entscheiden sich aus vielerlei Gründen dafür, ihr Baby ohne volle Windeln aufwachsen zu lassen. Einige der Gründe werden einem auch erst in ihrem ganzen Ausmaß klar, wenn man sie erlebt. Positive Aspekte des Lebens mit einem windelfreien Baby sind:
Bonding und Kommunikationsförderung
Dieser erste ist für mich der absolut wichtigste Punkt – und gleichzeitig ist er vermutlich am wenigsten nachvollziehbar, wenn man es nicht selbst erlebt hat: Es ist eine unglaubliche Bereicherung! Das Baby erfährt, dass das, was es empfindet, wahrgenommen und reflektiert wird, dass es eine Antwort auf das bekommt, was es aussendet – und zwar in allen Bereichen.
Beziehungsmesser
Das Leben ohne Windeln ist, besonders bei Babys, die noch nicht mobil sind, ein hervorragender Indikator, ob Mutter und Kind gut aufeinander eingestellt sind und ob es beiden gut geht.
Positives Körpergefühl
Kein Erwachsener würde freiwillig in seinen Exkrementen sitzen. Bei alten Menschen, die nicht mehr für sich selbst sorgen können, reagiert (Gott sei Dank!) jeder empört, wenn sich um ihre Hygiene niemand kümmert. Unseren Babys aber wird genau das selbe tagtäglich millionenfach zugemutet…
Gesundheit
Alles, was ich hier schreibe, beruht auf empirischen Erkenntnissen durch viele Mütter. Mir ist keine offizielle Studie oder dergleichen bekannt, die es untermauern würde – was aber nicht bedeutet, dass das, was wir beobachtet haben, nicht wahr ist… Windellose Kinder haben (logisch!) keinen Windelausschlag und sind nur in seltenen Ausnahmefällen wund. Sie haben wesentlich weniger Koliken (da sie nichts anhalten müssen) und zumeist regelmäßig mindestens einmal pro Tag Stuhlgang.
Würde
Die Entscheidung für ein Leben ohne Windeln hat eine ganze Menge mit der Wahrung der kindlichen Würde zu tun. Windellose Kinder lernen früh, dass sie Meister über ihre Körper und deren Funktionen sind und das Recht haben, über das zu bestimmen, was mit ihnen und ihrem Körper geschieht. Beispielsweise müssen sie sich nicht in der Öffentlichkeit auf den Rücken legen und ihre empfindlichsten Stellen reinigen lassen. Kein Tier würde sich in einer Fußgängerzone diese Blöße geben – aber von unseren Kindern glauben die meisten von uns, dass es sie nicht stört.
Umweltschutz
Wie viele Windeln braucht ein durchschnittliches Windelkind am Tag? Vier? Fünf? Über wie viele Jahre? Zwei? Drei? Vier? Fünf Windeln mal 365 Tage in drei Jahren macht 5475 Windeln. Jede von ihnen braucht, wenn sie nicht verbrannt wird, ca. 400 Jahre, um auf einer Müllkippe zu verrotten. Wie viele Kinder gibt es in Deutschland und in der gesamten westlichen Welt? Es fällt durch Windeln ein gigantischer Berg Müll an. Wir nehmen wenigstens unseren Anteil aus dem Müllberg und der Waschmittelkette heraus.
Finanzielle Einsparungen
Ausgehend von besagten 5475 Windeln, verbraucht eine Familie pro Kind ca. 800-1000 Euro für Windeln. Dafür kann man ziemlich viele Töpfchen, Trainingshöschen und Leggings kaufen. Oder neue Pullover für Mama. Oder es einem guten Zweck spenden. Nicht mit eingerechnet sind dabei der Wickeltisch, die Feuchttücher, der Puder, die Wundcremes, die Wickeltasche usw.
Der oben stehende Text wurde dem Buch „Geborgene Babys“ von Julia Dibbern (siehe unsere Rezension) entnommen und für diese Webseite angepasst. Er unterliegt den Bestimmungen des Copyrights und darf ohne schriftliche Genehmigung der Autorin in keiner Weise vervielfältigt werden.
Quelle: Anahita-Verlag, „Geborgene Babys“, mit freundlicher Genehmigung der Autorin für Rabeneltern.org