Falsch! Dieses Ammenmärchen geistert leider immer noch durch viele Kinderarzt- oder Physiotherapiepraxen. Alternativ hört man auch oft, dass Babys erst dann aufrecht getragen werden sollen, wenn sie schon selbstständig sitzen können.
Viele MedizinerInnen haben dabei wohl schlecht gebundene Tragetücher oder ungeeignete Tragehilfen vor Augen.

Richtig ist, dass Köpfchen ud Rücken immer gut gestützt sein sollen, dies erreicht man mit einer passenden Tragehilfe oder noch etwas besser mit einem gut gebundenen Tragetuch.

Daten von Kirkiolinis (1999) und Kavruk (2010) bestätigen, dass kein Zusammenhang zwischen der Tragedauer und späteren Haltungsschäden nachweisbar ist.

Allerdings sollte man auf ein paar grundlegende Dinge achten:

  • der Kopf des Kindes sollte in „Köpfchenkusshöhe“ sein,
  • der Rücken gerundet,
  • die Kniekehlen ca. in Höhe des Bauchnabels,
  • die Tuchbahn bis in die Kniekehle,
  • bei kleinen Babys oder wenn die Kinder schlafen, muss der Kopf gestützt sein,
  • das Tuch sollte eng anliegen und den Rücken fest stützen,
  • die Tuchbahnen sollten nirgendwo verdreht sein.

Bei kleinen Babys kann man sich an der Drittelregel orientieren:

  • Ein Drittel der Tuchbreite in den Kniekehlen,
  • ein Drittel glatt über den Rücken,
  • das obere Drittel als Wulst im Nacken.

Vor allem muss man darauf achten, genügend fest zu binden. Gerade Ungeübte binden eher zu locker als zu fest. Nur ein Tuch, dass wie eine zweite Haut um das Baby liegt, kann genügend stützen!

Wird eine Tragehilfe verwendet, sollte sie der Größe des Babys angemessen sein und sich so einstellen lassen, dass eine gute Haltung möglich ist. Hier möchten wir auf die Möglichkeit einer Trageberatung verweisen.

 

Quellen:

Evelin Kirkilionis (München 1999): Ein Baby will getragen sein
Hilal Kavruk (2010): Der Einfluss des Tragens von Säuglingen und Kleinkindern in Tragehilfen auf die Entwicklung von Haltungsschäden im Schulkindalter (pdf)(Dissertation an der Universität Köln)

 

Oder auch: Kein Wunder, dass es nicht laufen lernt, wenn es immer getragen wird! Das ist natürlich ein Ammenmärchen. Auch Kinder, die viel getragen werden, lernen das Drehen, Krabbeln und Laufen. Es gibt milde Hinweise auf ein besseres Körpergefühl durch Tragen, was wiederum der Motorik zugute kommt. Ebenso gibt es Hinweise darauf, dass schlechtes Tragen, also das Tragen in ungeeigneten Tragehilfen oder in sehr locker gebundenen Tüchern, der Haltemuskulatur und den Geschlechtsteilen schaden kann.

Es gibt aber keinerlei Nachweis für einen Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit oder Qualität der motorischen Entwicklung und dem Umstand, ob das Kind getragen wurde oder nicht.

Die Bewegungsmotivation von Säuglingen ist bei normaler Entwicklung so hoch, dass es nicht möglich ist, ein Kind davon abzuhalten, in seiner Entwicklung fortzuschreiten. Jeder, der mal ein acht Monate altes Kind wickeln wollte, kann ein Lied davon singen…

Dafür konnte bis heute kein Beweis erbracht werden – im Gegenteil traten bei 192 von Kirkilionis untersuchten getragenen Kindern weniger Haltungsschäden auf als im Durchschnitt der Bevölkerung. Auch die Studie Der Einfluss des Tragens von Säuglingen und Kleinkindern in Tragehilfen auf die Entwicklung von Haltungsschäden im Schulkindalter (pdf) sieht bei viel getragenen Kindern keinen erhöhten Anteil an Rückenauffälligkeiten, ihr Fazit lautet: „Das Tragen von Kleinstkindern in Tragevorrichtungen [zieht] weder negative Auswirkungen auf die Haltungsentwicklung noch auf die Entwicklung von Wirbelsäulendeformitäten mit sich.  (84) Und: „Die Ausbildung von normabweichenden Haltungsvarianten oder Rückenformen sowie Wirbelsäulenpathologien und Halteleistungsinsuffizienzen bleibt vom Tragen in Tragevorrichtungen unabhängig.“ (100)

Die Anatomie des Babies spricht auch gegen diesen Vorwurf. Am Anfang ist der Rücken gerundet, die typische s-förmige Krümmung der Wirbelsäule bildet sich erst heraus, wenn das Kind zu laufen beginnt. Die etwas zusammengekauerte Haltung im Tragetuch oder -sack kommt daher der Form der Wirbelsäule viel mehr entgegen als das flache Liegen. Wird das Baby nahe am Körper getragen und durch die Tragehilfe gut gestützt, so gibt es auch keine Stöße auf die Wirbelkörper und Bandscheiben – ganz im Gegensatz zum Laufen oder Springen, das dem Kind ja auch niemand verbieten wird. Für die Entwicklung der Rückenmuskulatur, die die Wirbelsäule stützt, gibt das Getragenwerden wichtige und nützliche Anreize. Bei den Naturvölkern, die ihre Kinder sehr viel tragen, fällt ebenfalls keine Häufung von Rückenproblemen auf. Und längst nicht alle dieser Mütter sind ausschließlich mit Feldarbeit beschäftigt, so dass die Kinder überwiegend auf ihren gebeugten Rücken liegen, wie Kritiker oft anführen. Was die Hüftgelenksdysplasie angeht, so ist bereits erwiesen, dass die Verwendung geeigneter Tragehilfen in den ersten Monaten vorbeugend gegen diese Krankheit wirken kann. Diese entsprechen dem früher oft empfohlenen „breiten Wickeln“, das die Beinchen in einem Winkel abspreizt, der günstig für eine ideale Entwicklung der noch weichen Hüftgelenkspfannen ist. Daher ist es wichtig, darauf zu achten, ob die Tragehilfe diesen „Spreiz-Anhock-Sitz“ gewährleistet. Bei richtiger Bindeweise des Tragetuches, aber auch bei einigen vorgefertigten Tragehilfen ist dies der Fall. Von Ökotest gibt es einen über das Internet erhältlichen Test, aus dem hervorgeht, welche Tragesäcke aus orthopädischer Sicht nicht zu empfehlen sind.

Eine Übersicht über verschiedene Tragehilfen findest du hier: Tragehilfen – was ist was?

Wenn die Mutter ihr Baby von Anfang an trägt, dann werden die dafür wichtigen Muskeln trainiert und gestärkt und „wachsen“ sozusagen mit ihrer Aufgabe und dem Gewicht des Kindes mit. Bei einer guten Tragehilfe wird die Belastung außerdem verteilt und teilweise auch auf die Hüften verlagert.

Später kann das etwas schwerere Kind im Tuch mit der so genannten „Rucksacktrage“ auf dem Rücken transportiert werden. Das reduziert die Belastung weiter und ist vielen Müttern und ihren Muskeln schon vom Tragen des normalen Rucksacks her bekannt.

Einen Säugling kann man nicht verwöhnen, schon gar nicht, wenn man seinem Grundbedürfnis nach Körperkontakt und Zuwendung nachkommt. Ein Kind, dessen Verlangen nach Nähe zu den Eltern frühzeitig und zuverlässig gestillt wird, hat die besten Voraussetzungen, um später zufrieden und selbständig seine eigenen Wege zu gehen.

Siehe dazu unter Wissenswertes über das TragenMenschenkinder sind Traglinge

Das Gegenteil ist der Fall. Zumindest, wenn man grundsätzlich anerkennt, dass Babys nun einmal gute Gründe haben, sich nicht ablegen zu lassen. Am Anfang ist es der Urinstinkt, der dem Säugling sagt, dass er verloren ist, wenn er „in freier Wildbahn“ allein irgendwo liegen bleibt. Später kommt dann noch die natürliche Neugier, Kommunikationsbereitschaft und Entdeckerfreude dazu, die die Krabbeldecke für längere Zeiträume zu langweilig erscheinen lässt. Die Mutter oder der Vater wird also permanent zwischen ihrer oder seiner eigentlichen Tätigkeit und dem Baby hin- und herlaufen und das Kleine will letztendlich doch auf den Arm. Eine Tragehilfe, die sich jede/r, der sich für häufiges Tragen entscheidet, anschaffen wird, ist daher das geeignete Mittel, die Hände und auch den Kopf frei zu bekommen für Hausarbeit, ältere Geschwister oder was sonst zu tun ist.

Stimmt nicht! Studien der Kinderklinik der Universität Köln von Dr. Waltraud Stening und Patrizia Nitsch haben ergeben, dass die Sauerstoffsättigung des Blutes bei Neugeborenen im Tragetuch um lediglich ein Prozent absinkt. Dieser Wert ist bei gesunden Babies völlig unbedenklich.

Wenn die Außentemperatur sehr niedrig ist, ist es wichtig, auf die richtige Kleidung, vor allem aber die richtige Trageweise zu achten. Wird das Baby am Bauch der Mutter oder des Vaters getragen und am besten noch mit unter den Mantel genommen, dann bekommt es so viel Körperwärme des Elternteils ab, dass es sicher nicht frieren wird. Die Rückentrage über der Jacke der Tragerin / des Trägers kann dann allerdings wirklich ungeeignet sein, weil das Baby nicht von der Körpertemperatur des Tragenden profitiert und es für diesen noch dazu schwer zu überprüfen ist, ob es, vor allem an den Beinen, kalt wird.

Siehe dazu: Zum Tragen bei Kälte

Aufgepasst! Das ist kein Ammenmärchen, sondern die reine Wahrheit. Studien von Dr. Urs Hunziker am Kinderspital Zürich haben bewiesen, was Muttergefühl und Urinstinkt längst wussten. Schließlich ist es kein Zufall, dass als ganz natürliche Reaktion weinende Babys hochgehoben und herumgetragen werden.
Nach dieser Studie schrien Babys, die viel getragen wurden, insgesamt weniger, die kritischen Schreizeiten am Nachmittag und Abend fielen weg und die Säuglinge wirkten im Wachzustand deutlich zufriedener.

Seit einiger Zeit sind viele Eltern verunsichert, weil sie gehört haben, dass die Wickelkreuztrage eine für das Baby schädliche Tragetechnik sein soll. Ich möchte im folgenden auf die wesentlichen Kritikpunkte an der Wickelkreuztrage eingehen.