Erfahrungen und Rabeneltern-Tipps: Elternsein

Wie ungemütlich, wenn der Tag morgens damit beginnt, dass Eltern und Kind genervt sind, weil der Nachwuchs sich nicht anziehen will und überhaupt am Morgen nicht in die Gänge kommt. Was hilft?

Erst einmal: Auch mit drei, vier, sechs Jahren ist ein Kind noch klein. Man übersieht das leicht, vor allem, wenn noch kleinere Geschwister da sind. Aber es ist völlig in Ordnung, auch kleinen Schulkindern noch morgens beim Anziehen zu helfen.

Ein Ansporn, der oft verblüfffend gut wirkt, können Kleiderstraßen oder Kleidermännchen sein. Dabei legt man die Kleidung entweder in der Reihenfolge des Anziehens vom Bett ausgehend als Weg auf den Boden – der kann dann zum Beispiel zum Frühstückstisch führen. Oder man legt ein Kleiderkind auf den Boden, wobei auch die zuerst anzuziehenden Kleidungsstücke zuoberst liegen. Das Kleiderkind eignet sich auch gut, um schon am Abend herauszusuchen, was das Kind am nächsten Morgen anziehen wird. Das ist viel günstiger als morgens zwischen Schulbroten, zu putzenden Zähnen und dem Zettel für den Waldausflug, der noch unterschrieben werden muss, eine Diskussion über den vor Dreck stehenden Lieblingspulli aus dem Schmutzwäschekorb zu führen.

Manche Kinder sind wesentlich flotter, wenn sie vor dem Aufstehen schon etwas in den Magen bekommen – ein Becher warme Milch oder ein Stück Marmeladenbrot können den Morgen deutlich entspannter aussehen lassen. Es lohnt sich, das auszuprobieren! Und letztlich gewinnt man damit viel mehr Zeit, als man für dieses kleine Extra braucht.

Kindern, die sich im Großen und Ganzen alleine zurecht machen, kann eine Uhr helfen, auf der die zu erledigenden Aufgaben mit Zeitangabe aufgemalt sind, oder zumindest die Orientierung an immer gleichen Abläufen. Aber auch Kinder, die eigentlich wissen, was zu tun ist, können enorm ins Trödeln geraten, denn Kinder haben ein anderes Zeitempfinden als Erwachsene. Sie wollen ihre Eltern nicht ärgern, wenn sie, statt sich zügig zurecht zu machen, ein 150-Teile-Puzzle anfangen, sondern sie setzen andere Prioritäten. Da Antreiben und Schimpfen zwar kurzfristige Besserung, aber nicht unbedingt auch einen langfristigen Lernerfolg bringen, ist es für viele Familien entspannter, auf nähere Begleitung und früheres oder späteres Aufstehen zu setzen – manche Kinder brauchen morgens mehr Zeit und gemütliches Wachkuscheln; für andere ist mehr Zeit genau falsch, sondern sie brauchen direkte Abläufe, die wenig Ablenkung zulassen, und möglichst spätes Aufstehen.  Es wird sich auswachsen: Irgendwann sind die auch die längsten Morgenkämpfe Vergangenheit und das Kind ist für sein eigenes Zeitmanagement verantwortlich.

Als Alleinerziehende sind wir meistens gut organisiert und haben unseren Alltag so gestaltet, dass wir klar kommen. Dennoch gibt es, vor allem am Anfang, immer wieder Situationen, die uns überraschen und kreative Lösungen erfordern. Das Internet ermöglicht es uns, diese Lösungen ganz einfach miteinander zu teilen, so dass die eine oder andere Notsituation vielleicht vermieden werden kann.

Die meisten Probleme ergeben sich aus Knappheit von Ressourcen wie Zeit und Geld. Viele alleinerziehende Userinnen haben bei uns im Forum ihre Tipps und Tricks geteilt.  Natürlich ist aber jede Alleinerziehende in einer individuellen Situation. Die Tipps sind also ebenfalls individuell. Such dir einfach das raus, was für dich passt. Und wenn du denkst, du weißt noch etwas, was anderen helfen könnte, dann schick uns eine Nachricht.

Praktisches
– Fertigessen vorrätig haben,
– haltbare Lebensmittel vorrätig haben, wie z.B. Knäckebrot. Butter hält sich im Tiefkühlfach. Wichtig: Notfallessen sowohl für gemeinsame Mahlzeiten als auch für die Schule/Kita einplanen,
– Ersatzbrille im Auto aufbewahren, falls die Erstbrille unterwegs kaputt geht,
– Notfallapotheke vollständig haben, z.B. Medikamente gegen Kopfschmerzen und Fieber,
– falls finanziell machbar, genügend Kleidung für alle Kinder haben, so dass im Krankheitsfall auch eine Woche ohne Wäsche waschen überstanden werden kann,
– Wochenplan fürs Essen aufstellen und einmal pro Woche einkaufen gehen. Nicht übers Essen und Einkaufen nachdenken zu müssen, spart Zeit, Kraft und Geld.
– Bequemlichkeit zur Priorität machen und Dogmen über Bord werfen: TV, Fertigessen, Auto statt Fahrrad: alles ist erlaubt, wenn es entlastet. Ein Wäschetrockner kann viel Zeit sparen, und Zeit ist bei vielen Alleinerziehenden Mangelware Nummer 1.
– Wenn Kinder unter zwölf Jahren bei dir leben, hast du im Krankheitsfall eventuell Anspruch auf eine Haushaltshilfe. Am besten druckst du dir den Antrag auf Vorrat aus oder lässt ihn dir von der Krankenkasse schicken. Dann kannst du ihn direkt zum Arztbesuch mitnehmen, wenn du krank bist. Deine Ärztin kann den Antrag dann an die Krankenkasse faxen.

Persönliches
– Deine Gesundheit hat Priorität.

– Du hast das Recht auf Erholung, deine ganze Familie profitiert davon, wenn es dir gut geht. Schaffe dir Ruheinseln.
– Nutze freie Zeitfenster, um Vorsorgetermine für dich wahrzunehmen, Sport zu machen oder zu schlafen. Du kannst dich besser um andere kümmern, wenn du gesund bleibst.
– Es ist ok bestimmte Aufgaben Menschen zu überlassen, die größere zeitliche Ressourcen haben, z.B. Kuchen backen für die Schule. Es ist ebenfalls in Ordnung, einen Kuchen zu kaufen, falls dein Budget das erlaubt.
– Manche Alleinerziehende berichten von Diskriminierung durch Lehrer_innen, daher kann es wichtig sein, Schulmaterialien immer auf Vorrat da zu haben. Der Grundsatz, das eigene Wohlbefinden über andere Aufgaben zu stellen, ist hier manchmal nicht anwendbar. Frage im Zweifelsfall nach, ob es in Ordnung ist, wenn du fehlende Materialien immer erst am Wochenende nachkaufst.
– Falls Hausaufgaben in Wochenplanform aufgegeben werden, weise darauf hin falls der andere Elternteil sich weigert, an seinen Wochenenden Hausaufgaben mit dem Kind zu machen und bitte um eine andere Regelung.
– Falls benötigt, frage nach, ob es möglich ist, Kinder zu Elternabend / Elternbeiratssitzung mitzubringen oder ob es möglich ist, eine Kinderbetreuung zu organisieren, z.B. durch ein älteres Geschwisterkind.

Soziales
– Manchmal fehlt Alleinerziehenden der Kontakt zu anderen Erwachsenen. Daher – bildet Banden und unterstützt euch gegenseitig.
– Caritas und Co bieten in vielen Städten Treffen für Alleinerziehende an, z.B. zum gemeinsamen Sonntagsfrühstück.
– Du kannst auch selbst einen Alleinerziehenden-Treff gründen.
– Oder eine Alleinerziehenden-WG.
– Wenn du gerne in die Sauna oder Schwimmen gehst, dann geh gemeinsam mit einer Freundin und betreut wechselseitig eure Kinder.
– Bevorzugt Einrichtungen, die Familienkarten auch für Ein-Eltern-Familien anbieten und schreibt denen eine E-Mail, die es nicht tun.
– Im Winter können die Möglichkeiten sich zu treffen begrenzt sein, vor allem, wenn der Café-Besuch zu teuer ist und Wohnungen sehr klein. Viele Kommunen bieten jedoch Ermäßigungen oder sogar kostenlosen Eintritt für Museen an. Eine Liste preisgünstiger oder kostenloser Angebote haben wir hier zusammengestellt. „Kostenlose oder günstige Museen/Angebote für Kinder und Familien“ (Link) Wenn du weitere Angebote kennst, schreib es einfach in den Thread.
– Mit Freundinnen zu telefonieren hilft, wenn man sich isoliert und allein fühlt.
– Über Google Hangouts kann man gemeinsam YouTube-videos anschauen.
– Du kannst dich auch im Raben-Chat oder im Forum mit anderen treffen und zusammen Serien, die Fußball-WM oder Shows im Fernsehen anschauen.
– Schau dich auf den Facebook-Seiten von Mama arbeitet und mutterseelenalleinerziehend um. Es hilft zu sehen, dass andere in der gleichen Situation sind. Ihr könnt Ideen und Lösungen austauschen oder einfach mal eurem Herzen Luft machen.
– Verabrede dich in unserem Forum mit Raben in deiner Nähe.
– Auch Eltern in Paarbeziehungen brauchen oft Unterstützung. Biete einfach mal an, dass ein Kind euch besuchen kommen kann oder du das Kind zum Fußballspiel mitnehmen kannst. Dann fällt es leichter, um Hilfe zu bitten, wenn du Hilfe brauchst.
– Wenn du andere Alleinerziehende kennenlernst, egal ob in Kindergarten oder auf dem Spielplatz, frag einfach mal, wie sie sich so organisieren. Was ihnen leicht fällt und was schwer. Vielleicht entwickelt ihr daraus Ideen, wie ihr euch gegenseitig unterstützen könntet, vielleicht auch eine Freundschaft.

Verfasst von happy spider.

Mein damals achtjähriger Sohn kam wochen- bis monatelang immer mal wieder abends nochmal zu mir, weil er an „was Blödes“ denken musste und nicht einschlafen konnte. Aber was es war, damit wollte er nicht herausrücken. Mit der Zeit habe ich recht routiniert auf diese „blöden Gedanken“ reagiert, wie das halt so sein kann abends, wenn hier noch Wäsche wartet und dort ein Kind aus dem Bett kräht und dann noch eines blöde Gedanken hat, die es nicht näher erklären kann oder will…

Was es tatsächlich war, damit rückte er dann schließlich an einem Morgen nach einem Abend mit blöden Gedanken raus, weinend bei mir auf dem Schoß: Er hatte geklaut. Bei seinen Geschwistern, und bei seinen Freunden. Schöne Kleinigkeiten, die er so gerne hatte haben wollen. Bei einigen konnte ich es einordnen – das früheste war drei Jahre her, das letzte ein paar Monate. Ganz schön viele Schätze waren das. Als ich ihn ein gutes Jahr zuvor einmal ertappt hatte, hatte er noch kein schlechtes Gewissen gehabt, er war nur verlegen gewesen, weil erwischt. Damals hatte ich mit ihm  gesprochen, über Klauen und warum das nicht geht, und ihn das Teil zurückbringen lassen. Das hatte er so akzeptiert, aber er selbst hatte von sich aus kein Unrechtsbewusstsein gehabt. Das war nun deutlich anders.

Meine erste Reaktion war vor allem Mitgefühl. Er hatte so lange Not deswegen gehabt, er brauchte Trost. Dann haben wir überlegt, wie es weitergehen konnte. Die Sachen von seinen Geschwistern habe ich zurückverteilt und ihm war die Erleichterung anzusehen, als seine Schwester sich sichtbar gefreut hatte, dass ihr Polizei-Anstecker wieder aufgetaucht war. Bei seinem Freund hat dessen Mutter die Sachen wieder ins Spielzeug eingespeist. Bei anderen habe ich ihm geholfen, die Sachen zurückzugeben. Ich habe ihn nicht aufgefordert, sich den Betroffenen gegenüber zu outen, weil ich die zu erwartenden Sanktionen seitens der anderen Kinder als zu hart eingeschätzt habe. Diese hätten seine Gewissensnot vermutlich nicht sehen können, und auch nicht, dass er mit seinen Sachen oft sehr großzügig ist. Und dann habe ich ihm so ein kleines Spielzeug gekauft, wie er seinen Geschwistern jeweils gemopst hatte. Meiner Einschätzung nach hat er dadurch, dass er so lange unter dem Bewusstsein, geklaut zu haben, gelitten hat, deutlich mehr gelernt als durch eine Strafe oder durch Bloßstellen.

Er hat gelernt, dass er falsch gehandelt hatte. Dass er sich damit aber auch anvertrauen konnte und dass er dafür nicht verurteilt wurde, sondern dass wir gemeinsam Wege der Wiedergutmachung gesucht haben. Ich habe an meiner Reaktion noch manchmal gezweifelt, als er im Nachhinein noch mit weiteren Geständnissen ankam, wo er noch überall etwas mitgehen hatte lassen. Aber letztlich sind wir gut aus dem Prozess herausgekommen. Ich habe ihm weiterhin Vertrauen entgegengebracht, zum Beispiel wenn er sich aus meinem Portemonnaie Geld für den Einkauf beim Bäcker selber herausnehmen durfte (und sollte). Und er hat schon lange nichts mehr geklaut, überhaupt nichts mehr seit dem Geständnis, und achtet sehr darauf, ob er eventuell jemanden versehentlich benachteiligt. Ich habe daraus mitgenommen, dass Erklärungen, die beim Thema sicher sinnvoll sind, erst wirklich fruchten können, wenn das Kind in seiner Entwicklung an den Punkt kommt, ein Unrechtsbewusstsein auszubilden. Die Erfahrung, unter dem eigenen Gewissen zu leiden, kann man dem Kind dann nicht ersparen, aber man kann ihm die Erfahrung ermöglichen, weiterhin angenommen zu sein und sein Verhalten dann ändern zu können.

Wer kennt diese Situation nicht: Man war geduldig, man hat erklärt, man hat es bereits zehnmal wiederholt. Und jetzt nähert man sich langsam aber scheinbar unausweichlich dem Moment, in dem man explodieren wird. Man fühlt es bereits herankriechen, der erste Schrei lauert schon am Grund der Kehle – aber hat man sich nicht gerade erst heute Morgen geschworen, dass das auch anders gehen muss?
Vielleicht funktioniert es so:

1. Atme fünfmal tief durch. Konzentriere dich darauf, wie die Luft in deine Lungen strömt und deinen Körper wieder verlässt.

2. Schrei in ein Kissen.

3. Verlasse die Situation. Geh in ein anderes Zimmer, schließ die Tür hinter dir, schließe ggf. ab. Iss ein Stück Schokolade, lies ein paar Seiten in einem Buch, schau dir die letzten Urlaubsfotos oder einen Bildband an. Stricke ein paar Reihen oder setz die Kopfhörer auf und höre laute Musik. Kurz, tu etwas, was dir gut tut und dich von deinem Ärger ablenkt. Wenn du dich wieder beruhigt hast, geh zurück zu deinen Kindern und kümmere dich um das Problem.

4. Renne die Treppe hoch und wieder runter, bis du dich besser fühlst. Oder mach ein paar Hampelmänner, vielleicht wollen deine Kinder sogar mitmachen?

5. Ruf eine Freundin oder einen Freund an.

6. Stelle Fragen. Anstatt loszubrüllen, frage: ‚Was ist passiert?‘ ‚Langweilst du dich?‘ ‚Hast du dich verletzt?‘ Schau hinter das Verhalten und kümmere dich um die Ursache des Problems.

7. Schau in das Gesicht deines Kindes und versuche, dich einzufühlen. Wie würdest du dich fühlen, wenn du angebrüllt würdest?

8. Verlasse das Haus. Bei größeren Kindern geh einfach raus und lauf einige Runden, bis du den Kopf wieder frei hast. Kleinere Kinder mitnehmen und raus auf den Spielplatz. Die Situation verändern hilft euch allen.

9. Schließ die Augen und spiele in Gedanken durch, wie du deine Kinder anbrüllst, alles rauslässt. Wenn du die Situation zu Ende durchgespielt hast, öffne die Augen und wende dich an deine Kinder – ohne zu brüllen.

10. Stell dir vor, es würden Leute zuschauen. Wie würdest du die Situation dann lösen?

11. Schreib es auf. Lass deinen Gefühlen freien Lauf, es gibt keine Beschränkung.

12. Bitte deine Kinder und deinen Partner/deine Partnerin darum, dich in schwierigen Situationen daran zu erinnern, dass du nicht brüllen möchtest.

13. Wenn sich das Schreien nicht verhindern lässt, sei laut und freundlich statt laut und unfreundlich. Mehr dazu findest du in den Kloeters-Briefen. Sie können sehr hilfreich dabei sein, einen freundlichen Umgangston in Familien zu schaffen. Anmerkung von Rabeneltern.org: Die Klöters-Briefe werden nicht mehr aufgelegt. Im Rabendorf kann man eventuell noch gebrauchte Exemplare von anderen Usern bekommen.

14. Drucke die drei für dich hilfreichsten Punkte aus dieser Liste aus und hänge sie z.B. in deinem Zimmer auf.

Wenn du das Gefühl hast, du schreist und meckerst mehr als es eurer Familie gut tut, dann schau auch auf dich selbst: Kannst du den Tag so planen, dass ihr Pufferzeiten habt oder stehst du dauerhaft unter Zeitdruck? Hast du ab und an Zeit für dich selbst? Hast du ausreichend Gelegenheit, Dinge zu tun, die dir Spaß machen? Schläfst du genug und hast du Unterstützung? Auch die Bedürfnisse der Eltern müssen ausreichend erfüllt werden, damit sie für ein gutes Familienklima sorgen können.

Das grundsätzliche Problem – wenn man so weit ist, das man brüllt, hat man im Grunde wenig Lust, sich „pädagogisch korrekt“ zu verhalten. Mache dir in einer ruhigen Minute klar, dass du erwachsen bist, dein Kind nicht. Am besten abends, während du dein schlafendes Kind anschaust.

 

Mit Kindern im Gespräch zu bleiben dient der Beziehungspflege und ist auch einfach sehr oft total spannend. Nicht alle Kinder erzählen jedoch wie ein Wasserfall über ihre Erlebnisse und Gedanken und Gefühle. Dann ist es wichtig, extra Zeiten und Rituale zu schaffen, denn damit zeigen wir ihnen, dass wir sie ernst nehmen und sie sich uns anvertrauen können.

Kleine Kinder erzählen sehr unterschiedlich von dem, was sie außerhalb der Familie erlebt haben – manche erinnern sich sehr viel später an Details und erzählen mit deutlicher Verzögerung von Erlebnissen, andere sind kaum zu bremsen im Erzählen, noch andere erzählen von sich aus wenig, auf gezieltes Fragen hin aber viel und bereitwillig.
Im Kindergartenalter sind gerade bei Kindern, denen von sich aus wenig einfällt, gute Fragen zum Einstieg: „Was war heute am döfsten, und was war am besten?“
Daneben ist es oft hilfreich, konkret zu fragen: nach Menschen und Erlebnissen, und auch nach dem, was für Erwachsene vielleicht Kleinigkeiten sind.

Bei größeren Kindern im Schulalter hilft es, regelmäßige Gelegenheiten für Gespräche zu schaffen. Das kann die gemeinsame Mahlzeit sein, bei der das Kind dann nicht sofort aufsteht, wenn es selbst fertig ist. Oder die Zeit direkt nach der Schule, vielleicht auch auf einem gemeinsamen Heimweg. Oder am Abend beim Ins-Bett-Bringen bzw. Gute-Nacht-Sagen.

Wenn das Kind latent genervt ist, weil es das Gefühl hat, ausgefragt zu werden, hilft es, darauf zu achten, auch von sich zu erzählen. Viele Kinder hören z-B. gern Geschichten aus der Kindheit ihrer Eltern. Wichtig ist dabei, das Kind nicht mit Dingen zu belasten, für die es noch zu jung ist – Ärger im Job oder ähnliches sind beim Kind nicht richtig aufgehoben.
Einseitiges Ausfragen wird auch verhindert, wenn man z.B. vereinbart „Du drei Fragen, ich drei Fragen“. Und es muss ja auch nicht immer um den jeweiligen Tag gehen – was das Kind gerade liest, was im Freundeskreis aktuell los ist oder was es einmal werden möchte sind auch schöne Themen. Gerade bei Büchern, Filmen oder Videospielen, die das Kind gerade beschäftigen, kann man gut fragen, was es daran mag, was nicht so, was spannend ist und was langweilig.

Wenn Kinder schlechte Laune haben, sind Eltern schnell ratlos. Sie versuchen dann, die Lebenssituation der Kinder zu durchdringen und nach etwaigen Problemlagen abzuklopfen: Schule, Freunde, Ängste, Geburtstagsgeschenke? Häufig sind Kinder im Gespräch über solche Missstimmungen keine Hilfe. Entweder sagen sie gar nichts oder sie stellen einen Zusammenhang her, der für Eltern alles andere als einleuchtend erscheint. Sätze wie Keiner mag mich! von einem Kind zu hören, dass drei Tage zuvor eine tolle Geburtstagsfeier mit vielen Freunden hatte, zieht nicht nur Unverständnis sondern oft auch elterlichen Aktionismus nach sich. Wir wollen wissen, was da los ist. Wir wollen wissen, wie es uns geht.

Es geht aber nicht darum, wie es uns geht. Es geht darum, wie es dem Kind geht. Selbstverständlich wirken sich kindliche Missstimmungen auf die Gesamtfamilienlaune aus – wenn einer nörgelt, zieht er die anderen mit runter. Trotzdem hat ein Kind ein Recht auf seine emotionalen Befindlichkeiten. Interessanterweise sind sich die meisten Eltern darüber einig, auch wenn sie gleichzeitig die emotionale Richtung vorgeben. Eltern fühlen vor:

„Das kann doch gar nicht so weh tun. Da muss man doch nicht weinen. Das ist doch gar nicht so schlimm.“

Wieso eigentlich nicht? Was sollte uns dazu befähigen, besser als Kinder darüber Bescheid zu wissen, was und wie Menschen zu fühlen haben. Die Tatsache, dass wir Erwachsene sind, tut es sicher nicht. Gewiss, wir haben uns im Laufe der Zeit ein gewisses Maß an emotionaler Kontrolle antrainiert und wir sind besser dazu in der Lage, die Ursachen für unsere Stimmungen zu identifizieren. So viel besser aber nun auch wieder nicht. Ein Großteil der von uns ausgemachten vermeintlichen Ursachen ist aber nichts anderes als nachträgliche Rationalisierung. Wir wissen es nicht wirklich. Vielleicht haben wir schlecht geschlafen, etwas Falsches gegessen oder einen unausgeglichenen Hormonhaushalt. In jedem dieser Fälle wären wir dazu verdammt, passiv zu ertragen. Wir wären gezwungen zu fühlen, ohne die Ursachen beseitigen zu können. Da aber der persönliche wie gesellschaftliche Anspruch besteht, jedwede Form der Missstimmung zu überwinden, projizieren wir als Grund für unsere schlechte Laune ein klar umrissenes Hindernis, das sich aus dem Weg räumen oder zumindest neu bewerten lässt.

Negative Gefühle scheinen grundsätzlich unerwünscht zu sein. Unsere Gesellschaft verfügt über ein alles durchdringendes Gute-Laune-Diktat, dem wir uns zu beugen haben. Alles andere ist krank. Positive Empfindungen müssen nicht vorgefühlt werden, sie verfügen an sich schon über eine ausreichende Existenzberechtigung. Falls Sie mir nicht glauben, testen Sie bei Gelegenheit doch die Umkehrungen der genannten Beispiele:

„Das kann doch gar nicht so gut tun. Da muss man doch nicht lachen. Das ist doch gar nicht so schön.“

Abgesehen vom Bereich der Schadenfreude fühlt sich das ausgesprochen merkwürdig an.
Scheinbar kann es einfach nur schlechte Laune nicht geben. Stattdessen gibt es Burnout und saisonal abhängige Depressionen. Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Die gibt es wirklich. Allerdings ist die Symptomatik so breit gefächert und ansatzlos in die eigene Biographie integrierbar, dass diese Erkrankungen zunehmend als Label fungieren. Als Rationalisierungen von gerade nicht genau bestimmbaren Problemlagen, derer wir uns allerdings auch deshalb bedienen, weil es so von uns verlangt wird. Mit einem schlichten Mir geht es heute nicht so gut werden Sie kaum der Arbeit fernbleiben können.
Für Menschen, die ihre Rationalisierungen gerne weniger klinisch und mehr esoterisch hätten, gibt es darüber hinaus verstopfte Chakren, schlechtes Karma, schwarze Katzen oder falsche Beine, mit denen man aufsteht.
In der deutschen Sprache existiert ein sehr treffendes Wort, für das, was wir mit einer forcierten optimistischen Grundhaltung tun: Weglächeln! Aber müssen all diese Dinge und Empfindungen wirklich weg. Wohin weg? Und warum?

Stattdessen könnten wir es ja mal mit Aushalten versuchen – die eigenen Stimmungsschwankungen und die unserer Kinder. Schlechte Laune ist normal. Miese Stimmung gehört dazu. Sie muss weder weggelächelt noch durch emotionale Suggestivvorschläge außer Kraft gesetzt werden. Wenn irgendwann schließlich wieder gute Laune herrscht, freut man sich umso mehr.

Literaturtipp
Barbara Ehrenreich: Smile or Die. Wie die Ideologie des positiven Denkens die Welt verdummt.

Zunächst einmal ist Streit in einer Familie einfach normal. Streiten, Diskutieren, Zanken, Ausprobieren, eine eigene Meinung zu vertreten – das gehört mit zum Großwerden dazu. Natürlich gibt es Konkurrenz unter den Kindern, auch wenn die meisten Eltern wohl weit von sich weisen, dafür Anlass zu geben. Eltern wollen in aller Regel allen ihren Kindern gleichermaßen gerecht werden und fassen Konkurrenz darum auch eher als ihr eigenes Versagen auf: „Ich habe alle Kinder gleich lieb, und trotzdem haben alle Angst, zu kurz zu kommen…“ Es ist sehr entlastend, diese Selbstvorwürfe abzulegen und Konkurrenz als normales Element in der Geschwisterbeziehung zu akzeptieren.

Natürlich sollten Eltern diese nicht befeuern, indem sie das eine Kind vor dem anderen herabsetzen. „Schau mal, der x macht das so ordentlich, warum kannst du das nicht?“ oder „immer ärgerst du die y, dabei ist sie immer lieb zu dir!“ sind geradezu eine Garantie für eine spannungsgeladene, konfliktreiche Geschwisterbeziehung. Manchmal schleichen sich in einer Familie auch Ungleichgewichte ein und verfestigen sich Rollen bei den Kindern – zum Beispiel ist dann eines ist immer der Störenfried und eines das unschuldige Opfer. Daher sollten Eltern sich hinterfragen, ob sie zum Beispiel häufig ein Kind vor dem anderen in Schutz nehmen und ob sie von ihren älteren Kindern zu viel verlangen, obwohl auch diese noch relativ klein sind. Oft merkt man erst hinterher, wenn das jüngste Kind im gleichen Alter ist, wieviel mehr man vom älteren Kind damals erwartet hatte. Es befriedet das Familienklima, wenn alle sich gesehen fühlen und positive Aufmerksamkeit bekommen.

Trotz aller Vorbeugung wird Streit aber nicht ausbleiben. Sollten Eltern dann schlichten? Was tun, wenn eines oder mehrere Kinder aus einem Streit heraus angelaufen kommen und erwarten, nun von den Eltern ins Recht gesetzt zu werden? Häufig ist dann gar nicht mehr nachzuvollziehen, welches Kind nun womit angefangen hat. Es hilft dann oft schon, den Streit wahrzunehmen, die verschiedenen Sichtweisen anzuerkennen und dann an die Familienregeln zu erinnern: „Ja, die x durfte dich nicht hauen“ oder „egal, wer angefangen hat, wir hauen nicht“. Der Versuch, den Streit mit einer Schiedsrichter-Entscheidung zu beenden, beendet hingegen den Unfrieden zwischen den Geschwistern meistens nicht, und ist außerdem wahnsinnig anstrengend. Solange niemand ernsthaft zu Schaden kommt oder immer den kürzeren zieht, können Eltern die Geschwister auch ruhig einmal machen lassen, mit der Zeit werden sie geübter darin werden, Streit zu klären, Kompromisse zu schließen und sich wieder zu vertragen.

Angenehmer und effektiver als vergebliche Schiedsrichter-Entscheidungen ist es, wenige markante Regeln zu vertreten und Situationen herzustellen, in denen diese Regeln nach Möglichkeit eingehalten werden können. Auf Verstöße dagegen sollten Eltern klar reagieren, aber nicht mit eigener Aggression. Es hilft, eine Art „Notfallplan“ im Kopf zu haben, auf den man bei eskalierendem Streit zurückgreifen kann. Mögliche Punkte eines solchen Plans sind:

  • Nicht Partei ergreifen
  • Die Kinder für eine kurze Zeit in verschiedene Räume exportieren
  • Sich nicht von der Wut der Kinder anstecken lassen

Konkurrenz zwischen Geschwistern sollte generell nicht vermieden, sondern in konstruktive Bahnen gelenkt werden: Kinder sollten Streit oder Kampf oder Konkurrenz erlaubterweise ausleben können – sei es im Sport, auf einer Wiese mit Poolnudeln, bei einer Kissenschlacht am Sonntag…

Es ist hilfreich, den eigenen Umgang mit Wut und Streit zu betrachten. Durfte ich als Kind garstig sein? Was passierte dann? Wer war garstig zu mir und was passierte dann? Wie geht es mir heute, wenn ich wütend bin, jemanden zanken möchte? Erlaube ich mir Wut? Wo und wie? Wie gehe ich mit Aggressionen von meinen erwachsenen Mitmenschen um? Manchmal gibt es da erstaunliche Entdeckungen.

„Trotz“ ist eigentlich eine irreführende Bezeichnung, denn das Wort setzt voraus, dass sich das trotzende Kind absichtsvoll – trotz-dem – den Wünschen der Eltern verweigert. Es handelt sich bei der ersten Autonomiephase aber um einen wichtigen Entwicklungsschritt! Siehe dazu: Trotz.

Aber was tun, wenn das Kind gerade in diesem wichtigen Entwicklungsschritt steckt? Schuhe anziehen geht nicht, die Hose ist falsch, das noch eben gewünschte Brötchen grundsätzlich verkehrt oder durch falsches Aufschneiden ungenießbar geworden… Wenn dann noch Zeitdruck dazukommt oder Geschwister ebenfalls Aufmerksamkeit brauchen, können Eltern an ihre Grenzen kommen.

Erste-Hilfe-Regel Nr. 1: Ruhe bewahren.

Tief durchatmen, innerlich einen Schritt zurücktreten und sich erinnern: Das Kind meint es nicht persönlich. Es ist seinen Emotionen gerade ausgeliefert. Vielleicht sieht du sogar die tragikomische Seite der Situation… wobei das Kind natürlich nie ausgelacht werden darf! Das wäre demütigend. Steig nicht großartig auf den Inhalt der Auseinandersetzung ein, das hat meistens eh keinen Zweck, denn es geht beim Wutanfall z.B. schon lange nicht mehr um den blauen oder den grünen Becher… Manchmal hilft es, sich vorzustellen, du wärst in einer ganz anderen Umgebung und z.B. deine Chefin würde sich fragen, warum um alles in der Welt du so wütend werden kannst, nur weil dein Kind ein Problem mit der Becherfarbe hat.

Erste-Hilfe-Regel Nr. 2a: Die Zeit zurückdrehen

Das klappt nicht bei allen Kindern, aber bei vielen: Die Handlung, die zum Ausbruch geführt hat, rückgängig machen. Das Kind wollte die Tür öffnen? Dann mach sie halt wieder zu und lass es öffnen. Es wollte selber Kartoffeln nehmen? Dann kommen sie vom Teller eben wieder in die Schüssel. Es wollte den CD-Spieler selber anmachen? Dann mach ihn eben wieder aus… und so weiter. Ein kleiner Schritt für den Erwachsenen, eine wichtige Sache für das Kind. Häufig lassen sich beginnende Trotzanfälle damit abschwächen oder verhindern.

Erste-Hilfe-Regel Nr. 2b: Keine Angst vor dem Nachgeben haben

Du bist groß, dein Kind ist klein. Was für dich eine Kleinigkeit ist, kann für das Kind ein großes Drama sein. Es macht das Zusammenleben viel leichter, wenn man nicht stur auf Konsequenz setzt. Dein Kind wird nicht verzogen, weil du nachgibst, wichtig ist aber, dass du es freiwillig tust. Überdenke Verbote: Ist das wirklich schlimm? Wenn dir erst durch den kindlichen Protest auffällt, dass dem Kind das Gewünschte weit wichtiger ist als dir dein Verbot: Dann kannst du es natürlich zurücknehmen. Das heißt dann nicht, dass das Kind nun immer alles mit Geschrei erreichen wird, sondern nur, dass das Verbot eben in diesem Fall nicht wirklich nötig war: „Entschuldige bitte, ich habe nicht gewusst, dass es dir so wichtig ist. Du darfst… (was auch immer).“

Erste-Hilfe-Regel Nr. 3: Kind und Umgebung schützen

Wenn das Kind im Wutanfall aggressiv wird, schlägt, tritt oder Sachen wirft, nimm Opfer (z.B. andere Kinder oder dich selbst) oder gefährdete Gegenstände aus seiner Reichweite. Verurteile nicht seine Wut, sondern grenze dich nur entschieden gegen den Angriff ab.

Erste-Hilfe-Regel Nr. 4: Den Naturgewalten ihren Lauf lassen

Das Kind braucht Zeit, um seine Gefühle auszuleben und dann unter Kontrolle zu bekommen. Ein „Nun wein doch nicht“ ist sicher nicht hilfreich. Wie du weiter vorgehst, hängt vom Charakter des Kindes ab: Manche brauchen Trost und Nähe, andere Abstand und Zeit. Wenn äußere Umstände unabwendbar drängen: Sei möglichst klar, tu, was erledigt werden muss, und halte den Protest des Kindes aus (siehe Erste-Hilfe-Regel Nr. 1). Leg dir ein dickes Fell für die Trotzanfälle in der Öffentlichkeit zu, dein Kind ist in einer wichtigen Entwicklungsphase, das hat mit deiner Erziehung nur wenig zu tun und ist nicht deine Schuld.

Erste-Hilfe-Regel Nr. 5: Trösten, Liebhaben und was schönes zusammen machen

Das Kind wütet nicht aus Spaß und nicht aus bösem Willen. Es ist nach einem Wutanfall genauso geschafft wie du – oder mehr. Es braucht jetzt keine Fortführung des Streits. Nimm es in den Arm und sag ihm, dass du es lieb hast. Vielleicht hilft es, wenn du dich an den kleinen Säugling erinnerst, den du mal auf dem Arm hattest und der so ein wunderbarer großer Mensch geworden ist – auch wenn Großwerden eben manchmal anstrengend ist.

Trotzprophylaxe: Vorbeugen ist besser!

Wenn ein „Trotzanfall“ vermeidbar ist, sollte er vermieden werden. Das Kind wird nicht verzogen, grenzenlos oder verwöhnt, nur weil die Eltern typische Klippen vorsorglich umschiffen.

  • Sag öfter ja als nein und verbiete möglichst wenig.
  • Nimm das Kind ernst und begründe die wenigen wirklich nötigen Verbote schlüssig, verständlich und überzeugt, äußere Verständnis für Frust: „Ja, du möchtest gern rennen. Aber hier an der Straße geht das nicht, es ist gefährlich. Das ist schade, da hast du recht.“
  • Wo das Kind eine Wahl hat oder etwas selber machen kann: Lass es wählen und machen. Solange Kinder mit zuviel Möglichkeiten überfordert sind, sollten die Eltern diese entsprechend einschränken. Beispielsweise ist das Kind vor dem gesamten Kleiderschrank überfordert mit der Auswahl. Die eine herausgelegte Hose führt aber zum Wutanfall. Dann können zwei herausgelegte Hosen, zwischen denen es wählen kann, ein guter Mittelweg sein.
  • Erkläre, beziehe das Kind ein, gehe auf das Kind ein.
  • Gib dem Kind die Chance, sich auf eine neue Situation einzustellen, etwa das Haus zu verlassen. Kündige aber auch nicht zu früh an, ein Zeitabschnitt wie „zehn Minuten“ ist für kleine Kinder noch zu abstrakt.
  • Typische Fallen: Hunger, Müdigkeit, Überreizung. Um Trotzanfälle zu vermeiden, solltest du hier ansetzen: Das Kind nicht durch zuviel Aktivitäten oder Medienkonsum überfordern, bei Hunger und Müdigkeit rechtzeitig gegensteuern und Ansprüche an das Kind zurückschrauben.
  • Gib dem Kind Zeit, sich umzuentscheiden: „Nein“ heißt oft nicht für immer „nein“, sondern: „Moment, noch nicht, ich muss erst darüber nachdenken“. Das Kind braucht manchmal Zeit, um eine Frage oder Wahlmöglichkeit zu überblicken, und will erst einmal ein „Ja“ vermeiden, weil das ja schon eine Entscheidung wäre. Ein „Nein“ schafft Aufschub. Wenn das Kind sich dann also umentscheidet, geh darauf ein und nimm nicht sein erstes „Nein“ als letztes Wort.

Es ist unerfreulich, aber es muss an dieser Stelle dringend gesagt werden: Falls sie mit der Sexualaufklärung ihres Kindes bis zu dem Zeitpunkt gewartet haben, wo es wirklich ernst wird, sind sie viel zu spät dran. Vielleicht haben sie es schon bemerkt. Ihr Kind will mit ihnen darüber nicht reden. Es rollt genervt die Augen, winkt ab und verzieht sich schnell in sein Zimmer, wenn es merkt, dass sie ernsthaft planen, das Gespräch mit ihm zu führen. Und auch wenn sie ihr Kind von klein auf mit Aufklärungsklassikern wie Peter, Ida und Minimum und offenen Worten zu diesem Thema begleitet haben, kann es schwierig werden. Auch wenn das Gespräch nur eines unter vielen ist und sie sich wohl genug fühlen, Sex immer mal wieder anzusprechen, statt zu versuchen, es in einer großen, beschämenden Kraftanstrengung zu erledigen, kann es passieren, dass ihr Kind nicht hören will. Und wer nicht hören will, muss bekanntlich fühlen. Schlimmer noch: Ihr Kind wird auf jeden Fall fühlen – das ist der Sinn der ganzen Sache.
Aber wie redet man denn dann über Sex und was genau steht eigentlich einem guten Gespräch darüber im Wege?

Für Jugendliche ist jedes Reden über Sex persönlich. Wenn sie mit dem ersten Aufklärungsversuch bis zur Pubertät gewartet haben, wird ihr Kind das besonders deutlich empfinden. Sie können ihm ihm nicht mehr allgemein über Sexualität reden, alles betrifft ihr Kind ganz unmittelbar. Früher wäre das möglich gewesen, aber da wollten sie es verständlicherweise nicht zu sehr auf solche Ideen bringen. Außerdem weiß ihr Kind sowieso schon alles.

Es gehört nämlich zu den vordringlichsten Aufgaben des jugendlichen Sozialstatus, so zu tun, als wüsste man in allen Erwachsenendingen Bescheid, obwohl man eigentlich keine Ahnung hat. Dies gilt insbesondere für alles, was mit Liebe und Sexualität zu tun hat. Da, jetzt ist auch das andere Wort gefallen, über das sie mit ihrem pubertierenden Kind wahrscheinlich schwer in ein Gespräch kommen: Liebe. Der Grund dafür ist so einfach zu benennen wie schwer aus dem Weg zu räumen. Für Jugendliche sind beide Themen eine todernste Sache, wohingegen es ihnen schwer fällt, eine zweimonatige Beziehung unter Fünfzehnjährigen ernst zu nehmen. Jugendliche erleben ihre Liebesbeziehung als äußerst bedeutungsschwer, ohne sich zugleich an Konsequenzen gebunden zu fühlen. Sie als Elternteil hingegen haben genug Lebenserfahrung, um zu wissen, wie banal Liebesbeziehungen manchmal sein können und welche Konsequenzen ihr Handeln haben wird.

Darüber hinaus stellt ein Aufklärungsgespräch mit ihrem Kind für sie möglicherweise einen Eingriff in ihre Privatsphäre dar. Warum? Nun, welche Art Beziehung haben sie zu ihrem Kind?
In der britischen TV-Studie der BBC „Kinder unserer Zeit“ wurden Eltern von Grundschulkindern gefragt, worüber sie mit ihren Kindern sprechen. Einhellige Antwort: Über alles. Anschließend zeigte die Dokumentation Szenen aus dem Alltag der Familien, in denen sehr deutlich wurde, dass die Eltern mit ihren Kindern allzu oft nur in Aufforderungen sprechen: Tu dies nicht, mach das bitte, denk daran, vergiss das nicht! Sie müssen nicht gleich der beste Freund oder die beste Freundin ihres Kindes sein. Das brächte einige Unannehmlichkeiten mit sich. Aber wenn sie ihrem Kind nie erzählen, wer sie sind, wie sie früher waren, was sie traurig oder glücklich macht, wie sollten sie und ihr Kind sich dann bei so intimen Themen wie Liebe und Sexualität wohlfühlen können?
Sollten sie die Aufklärungsarbeit also anderen überlassen? Auch, aber nicht nur!
Sexualkundeunterricht wird heutzutage vermehrt von exzellent geschulten, externen Kräften abgehalten, weil man erkannt hat, dass sich Jugendliche nicht gerne von Lehrkräften aufklären lassen, denen sie jeden Tag begegnen müssen. In gewisser Weise sind Lehrer und Lehrerinnen auch Vorgesetzte. Sie üben Macht aus, bewerten, belohnen und bestrafen. Würden sie sich freiwillig von ihrem oder ihrer Vorgesetzten Sextipps geben lassen?

Doch selbst wenn Sexualkunde an Schulen hervorragend vermittelt wird, fällt es den Jugendlichen dort oft schwer, über das für sie Wichtigste zu reden: Wie fühlt sich das an? Wie darf es sich anfühlen, wie muss es sich anfühlen?
Helfen sie ihrem Kind, indem sie versuchen, es ernst zu nehmen. Früher oder später müssen sie eine erwachsene Beziehung zu ihrem Kind aufbauen, denn genau das geschieht: Ihr Kind, ihr Engelchen, ihr kleiner Schatz wird erwachsen. Es wäre gut, wenn sie diese erwachsene Beziehung auch damit beginnen, ihrem Kind die Spielregeln, so wie sie sie verstanden haben, zu einer Sache beizubringen, die in der Welt der Erwachsenen eine so zentrale Rolle spielt.

Wenn Kinder vor sexuellen Übergriffen gewarnt werden, lauten die Anweisungen häufig: „Steig nie in fremde Autos ein. Sprich mit keinen Fremden. Nimm keine Süßigkeiten.“

Leider sind das Anweisungen, die für Kinder nicht einleuchtend sind, ihnen nicht helfen, bedrohliche Situationen richtig einzuschätzen und sie im Fall eines Übergriffs nicht zum richtigen Reagieren befähigen. Denn es sind Verneinungen, die ohnehin schwerer verinnerlicht werden als positive Handlungsanweisungen, sie treffen die kindliche Wahrnehmung von Sozialkontakten nicht gut genug und die Kinder wissen dann immer noch nicht, was sie denn tun können, wenn sie eine Situation als bedrohlich erkannt haben.

Auf den folgenden Seiten findest Du eine Sammlung von Erfahrungen, die zum Thema in unserem Forum zusammengetragen wurde.

Mit Kindern über sexuelle Gewalt und Misshandlung zu reden, fällt wohl allen Eltern schwer. Zu schlimm ist das Kopfkino, und dennoch soll das Kind ja nicht verängstigt werden. Der Grat zwischen zu wenig Warnung und Angstmachen ist schmal, aber ohne einen plausiblen Grund, warum das Kind nicht jedem Erwachsenen trauen darf, wird die Warnung nicht vorhalten.

KleineRübe: Und dass es Menschen gibt, die Kinder anfassen oder die ihnen was antun (weh tun/töten), weiß zumindest meine Große (8). Ich muss dafür ja nicht ins Detail gehen, aber das ominöse „böser Mann“-Bild ergibt einfach keinen Sinn.

Nur ein sehr geringer Teil der Übergriffe auf Kinder wird vom fremden Unbekannten verübt. Fast alle Übergriffe werden von Verwandten oder Bekannten des Kindes verübt.

Auch wenn es keine Person aus dem direkten Umfeld des Kindes ist: Wen das Kind zweimal getroffen hat, den ordnet es nicht mehr als „Fremden“ ein. Auch nicht den Mann, der mit seinem Hund regelmäßig auf der Bank am Spielplatz sitzt.

Besser als vor „Fremden“ zu warnen ist es daher, vor Situationen zu warnen: Vor Annäherungen, die das Kind als unangenehm erlebt, aber auch vor zuviel Privatheit in asymmetrischen Beziehungen zwischen einem Kind und einem Erwachsenen und vor Erwachsenen, die sich dem Kind gegenüber als Beauftragte der Eltern ausgeben, ohne dass die Eltern dies mit dem Kind abgesprochen hätten.

Zuviel Privatheit zwischen Erwachsenen und Kindern

Schmusen mit den Eltern ist schön und wichtig. Etwas anderes sind Übergriffe, auch wenn die Berührungen an sich vielleicht zärtlich sind. Unangemessene körperliche Annäherungen in scheinbar freundschaftlichen, liebevollen Beziehungen zwischen einem Kind und einem Erwachsenen sind ebenso Misshandlungen wie es sexuelle Übergriffe sind, bei denen das Kind durch körperlichen Zwang oder Erpressung überwältigt wird. Kinder und Erwachsene bewegen sich nicht auf der gleichen Ebene, deswegen sind hier körperliche Annäherungen etwas grundsätzlich anderes als Doktorspiele unter Kindern. Das Kind wird zum Objekt gemacht, wenn es dem Erwachsenen um seine eigene Befriedigung geht. Dabei ist es unerheblich, ob es um sexuelle Befriedigung geht oder um Machtgefühle. Das Kind ist dann Teil einer asymmetrischen Beziehung, die es nicht überblicken und für die es keine Verantwortung übernehmen kann. Zur sexuellen Gewalt kommen dann häufig noch mehr Schuldgefühle, als sie ein misshandeltes Kind ohnehin leicht entwickelt: weil es emotional in die Beziehung verstrickt ist, weil es vielleicht selber angenehme körperliche Gefühle hatte oder weil es glaubt, dass es selber den Missbrauch provoziert hätte.

die.lumme: Ein Missbrauch am Kind tut nicht immer weh, und ist auch fürs Kind nicht unbedingt körperlich unangenehm. Und trotzdem ist es Missbrauch! Es gibt diese kuscheligen, liebe-/zuwendungsbedürftigen Kinder und es gibt die nahestehenden Personen, die die Regeln nicht kennen. In den 70ern und 80ern hieß es „das Kind hat es doch auch gewollt, und es hat Spaß gehabt“. Also, es reicht nicht, dem Kind zu sagen, dass es nein sagen darf und soll. Es muss auch wissen, was „privat“ ist (so unsere Formulierung), und in welchem Rahmen man das private öffnet („…wenn du jugendlich bist und einen Freund/Freundin hast…“)

Es ist zum Einen wichtig, mit dem Kind darüber zu reden, dass es seine Grenzen auch gegenüber vertrauten Personen verteidigen darf. Zum Anderen sollten Kinder aber auch wissen, dass es körperliche Grenzen gibt, die auf jeden Fall gelten und bei denen es sich nicht erst fragen muss, ob sich das jetzt gut anfühlt oder nicht, ob ihm das zu nah ist oder nicht.

Annäherungen, die das Kind als unangenehm erlebt

Kinder müssen wissen, dass niemand sie gegen ihren Willen berühren darf, auch kein Verwandter oder Bekannter, und dass sie auch nicht gezwungen werden dürfen, jemanden zu berühren oder zu küssen. Auch das berühmte Küsschen für Oma oder Onkel oder wer sich noch berechtigt fühlt, eines vom Kind verlangen zu dürfen, darf nicht erzwungen werden.

Kysyra: Ich finde es am wichtigsten, den Kindern von Anfang an „beizubringen“, dass ALLE Leute sie nur anfassen und knutschen dürfen, wenn sie das auch wollen. Dass auch bei Oma und Opa – oder Mama und Papa – das Kind jederzeit das Recht hat, NEIN zu sagen, und die Leute sich dann dran halten müssen.

„Deine Mutter hat mich geschickt…“

Wer überzeugend genug auftritt, kann auch das am besten gewappnete Kind zum Mitkommen bringen. Besonders leicht werden Kinder dazu verleitet, die Warnung „geh niemals mit“ zu ignorieren, wenn die Eltern vorgeschoben werden: „Deine Mutter schickt mich, ich soll dich abholen.“ Das Kind muss wissen: Mitgehen darf es auch mit Bekannten, mit Nachbarn, mit Eltern der Freunde oder mit Verwandten nur dann, wenn es mit Eltern und Kind vorher abgesprochen war. Wenn es nötig ist, das Kind kurzfristig von jemand anderem abholen zu lassen, soll die abholende Person das Kind kurz mit Mutter oder Vater telefonieren lassen, damit diese die Abholregelung bestätigen. Für das Kind gilt: „Ruf mich im Zweifel immer erst an.“

Positive Anweisungen sind besser abrufbar als negative. Also statt „geh nie mit jemandem einfach mit“ ist es besser zu sagen „wenn jemand möchte, dass du mitgehst, lauf einfach weg“.

Das Kind muss wissen, wo es Hilfe findet. Es hilft, seine gewöhnlichen Wege mit ihm durchzugehen und zu besprechen, wohin das Kind gehen kann im Falle eines Falles: „Wenn du Hilfe brauchst, guck mal, hier ist die Bäckerei/die Bücherei/das Rathaus/der Blumenladen/…, dort kannst du hingehen.“

Dem Kind beibringen, Distanz herzustellen!

KleineRübe: Als Reaktion auf jemanden, der auf der Straße zudringlich wird: Immer siezen! (Das gilt für Erwachsene genau wie für Kinder.) Wenn ein Kind schreit „Lass mich los ich geh nicht mit!“ Dann denken zu viele „Och das ist der Papa/die Mama, das Kind hat ne Trotzphase.“ Immer „Lassen SIE mich in Ruhe, ich kenne SIE nicht!“

dicke Bohne: Wir haben auch darüber gesprochen, wie geschickt Erwachsene versuchen, Kinder in ein Gespräch zu verwickeln – der Tochter einer Bekannten ist es passiert, dass jemand ganz freundlich fragte, dass das doch ihr Wendy-Heft sei und sie es gerade verloren hätte, oder? Erst als er nicht locker ließ, wurde es der Achtjährigen nach einer Weile unheimlich und sie rannte weg. Ich habe unserer Tochter gesagt, sie solle in so einer Situation unbedingt so laut wie möglich reden, damit auch evtl. umstehende Passanten wissen, dass die Person keineswegs zu ihr gehört.

Geheimnisse sind nur o.k., wenn es gute Geheimnisse sind und das Kind sich mit ihnen wohlfühlt. Schlechte Geheimnisse, die drücken und ein blödes Bauchgefühl machen, dürfen IMMER erzählt werden.

Emotionale Sicherheit

Selbstbe-wusste Kinder mit einem gesunden Selbstwert-gefühl laufen weniger Gefahr, sich auf die vermeintliche Aufmerksamkeit und Zuwendung eines sexuell gewalttätigen Erwachsenen einzulassen. Kinder brauchen Eltern, die ihnen wirklich zuhören und hinhören. Wen das Kind getroffen hat, wie der Tag war, auch, wen es nicht leiden kann.

sirius: Bitte hört euren Kindern immer gut zu, was sie sagen. Hinterfragt ruhig, wenn Kinder erwähnen, dass sie Onkel sowieso überhaupt nicht leiden können (ohne Vorwürfe wie „So etwas sagt man aber nicht. Er ist immer so nett zu dir.“).

Das Kind braucht die Sicherheit, dass es wirklich alles erzählen darf. Auf Berichte von bedrohlichen Situationen sollten Eltern möglichst ruhig reagieren! Nichts wäre dann kontraproduktiver als das Signal ans Kind, von solchen Situationen nicht mehr zu erzählen, etwas falsch gemacht zu haben und mit dieser Unsicherheit nicht zu den Eltern kommen zu können. Das Kind braucht die Gewissheit, dass sie immer mit zu den Eltern kommen können und dass sie ihnen niemals wirklich böse sind.

Sicher im eigenen Körper und mit den eigenen Grenzen

Ein selbstverständlicher Umgang mit dem Körper ist wichtig, alle Körperteile brauchen Namen. Familieninterne Koseformen sind gut, Kinder müssen aber auch allgemeinverständliche Bezeichnungen kennen. Würde die Erzieherin im Kindergarten das Mädchen verstehen, das erzählt, dass jemand sein Schneckchen angefasst hätte?

Kinder müssen die Namen der Geschlechtsteile nicht nur kennen, sondern sie auch selbstverständlich verwenden können. Dazu braucht es auch einen gelassenen, unkomplizierten Umgangston der Eltern, wenn es um Geschlechtlichkeit, Namen und Funktionen geht und darum, dass dies eben private Körperbereiche sind. Einerseits können Kinder dann nämlich von Übergriffen überhaupt erst verständlich erzählen. Andererseits laufen sie so weniger Gefahr, der Einrede aufzusitzen, dass die Eltern auf keinen Fall etwas erfahren dürften, als wenn sie über „sowas“ ohnehin nicht sprechen dürften.

Kinder sind sicherer im Verteidigen ihrer Grenzen, wenn sie erleben, dass diese geachtet werden. Dazu gehört etwa Rücksichtnahme auf das sich entwickelnde Schamgefühl, wenn das Kind etwa auf der Toilette alleine sein möchte, und auf die Privatheit von Geheimverstecken und Tagebüchern. Auch die geschlossene Kinderzimmertür sollte insofern respektiert werden, als die Eltern dort ebenfalls anklopfen können. Unerlässlich ist das Achten der körperlichen Grenzen und das klare Signal ans Kind, dass der eigene Körper nicht einfach berührt werden darf.

Talpa: Ich habe mir von Anfang an angewöhnt, das Kind zu fragen, wenn ich zum Beispiel den Penis waschen musste – und ein grösseres Kind auch, ob er selber waschen möchte oder ob ich darf . Und ja, ich finde es wichtig, dass es auch bei der Mutter „nein“ sagen darf. Als er etwas grösser war, haben wir dann mal drüber gesprochen, dass ausschliesslich ein Arzt/Ärztin den „Privatbereich“ anfassen darf, wenn es nötig ist. Aber auch der – zumindest unserer – fragt.

Hummel32: Ich finde zusätzlich noch sehr wichtig, dass man z. B. beim Kitzeln wirklich sofort stoppt, wenn das Kind „hör auf“ sagt. Ich erlebe es oft, dass der körperlich Überlegene dann einfach noch weitermacht. Und das „hör auf“ heißt ja oft auch nicht wirklich „hör auf“, sondern einfach „Pause“ und dann kommt das Kind und will weitermachen. Trotzdem hab ich immer sofort aufgehört. Mir ist wichtig, dass ihr „hör auf“ auch akzeptiert wird, wenn es im Spiel gesagt wird. Auch wenn das Kind sich beim Toben mal zu heftig wehrt, etwa mit beißen, finde ich es sehr wichtig, dass man es unterstützt, sich zu wehren und nicht dafür schimpft – auch im Spiel.

Zum Weiterlesen in unserer Rubrik Wissenswertes über das Elternsein: Sexueller Missbrauch – Erkennen, Handeln, Vorbeugen von Ines Kopp

Eine Liste schlagwortartig zusammengefasster Möglichkeiten, anstrengende Konflikte mit (Klein-) Kindern zu vermeiden bzw. die Eskalation von Konfliktsituationen zu verhindern. Nicht alles passt zu jeder Situation. Einige der Tipps scheinen sich auch zu widersprechen und es erfordert elterliches Fingerspitzengefühl, zu entscheiden, welche Reaktion in welcher Situation am sinnvollsten ist. Nicht alles kann als Zaubermittel gesehen werden – aber es sollte wirklich für jeden etwas dabei sein!

Kopiert euch diese Liste und hängt sie irgendwo auf, wo sie euch immer wieder ins Auge sticht!

  • Erkenne Positives an.
  • Schaffe ein positives Umfeld und eine positive Grundstimmung.
  • Sage so oft wie möglich „Ja!“
  • Heb dir „Nein!“ für wirklich wichtige Dinge auf.
  • Lass natürliche Konsequenzen folgen.
  • Lass logische Konsequenzen folgen.
  • Behebe einfach das Problem.
  • Überlass es deinem Kind und misch dich nicht ein, wenn es nicht wirklich sein muss.
  • Finde einen Kompromiss.
  • Sag einfach nur klar und deutlich, was du erwartest – und zieh dich zurück.
  • Gib klare Anweisungen.
  • Begründe – kurz und verständlich.
  • Biete Hilfe an.
  • Biete eine Alternative an.
  • Lenke die Energien deines Kindes um.
  • Bringe dein Kind vom Ort des Geschehens fort.
  • Formuliere positiv.
  • Gib gelegentlich nach!
  • Gib deinem Kind Zeit zu reagieren.
  • Besteh einfach darauf – aber bleib dabei freundlich und gelassen.
  • Stelle Regeln auf.
  • Ignoriere gegebenenfalls bestimmte Verhaltensweisen.
  • Vermeide es zu nörgeln und zu drohen.
  • Stelle Forderungen oder Verbote nur auf, wenn es sich wirklich rentiert, die nötige Energie aufzubringen, die ihre Durchführung und Einhaltung gewährleistet.
  • Lenke dein Kind ab.
  • Sei humorvoll.
  • Mach ein Spiel daraus.
  • Sei bereit, Fehler zuzugeben.
  • Erst denken, dann handeln!
  • Mach aus einer Mücke keinen Elefanten!
  • Führe Routine und Rituale ein und halte dich daran.
  • Treibe dein Kind nicht immer und allzu sehr zur Eile an.
  • Versuche die Wurzel des Problems zu erkunden.
  • Korrigiere immer nur eine Verhaltensweise, ein Problem auf einmal.
  • Gib dir selbst Zeit.
  • Lebe angemessenes und erwünschtes Verhalten vor.
  • Sieh dein Kind als gleichwertige Person.
  • Halte dir immer die Liebe zu deinem Kind vor Augen!

Diese Liste ist in Anlehnung an mothercare entstanden, wo sie ursprünglich erschienen ist.

Wir danken für die Erlaubnis zur Übersetzung.

 

Fehlverhalten sollte immer konsequent geahndet werden. Wer sich sklavisch an diesen Ratschlag hält, der verpasst so manche „Über-haschung“.
Dazu eine kleine Geschichte von Jenny&Emily:

 

Kaffee aus dem Kleiderschrank

Ich war im Badezimmer duschen, Emily und Liam spielten im Schlafzimmer.

Als ich das Schlafzimmer betreten wollte, sah ich durch die halb geöffnete Tür Emily in meinem Schrank herumfuchteln. Eigentlich ist mein Kleiderschrank streng verboten, aber bevor ich mit ihr schimpfen konnte entdeckte ich, was sie da überhaupt machte. Sie flüsterte Liam zu, er solle schön leise sein, sie mache eine „Über-haschung“ für die Mama.

Unentdeckt wartete ich ein bisschen vor der Tür, bis Emily nach mir rief.

„Hallo!“, begrüßte sie mich strahlend hinter der unteren Tür meines Schranks stehend.

„Das ist ein Cafe! Was darf iss bringen??“

Anstatt mit ihr zu schimpfen, bestellte ich dann lieber einen Kaffee aus dem Kleiderschrank – und bekam noch ein Schokoladeneis dazu.

„5 Euro bitte, Mama!“

 

Hallo!

Da im Forum öfter mal über Babyzeichen gesprochen wurde, habe ich mal versucht, unsere Erfahrungen damit aufzuschreiben.

Davon gehört habe ich, als meine Tochter noch nicht ganz ein Jahr alt war. Ich fand das toll. Und weil ich immer alles Mögliche ausprobiere, habe ich gleich damit angefangen. Fein, dachte ich, ab übermorgen unterhalten wir uns per Zeichensprache!Na ja… erst mal blieb mein Versuch ohne jeden Erfolg. Ich kam mir dann schon komisch vor mit meinen Gebärden. „Erst“ mit etwa 13 Monaten fing sie an, Zeichen zu machen, dann aber ging es Schlag auf Schlag.

Woran das lag, weiß ich nicht, ob ich sie anfangs mit zu vielen Zeichen überfordert habe? Andererseits wird ein Baby gehörloser Eltern ja auch sozusagen in Zeichen „gebadet“. Vielleicht brauchte sie auch einfach die Zeit, um sich daran zu gewöhnen? Oder es lag daran, dass die Sprachentwicklung meiner Kinder generell nie linienförmig verläuft, sondern in regelrechten „Explosionen“ passiert?
Keine Ahnung.
Ich wollt euch damit nur Mut machen, dranzubleiben, falls es zunächst nicht zu klappen scheint.

Inzwischen habe ich schon mehrmals gehört, dass das Alter 8.-10. Monat ein guter Zeitpunkt für den Anfang ist. Aber ich denke, selbst mit 1 1/2 oder 2 Jahren gibt es genug Dinge oder Zusammenhänge, für die dem Kind noch die Worte fehlen, so dass sich ein Versuch lohnt.
Manche Kinder finden es auch einfach toll, Erzähltes mit Gebärden begleiten zu können. Selbst die großen (6-13) in unserem ehemaligen Kinderchor waren verrückt nach Liedern, die sie mit der Zeichensprache darstellen konnten und haben zum Teil dann auch untereinander mit Gesten „geredet“.

Ich habe mir für den Anfang einige Dinge ausgesucht, von denen ich dachte, dass sie mein Kind interessieren könnten und es so das „Prinzip“ schnell verstehen wird.
Ich habe die Zeichen einfach immer gemacht, wenn die entsprechende Situation „dran“ war, oder wenn wir einen entsprechenden Gegenstand gesehen haben. Ich habe nie regelrecht „geübt“.

Anfangs hat sie nur zugeschaut, ich habe ihr was gezeigt und die Bewegung gemacht. „Da ist ein Hund, schau der macht so: (Hundezeichen)“ Oder: Guck mal, der Mond + Zeichen.
Auch wenn sie später ihr Zeichen oder ihr Geräusch machte, habe ich gesagt: „Genau, da ist ein Flugzeug, eine Blume“ und eventuell auch das Zeichen wiederholt.

Manchmal dachte ich sie irrt sich, weil ich nichts gesehen habe, aber eigentlich hatte sie immer Recht. Weit und breit kein Hund… aber sie hatte einen winzigen Hundeaufkleber an einer Autoscheibe entdeckt.

Lustigerweise waren gerade die Zeichen, die ICH für wichtig, einfach, spannend, konfliktvermeidend … na ja, eben ideal für den Einstieg hielt, NICHT die, die sie zuerst nachgeahmt hat. Auch das habe ich inzwischen schon mehrmals gehört.

Manche Kinder greifen die Idee sofort begeistert auf und scheinen regelrecht froh, jetzt „Ich möchte mehr“ sagen zu können (Finger in die andere Handfläche tippen), andere „speichern“ erst mal alles ab und geben es dann später gleich ziemlich perfekt wieder. Ich finde es total spannend, dass es selbst unter Babys schon unterschiedliche „Lerntypen“ gibt.
Aber bei fast allen ist es so, dass sie, wenn sie das Prinzip einmal verstanden haben, recht schnell weitere Zeichen lernen.
Wichtig finde ich, das es anfangs grobmotorische Bewegungen sind, also mit dem ganzen Arm oder der ganzen Hand und später dann erst die feineren.
Wenn dein Baby also keine Zeichen macht, dann schau mal, ob sie vielleicht einfach von der Motorik her noch zu kompliziert sind. Fast alle kann man irgendwie vereinfachen und später dann, wenn es zur Verwechslungsgefahr mit anderen kommt, wieder etwas differenzieren.

Wichtig finde ich auch, dass man sein Kind gut beobachtet. Bei meiner Tochter habe ich einige Zeichen fast übersehen, weil sie eben nicht die gemacht hat, die ich ihr gezeigt habe, sondern zum Teil komplett andere.

Meine Tochter hat erst sehr spät gesprochen. Mit 2 Jahren fing sie erst mit einzelnen Worten an…mit 2 Jahren stand im U-Heft „massive Dyslalie“
Meine Eltern und einige andere Leute waren der Meinung, das liege „an dem Quatsch mit den Zeichen“.
Ich sehe das anders. Meine Kinder haben ALLE so spät gesprochen und von einer Freundin weiß ich, dass ihr Kleiner extrem früh spricht. Er lernt fast zeitgleich Zeichen und Wort. Ich denke also nicht, dass die Zeichen das Sprechen lernen verlangsamt haben.

Aber als sie dann mit 2 1/2 RICHTIG angefangen hat zu sprechen, hat sie gleich Riesensprünge gemacht, fast sofort in richtigen Sätzen (Hauptsatz + Nebensatz) geredet Mit 3 Jahren wunderten sich viele über ihren Wortschatz und ihre ausgefeilte Grammatik… Ja ja, so kann es gehen.
Sie hat dann die Zeichen nach und nach durch Worte ersetzt (wobei sie fast immer eine Zeitlang beides gemeinsam oder abwechselnd benutzte).
Vielleicht hatten die Zeichen auch die Sprachentwicklung vorbereitet?

Schon während ihrer Nicht-Sprech-Zeit war aufgefallen, dass sie im Spielkreis die Fingerspiele schon sehr gut mitmachen konnte, während die anderen, die zum Teil schon sprachen, nur zuschauten.

Und… in der Zeit vorher konnten wir uns gut verstehen. Gerade diese Zeit, wo sie sich gezielt ausdrücken wollen und noch nicht können, habe ich bei meinen beiden Großen als extrem frustrierend für beide Seiten in Erinnerung.

Die Vorteile die ich bei den Babyzeichen sehe:

  • Das Kind kann seine Bedürfnisse ausdrücken, muss nicht so viel jammern und ist nicht so oft frustriert
  • „verstanden werden“ stärkt das Selbstbewusstsein und macht Lust auf mehr Kommunikation in den verschiedensten Formen
  • die Feinmotorik wird geschult. Ich habe in der Ausbildung gelernt, dass die mit der Sprachentwicklung in direktem Zusammenhang steht (Logopäden arbeiten bei bestimmten Sprachproblemen wohl auch über die Hand)
  • die Babys schauen viel genauer hin. Wenn ich für Huhn, Ente und Vogel verschiedene Zeichen habe, versuche ich auch, genau zu schauen, was es denn nun ist. Oder ist es nun eine Spinne, ein Käfer, eine Biene oder ein Schmetterling? In einem Alter, wo die anderen Kinder rundum noch alle Tiere mit Wauwau bezeichneten, können sie uns schon sehr differenziert erzählen, was das nun ist. Dabei verwendeten meine Kinder zum Teil Handzeichen, zum Teil die üblichen Tierlaute.
  • auch Bücherangucken macht viel Spaß, wenn man nicht nur zeigen kann, was die Mama abfragt, sondern selber erzählen kann, was man entdeckt hat.
  • die Eltern schauen genauer hin, das fördert den Kontakt und die Beziehung.
  • auch die Eltern sind nicht so schnell frustriert, denn sie müssen nun nicht mehr raten, ob das Kind essen, trinken oder ganz was anderes will.
  • es ist in einem Alter, wo manche Eltern nicht so recht wissen, was sie mit den Kleinen spielen sollen, ohne selbst das Gefühl zu haben geistig abzubauen (das 17. Mal ein Türmchen zum umwerfen bauen ist schon nervig) ein tolles „Spiel“ das für beide Seiten immer wieder Herausforderungen bietet. (Welches Zeichen könnten wir für … nehmen? Ist das jetzt tatsächlich das Zeichen für …?)
  • es macht einfach Spaß!

Bei meinem Kleinen haben wir leider die „beste Zeit“ dafür verpasst. Er war ab seinem 5.Monat chronisch krank, so dass wir anderes im Kopf hatten. Aber später machte er auch viele Zeichen, wenn auch nicht so intensiv wie die Schwester in demselben Alter.

Sehr wichtig finde ich aber, dass man sein Baby und sich selber nicht unter Druck setzt: „Der/die kann schon so und so viele Babyzeichen… Wann macht sie denn endlich ein Zeichen für…. Alle Kinder scheinen es zu begreifen, nur meine nicht…“.
Die Babyzeichen sollen einfach Freude machen. Ob ein Kind viele oder wenige kann sagt nichts darüber aus, wie schlau es ist. Es gibt sogar Kinder, die schauen sich die Zeichen zwar an, aber warten doch lieber, bis sie die Wort- Sprache verwenden können.

Hier noch eine Katzengeschichte, sie war da etwa 1 ¼.
Als sie weinte, fragte ich, was denn los sei? (Ich hatte es vorher nur zum Teil beobachten können.)

Sie:
Da (zeigt auf den Stuhl) – Katzenzeichen – Schlafzeichen -zeigt auf sich selber „aaaai“ (+ Streichelbewegung) – Rüttelbewegung – fuchtelt die Hände in die Luft und faucht – beißt sich in die Hand und sagt „Aua-Wäääääh“ (Da lag die Katze, ich hab sie gestreichelt, dann gerüttelt, da hat sie mich gekratzt und gebissen, das tat weh und ich hab geweint.)

Da war ich platt!!!

Ich finde Babyzeichen einfach Klasse. Es gibt inzwischen auch Bücher zu dem Thema, aber die kenne ich nicht, daher kann ich nichts dazu sagen.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Ausprobieren,

Trin

Kennt ihr den Shampoo-Schirm?

Er ist erhältlich in Baby-Märkten in allen möglichen  Varianten, z.B. aus Schaumstoff/Moosgummi mit mehreren Druckknöpfen daran, so dass er je nach Kopfumfang verstellbar ist. Vorzustellen wie eine Schirmmütze ohne Kopfteil.

Wenn das Kind den Schirm auf dem Kopf hat, braucht es diesen nur leicht nach hinten legen.

So kann eigentlich kein Wasser mehr in die Augen oder das Gesicht rinnen.

Unsere ersten zwei Kinder waren als Babys so pflegeleicht und waren mit allem zufrieden, die haben vom Anfang an sehr viel gelacht und sehr selten geweint. Und dann kam Felix … Angefangen hat es noch in der Klinik. Die ersten drei Nächte waren toll, ich habe ihn gestillt, dann ins Säuglingszimmer gebracht und ca. nach 2,5 – 3 Stunden bekam er Hunger, wurde zu mir gebracht und dann schliefen wir zusammen. Da wir zu Hause noch zwei Kinder haben und es so gut klappte, hab ich mich entschlossen erst nach vier Tagen nach Hause zu gehen, um noch eine Nacht ruhig zu schlafen. Und so hat es angefangen: in dieser Nacht hat die Kinderschwester Felix zu mir schon kurz vor eins gebracht, er schrie wie verrückt. Meine letzte Nacht in der Klinik war furchtbar: Felix schrie und schrie, stillen, tragen, singen half überhaupt nicht, erst gegen fünf ist er eingeschlafen. Zu Hause ging es so weiter, die ersten sechs Wochen haben wir die Nächte nur im Sitzen verbracht, mit Felix auf dem Bauch. Aber er schrie nicht nur nachts, sondern auch tagsüber. Ich konnte ihn nicht hinlegen, ich konnte mich nicht hinlegen, er war permanent bei mir auf dem Arm. Ich habe so viele Ratschläge bekommen, wie noch nie zuvor. Ich sollte mit Felix mehr rausgehen, ich sollte Felix an den Kinderwagen gewöhnen, ich sollte Felix im Auto rumfahren, ich sollte… Da unser Mittlerer zu dem Zeitpunkt auch erst 19 Monate alt war, stand ich sehr unter Druck, ich hatte Angst, dass ich Maxim vernachlässigen würde, dass er nicht genug Liebe und Aufmerksamkeit bekommen würde, dass er und seine Schwester nicht genug Schlaf bekommen würden. Es war sehr anstrengend, unsere Nerven lagen blank, ich war so kraftlos, müde, unausgeschlafen, rastete ziemlich schnell aus, ich machte mir alle möglichen Vorwürfe, denn ich gab mir die Schuld an Felix´ Schreien, ich dachte ich wäre nicht gut genug und dass ich ihm nicht ausreichend Liebe zeigen würde. In dieser Zeit wurde ich auch sehr von der Umwelt unter Duck gesetzt, denn jeder hatte seine eigene Theorie, was wir falsch machen würden und warum es unserem Kleinen bei uns soooo schlecht gehen würde. Dieser Irrtum hat mir 7 Monate aus dem Leben mit meinem Baby geraubt.Als Felix nun 7 Monate alt wurde und die Situation sich auch nicht verbessert hatte, habe ich mich damit auseinander gesetzt. Ich habe angefangen, darüber nachzudenken, woran diese ewige Unzufriedenheit liegen könnte, was wir wirklich falsch machen würden und das Ergebnis war für mich sehr überraschend: wir haben überhaupt nichts falsch gemacht, im Gegenteil wir sind die ganze Zeit auf die Bedürfnisse unseres Kindes eingegangen: Felix wurde gestillt, getragen bis zum Umfallen, er bekam so viel Körperkontakt wie er wollte, wir haben ihn nie schreien lassen. Das bedeutete für mich dass dieses Schreien einfach Felix´ Eigenschaft ist und wir unseren Kleinen so hinnehmen sollen wie er ist. Seit dem geht es uns seelisch viel besser. Wir haben unseren Sohn akzeptiert, wir erfüllen weiterhin seine Bedürfnisse, wir sind immer für ihn da, wenn es ihm schlecht geht, egal ob physisch oder psychisch und der Kleine dankt uns, in dem er sich zu einem Kind verwandelt hatte, der sehr viel lacht, erzählt, schmust, kuschelt, küsst. Jetzt ist Felix 10 Monate alt und er weint (im Vergleich zu anderen Babys) immer noch viel, er schläft immer noch schlecht und umso mehr genießen wir unsere „hellen“ Minuten und die kommen immer öfter vor.

Es tut mir immer noch sehr weh, wenn ich daran denke, dass die ersten Monate mit Felix an mir vorbei geflossen sind und dass ich mich so unter Druck gesetzt hatte. Es wäre nicht passiert, hätte ich vom Anfang an meinem Herzen und meinem Instinkt gefolgt. Hätte ich mich auf meinen Sohn und nicht auf sein Schreien konzentriert …

Margarita, Dezember 2002

Mir haben die Schläge meines Vaters geschadet (der im übrigen eine üble Kindheit hatte … blabla …). Es waren nicht viele, vielleicht ist es nur drei Mal vorgekommen, das weiß ich nicht mehr, aber es ist vorgekommen. Es hat gar nicht mal so sehr dem Verhältnis zu meinem Vater geschadet (Opfer empfinden sich immer selbst als schuldig, oder wie war das?). Aber es hat mir und meinem Verhältnis zu mir selbst geschadet. Ich habe Ewigkeiten gebraucht, um mich so zeigen zu lernen, wie ich bin. Ich habe den falschen Beruf studiert, um meinem Vater einen Gefallen zu tun (indirekt). Ich habe einen Mann geheiratet, der ein wunderbarer Mann ist und den ich auch sehr liebe – aber der an vielen Stellen eine wesentlich andere Einstellung hat als ich – weil ich mich damals noch nicht traute, mich zu zeigen. Und so weiter. Viele subtile Sachen, die Tausenden von Menschen passieren, aber die vermeidbar wären.Was genauso schwer wiegt: Es hat das Verhältnis zu meiner Mutter belastet – was ich erst heute nach vielen Jahren überhaupt sehe. Meine Mutter ist sehr klug (würde fast sagen weise), und wir stehen uns sehr nahe. Aber manchmal bin ich unglaublich ungeduldig mit ihr und behandele sie total von oben herab – für das Kind in mir ist sie inkompetent, sie hat nicht geschafft, mich zu beschützen. Ich habe sie schon oft gefragt, wieso sie nicht gegangen ist. Ihre Antwort: sie zeigte auf meinen Sohn, wie glücklich er sei, wenn Papa nach Hause kommt und fragte: Sollte ich das zerstören?
Natürlich nicht…Und trotzdem frage ich sie immer und immer wieder: WIE KONNTEST DU ZULASSEN, DASS JEMAND DEIN KIND SCHLÄGT??? Warum hast du mich nicht verteidigt? Ja, auch eine Ohrfeige ist Misshandlung. „Nimm mal die Brille ab.“ – Das IST Misshandlung.Nun, mein Vater, in 99% der Zeit ein unglaublich guter Mensch, konnte nicht aufhören zu schlagen. Nicht oft, so vielleicht alle zwei Jahre mal, ist er durchgeknallt – und als meine Eltern über 60 waren, haben sie sich getrennt. Für uns ist das nicht weniger schlimm, als wäre es früher geschehen. Ich trauere um all die Jahre, um meine Kindheit, um den Vater, den ich so geliebt habe und den ich jetzt nicht mal mehr anrufen mag. Und um alles, was hätte sein können, wären die Dinge anders gewesen. Und immer und immer und immer wieder frage ich meine Mutter: Warum bist du nicht gegangen? Und jedes Mal sagt sie: Ich konnte es nicht. Ich hatte nicht die Kraft dazu.Sie hat therapiert, sie ist exzellent darin. Sie hat sich selbst therapiert ohne Ende, sie hat ihn therapiert ohne Ende – mit dem Erfolg, dass sie „die Böse“ ist, die immer meckert.Aufgrund dieser Geschichte kann ich sehr sicher sagen: Wenn jemand mein Kind schlagen würde – ich wäre weg. Definitiv. Und wenn ich im Auto schlafen müsste.Anke (die der Meinung ist, dass Gewalt absolut nichtsnichtsnichts in Familien zu suchen hat!)

KiTa oder Tagesmutter – Eingewöhnung muss sein!

Bauchschmerzen, feuchte Hände, Herzklopfen – das vegetative Nervensystem selbst bei Erwachsenen steht häufig Kopf in fremder Umgebung und unter fremden Menschen. Wie schön wäre ein bekanntes Gesicht, ein herzlicher Zuspruch – ich denk an dich!

Wieso sollten ausgerechnet kleine Kinder cool und unbeeindruckt die Trennung von Mutter oder Vater hinnehmen und sich in die Arme einer unbekannten Doris oder Tanja oder eines Hermanns stürzen und fröhlich „Tschüß“ winken?!

Unser Tipp – Kind und Eltern haben ein Recht auf eine Eingewöhnungszeit. Besteht darauf und plant ausreichend Zeit unbedingt ein. Ein Kind ist eingewöhnt, wenn es Vertrauen zu den ErzieherInnen gefasst hat und sich von ihnen trösten lässt. Erfahrungswerte zeigen, dass die Eingewöhnungsphase ein paar Tage bis zu 6 oder 8 Wochen dauern kann.

Tipps und Erfahrungen zur Eingewöhnung findest Du im Artikel „Eingewöhnung im Kiga – So machen es die Rabeneltern“.

Viel Erfolg!

Rabeneltern.org

Amerkung: Die Autorin verwendet den schweizerischen Sprachgebrauch: Krippe bezeichnet familienergänzende Betreuung für Babys und Kleinkinder bis 4 Jahre, Hort wird in Deutschland Kindergarten genannt, der schweizerische Kindergarten ist eine Vorschuleinrichtung.

Für die Eingewöhnung möchte ich auf die Artikel „Kindergarten – Pädagogische Konzepte und Eingewöhnung“ und „Familienergänzende Betreuung von Babys und Kleinkindern unter 2 Jahren“ von Ines Kopp verweisen. Sie erklären anschaulich, wie wichtig eine gute Eingewöhnungszeit für alle Beteiligten (Eltern, BetreuerInnen und Kinder) ist. Gerade für Säuglinge und Kleinkinder ist die Eingewöhnungsphase entscheidend und sollte dem Kind angepasst werden, nicht allfälligen gewohnten Abläufen in der Tagesstätte untergeordnet werden.

Aber auch Kinder, die schon längere Zeit in einer familienergänzenden Betreuungsform sind – sich dort wohl fühlen und sich bis jetzt ohne Probleme von den Eltern trennen konnten – können plötzlich Krisen bekommen.

Ich habe das selbst erfahren müssen, als mein Sohn mit etwa 2,5 Jahren plötzlich nicht mehr in die Krippe wollte. Nachdem er schon über 2 Jahre in dieser Krippe war und seine Zeit dort von Beginn an immer sehr genossen hatte, kam das für uns überraschend. Ich habe mich in meiner Ratlosigkeit ans Forum gewandt – und eine Menge toller Tipps und Erfahrungsberichte bekommen!

Ich denke, auch ein bereits eingewöhntes Kind hat ein Recht auf eine „Krippenkrise“ – auch wir Erwachsenen gehen nicht ständig mit derselben Begeisterung an unseren Arbeitsplatz.

Oft habe ich beobachtet und gehört, dass solche Krisen ein Symptom für andere Krisen im Kinderleben sein können: ein neues Geschwisterchen ist angekommen, in der Familie (oder auch in der Krippe) gibt es Veränderungen. So war es zum Teil auch bei uns: in der Krippe stand ein Personalwechsel an, die Stimmung unter den Betreuerinnen war gespannt und das hatte sich auch auf die Kinder übertragen. Manchmal ist es möglich, die Ursachen zu beseitigen – und die Krippensituation normalisiert sich von selbst wieder – manchmal ist das aber auch nicht möglich oder die Gründe für die plötzliche „Krippenunlust“ sind nicht zu erkennen.

Kinder sind verschieden: was für das eine die perfekte Lösung ist, kann dem anderen überhaupt nicht weiterhelfen. Diese Auswahl von Tipps kann nur eine Auswahl bleiben – sie kann aber auch als Anregung für eigene, auf das eigene Kind und die Familie zugeschnittene Lösungsansätze sein.

Rituale – Genügend Zeit – oder lieber schnell vorbei?

Für den Abschied von den Eltern, dem Übergang von „Familienzeit“ zu „Krippenzeit“, haben sich feste Rituale bewährt. Manche Krippen haben schon erprobte Abläufe, die das Bedürfnis der Kinder nach Ritualen befriedigen, in anderen hat jede Familie eine eigene Taktik. In unserer Krippe gibt es ein spezielles Fenster, das bei vielen Kindern für das letzte Winken und Küssen zum Abschied zum festen Abschiedsablauf gehört.

Während manche Kinder mehr Zeit brauchen, um anzukommen, ist es anderen lieber, den Abschied möglichst schnell hinter sich zu bringen.

Karolin schrieb: „Hallo, wir haben mit unserem Kind zur Zeit aus ganz anderen Gründen Sorgen, aber zum Abgeben in der Krippe fällt mir noch das ein: Je früher ich es abgebe, desto besser klappt es. Da ist es entweder das erste Kind oder es sind erst ein-zwei andere Kinder da und dementsprechend viel Aufmerksamkeit kann es dann beim Frühstücken genießen.“

Karla: „Ich glaube bei meinem Sohn war es so, dass er irritiert war, weil ich morgens immer noch eine gewisse Zeit (auch max. halbe Stunde) mit ihm zusammen dort geblieben bin und er immer darauf warten musste, dass die für ihn eh schon unangenehme Verabschiedung stattfindet.

Wir haben dann gemeinsam als Ritual entwickelt, dass ich ihn bringe, laut und vernehmlich „Tschüss“ sage, jeder gibt jedem noch einen Kuss und ich fahre.

Fortan gab es kein Weinen mehr, dafür hat er mich im Auto auf der Hinfahrt schon immer an das Ritual erinnert. Das war ihm richtig wichtig.“

Sam schrieb: „Wir haben mit unserer Tochter gesprochen und die Erzieher ebenfalls (nach Gründen gefragt etc.) Sie ist allerdings auch schon seit sie 7 Mon. ist, in der Kita.

Nach dem Gespräch ging es plötzlich. Einen richtigen Grund gab es nicht und das Weinen schien sich wirklich als eine Art Ritual entwickelt zu haben.

Jetzt rennen wir morgens von ihrer Garderobe zur Eingangstür um die Wette, so richtig mit ‚Auf die Plätze fertig…‘ und dann einen dicken Abschiedskuss.

Wäre das was? Ansonsten eine Erzieherin bitten, ihn in Empfang zu nehmen, die ihn gleich ‚ablenkt‘ und ihn in bestimmte ‚Aufgaben‘ einbindet?“

Hermines Tipp: „Bei uns geholfen hat: Kita vorbereiten – am Abend vorher überlegen, was in der Kita gemacht werden könnte – etwa das Lied ‚Häschen hüpf‘ singen und er nimmt seinen Stoffhasen mit oder er nimmt eines seiner Bilderbücher mit und es wurde zum Mittagsschlaf vorgelesen. Hilfreich war in unserem Fall sicherlich auch, dass ich bereits im Mutterschutz war und ihn mal zu Hause lassen konnte. Allerdings war immer klar, dass Kita das „Normale“ ist.

Auf dem Weg zu Kita mal was ‚Besonderes‘ – zum Beispiel ein Rosinenbrötchen vom Bäcker als Vesper. “

passiflora: „Wir haben zwar meist keine Abschiedsprobleme, aber wenn mein Sohn mich mal nicht gehen lassen will, sage ich ihm, dass er ja jetzt gleich mit den anderen frühstücken kann. Dann schnappt er sich meist seinen Rucksack, winkt nochmal und zieht Richtung Essecke von dannen.“

Aline: „Ich glaube, Merlin (bei der Eingewöhnung 19 Monate alt) hat es geholfen, dass wir unsere Sympathie zu den Erzieherinnen sehr offen gezeigt haben. Wir waren gleich per Du, haben beim Bringen oft noch ein bisschen gequatscht und waren sehr schnell vertraut im Umgang. Es gab auch mal eine Umarmung, wenn die Situation so war. Merlin hatte dadurch das Gefühl, da kann er bleiben, weil Mama und Papa finden die auch lieb und vertrauen denen.

Ansonsten wurde auch bei uns in der Krippe immer aufgefordert, sich richtig vom Kind zu verabschieden, damit es den Abschied wahrnimmt. Kinder, die geweint haben, wurden nie angemacht, sondern ich konnte immer bei Bedarf auch noch ein paar Minuten da bleiben (was wir dann seltenst mussten). Es gab immer wieder mal Mütter, die längere Zeit dort mit verbracht haben, weil es den Kindern in der Eingewöhnung so wichtig war.

Wichtig war für uns im Kopf noch, dass wir so lange Zeit haben durften, wie wir brauchen. Da gab es keinen Stichtag oder so.“

Margarita: „Ansonsten würde ich, wenn es geht, Hinbringen an Papa zu übertragen.“

Vorbereitung – Verarbeitung

Ist die Krippe oder die Tagesmutter die erste „Außerhausbetreuung“ eines Kindes, kann das Eltern und Kind verunsichern. Regelmäßige Kontakte mit anderen Kindern, Besuche und ein bisschen Trubel können schüchterne, eher ruhige Kinder ein bisschen auf die ungewohnte Situation vorbereiten.

Ceddysmam: „Wir haben gute Erfahrungen gemacht, in dem wir Cedric schon lange vor der Tamu-Betreuung für diese Zeit stark gemacht haben.

Cedric war sehr anhänglich und ich machte mir große Sorgen, ob es mit der Betreuung klappt. Im März sind wir umgezogen, im November habe ich wieder angefangen zu arbeiten, da war Cedric zwei Jahre alt. Ihm half es, dass wir in diesem Sommer sehr viele Familien kennen lernten, viel mit anderen Kindern unternahmen und er auf dem Spielplatz Kontakte mit anderen Kindern knüpfen konnte. Das steigerte sein Selbstbewusstsein immens, weil er dadurch irgendwie die Mutterfixierung von sich aus aufgab und er sich mehr auf andere Kinder konzentrierte.

Außerdem haben wir aus der Not heraus eine Tugend gemacht: Durch die Anstreicharbeiten in der neuen Wohnung war ich drauf angewiesen, es ohne Kind machen zu können (Cedric hat damals volle Aufmerksamkeit eingefordert). Eine Freundin mit Tochter in Cedrics Alter hat in der Zeit die Betreuung für Cedric für ca. 2 Stunden übernommen. Cedric kannte diese Mutter und Tochter so gut, weil wir sie schon länger kannten (Pekip) und wir sie vorher schon oft besucht haben. So klappte der Übergang von Besuchen zur kurzen Betreuung.

So wurde er schon Monate vor der Tagesmutterbetreuung gestärkt und in gewisser Hinsicht vorbereitet.“

Daroan: „Bei uns in der Spielgruppe ist das Buch von den Eulenkindern ‚Ich will meine Mami‘ auch immer beliebt bei Abschiedstränen.“

Spiel – Wettbewerb – Handfestes

Viele Kinder lieben Wettbewerbe, Wettrennen und so weiter. Diese Tatsache nutzen einige der folgenden Tipps aus. Andere Kinder können ihre eigenen Trennungsängste mit Hilfe von Rollenspielen am besten verarbeiten.

Nachtkerze: „Bei uns in der Krippe gibt es bei einigen Kinder ein „Rausschmeiß-Ritual“: Die Kinder gehen mit zur Tür und schubsen die Mutter/Vater aktiv hinaus, natürlich nach dem Abschiedskuss etc. Sie finden es meist ganz lustig und sie trennen sich von der Mutter, nicht die Mutter entfernt sich und sie bleiben zurück.“

Massimos Topi hilft: „Wir, er und die Erzieherinnen haben ein Abkommen ‚Kussi, Drücken und dann fitzifatzi zur Gruppentüre rennen‘ und wenn alles ohne Tränen abläuft gibts ein Stempel oder ein Tattoo.“

Cleopatras Gedanken: „Mein Sohn hat das Ganze sehr gut durch Rollenspiel verarbeitet: er schlüpfte in Mamas Haut, brachte seinen Puppensohn in den KiGa, verabschiedet sich und ging in die Uni.

Danach ließen wir die Puppenkinder vergnügen und schließlich kam er mit seinem Bobby-Car seinen Puppensohn abzuholen. Dieses pausenlose Spiel durch paar Tagen hat ihm geholfen, die ganze Abschiedssituation zu erleichtern.

(… .. )Ach ja, er bekam von mir immer kleine Aufgaben, etwas für die Erzieherinnen zu zeigen, geben. So verließ er mich und nicht ich ihn.“

zaramea76: „Das mit dem Rausschmeißen machen wir morgens zu Hause auch immer. Mein Mann bringt Paul ja in den Kinderladen und Paul macht dann hinter mir die Wohnungstür zu. Er liebt das.

Und im Kinderladen gehen die Eltern noch mal vor der Scheibe in den Kinderladen winken. Im Kinderladen gehts dann immer so: Tschüß, ich geh jetzt, kommst du noch ans Fenster winken? Kind rennt los zum Fenster, Mama/Papa geht derweil raus und dann wird noch heftig gewunken, luftgeküsst und auch Faxen gemacht.“

Margarita: „Bei Vanessa hat es geholfen, dass sie erstmal auf dem Flur auf einem Schaukelpferd schaukelt, bevor sie in die Gruppe geht. Dann ist sie quasi richtig angekommen

Übergangsobjekte – Trösterchen von Zuhause

Für Kinder, die ein Übergangsobjekt haben, sollte das auch ein Begleiter in die Krippe sein können. Manchmal hilft aber auch ein speziell für die Betreuung kreiertes Trösterchen, die Trennung besser zu verkraften. Meine Mutter hat mir, als ich ihr von unserer Krise erzählt habe, von meiner Krippenzeit berichtet: Sie habe mir lange Zeit jeden Morgen eine kleine Zeichnung auf die Hand gemalt, mit Kugelschreiber. Lustigerweise konnte ich mich vorher nicht mehr an das erinnern, nach ihrer Erzählung sind plötzlich Bilder davon in meinem Gedächtnis aufgetaucht.

Von Daraon dieser Tipp: „Wenn du etwas von dir bei ihm lässt?

Eine Kollegin von mir hat ihrer Tochter, ihre Uhr dagelassen (da war die kleine 3 Jahre alt) und ich habe meiner Tochter auch schon mal meine Halskette umgelegt wenn ich weg musste.

So als Zeichen ‚Ich bin bei dir, auch wenn du mich nicht siehst, und ich komme wieder, ganz bestimmt.’“

Margarita: „Als ich mit der Ausbildung angefangen hatte und Kinder (vor allem Felix) so traurig waren, hatte jedes Kind einen kleinen Fotorahmen bekommen mit unserem gemeinsamen Foto: ich mit dem jeweiligen Kind. Ich weiß, dass Felix dieses Foto öfters rausgeholt hatte und beim Frühstück immer auf dem Tisch hatte ‚um mit Mama zusammen zu sein‘. Es hat gedauert, aber schon seit Monaten brauchen sie die Fotos nicht mehr.“

Cleopatra: „ich wollte (…) berichten, dass die bilder meinem sohn auch schnell geholfen haben.

an dem ersten tag gab noch paar tränchen, die aber schon trockneten, bevor ich den raum verließ. an dem tag hat er auch manchmal die bilder rausgeholt.

am zweiten tag ging es ganz ohne tränen und die bilder waren nur beim ankommen in seiner hand, danach verteilten sie sich im gruppenzimmer. jetzt reicht’s ihm zu wissen, dass sie in seiner kiga-tasche drin sind.“

Ach ja, ausprobiert haben wir Margaritas Fototipp! Ein schlagender Erfolg! Danke!

Mela

Es ist manchmal wirklich interessant zu sehen, dass Kinder sich durch Dinge/Erlebnisse gestresst fühlen können, die wir Erwachsenen auf den ersten Blick nicht wahrnehmen.

Gabriel hat heute zum zweiten Mal an einer Schlafnacht im Kindergarten teilgenommen. (Das erste Mal war vor einem Jahr.) Er hat sich darauf gefreut und ist auch gerne hingegangen, hat mit keinem Wort gesagt oder sonst wie gezeigt, dass er sich deswegen unwohl fühlt. Weil in der Gruppe viele kleine Kinder sind und von den Großen so einige an diesem Wochenende in Urlaub fahren, haben nur 5 Kinder daran teilgenommen, darunter zwei von Gabriels besten Freunden im Kindergarten, außerdem seine Lieblingserzieherin und zwei Praktikantinnen. Gestern tagsüber war der Abschluss des Piratenprojektes mit einem Piratenfest gefeiert worden – inklusive Floß zu Wasser lassen und Schatzsuche. Um 16 Uhr holte ich ihn ab, um 18 Uhr musste er zur Schlafnacht wieder im Kiga sein, um 9 Uhr heute morgen sollten wir die Kinder abholen. Wie ich hörte, hatte es keine Probleme gegeben, er war kurz nach 21 Uhr eingeschlafen und um 6 Uhr 15, also eine Stunde früher als normal, aufgewacht. Sein Mundwerk lief wie üblich die ganze Zeit

Er war auch gut drauf, hat sich gefreut, mich zu sehen, und dann sind wir mit einem Freund und dessen Mama noch auf den Spielplatz und zum krönenden Abschluss zum Kasperletheater (alles direkt in Kiganähe im Park). Das Theater wurde wegen eines Regengusses etwas vorzeitig abgebrochen. Wir sind dann noch mal zurück zum Kindergarten um Gabriels Regenausrüstung zu holen… und da fing es dann an. Er quengelte und jammerte, dass er nicht mehr könne, fast vom Fahrrad falle. Dann, dass er Hunger habe. Als er in Windeseile das beim Bäcker gekaufte Brötchen verputzt hatte, waren wir auch schon zu Hause angekommen.

Gestern hatte ich vergessen, Sandmännchen und die KIKA-Serie vorher auf Video aufzunehmen. Als er das hörte, brach es aus ihm heraus. „Mama, ich will Sindbad sehen! Sofort!“ Eine geschlagene Stunde hat er deswegen geweint und immer nur diese beiden Sätze wiederholt, dann ist er schließlich vor Erschöpfung eingeschlafen. Beide Verhaltensweisen: langes Weinen und Mittagsschlaf sind ganz große Ausnahmen bei ihm.

Ich habe das so verstanden, dass für ihn – obwohl er sich darauf freute und Spaß dabei hatte – diese Schlafnacht (und das Drumherum) einfach zu viel an Aufregung waren – und er natürlich außerdem einfach müde war.

Ich bin froh, dass ich sein Verhalten verstehen konnte – das hat mir geholfen, „cool“ zu bleiben und ihn in seinem Kummer zu trösten. Eine Stunde ohrenbetäubendes Weinen bei einem fast 6jährigen während ich den Kleinen in den Mittagsschlaf stillen wollte, war nämlich für mich ganz schöner Stress!

Roberta

Die (fast) unzensierten Aufzeichnungen einer Anfängermehrfachmutter:


Nach 3 Wochen:

Ich dachte, ich gebe euch mal einen vorläufigen Zwischenbericht, wie´s uns so geht. Wobei ich mir natürlich bewusst bin, dass sich das noch wöchentlich – ach, was sag ich: täglich – ändern kann.

Meine Befürchtung war ja, dass ich mein 100%-iges Kinderlieb-Potenzial nicht so einfach verdoppeln kann, so dass entweder Carl plötzlich Abstriche machen muss oder Petra von Anfang an zu kurz kommt. Zur Beruhigung all jener, die jetzt mit dem zweiten Kind schwanger sind: Es geht!

Wobei es mir beide Kinder auch extrem leicht machen, im Moment: Petra bereitet mir außer mit kleinen Verdauungsproblemen keinerlei Sorgen und Carl ist ihr *noch* sehr zugetan. Wenn ich ihren Po föhne, rennt er sofort zu uns ins Bad und hält ihre Hand, „damit sie keine Angst haben muss“. Er küsst und knuddelt sie, wann immer es geht. Sobald sie weint, will er, dass ich sofort zu ihr gehe. Gestern Abend brachte ich ihn ins Bett, und er hat noch ewig erzählt. Bis ich meinte, „Carl, könntest du langsam mal einschlafen, ich muss Petra noch wickeln, sonst wird ihr Po rot“ – daraufhin schickte er mich sofort raus, meinte, er könne auch ohne mich einschlafen, ich solle zu ihr. Ich gab ihm noch ein Küsschen – fertig!

Ich denke, in unserem Fall hilft es wahnsinnig, dass ich beide stille. Ich hätte nie gedacht, dass ich dafür so dankbar sein werde. Mal davon abgesehen, dass der Milcheinschuss bei mir wieder mit Betonbrüsten einherging und Carl mich quasi „rettete“ vor Schmerzen und Milchstau – es ist einfach schön, mit ihm noch diese Vertrautheit zu haben. Und Petra lässt uns Gott sei Dank Zeit dafür. Carl stillt jetzt tagsüber etwas öfter, nachts eigentlich unverändert 0-1-2 mal.
Abgesehen von kleineren emotionalen Durchhängern, wenn er aus scheinbar unerklärlichen Gründen weinen muss oder extrem anhänglich ist, verkraftet er die Veränderung also *noch* sehr gut. Und gerade dann ist Stillen Gold wert. Ich glaube, Carl ist noch nicht klar, dass Petra der Grund für solche Durchhänger sein könnte, denn er ist auch in diesen Momenten noch sehr lieb zu ihr.

Diverse Warnungen hab ich im Hinterkopf, mögliche Schwierigkeiten mit dem Tandemstillen sind mir auch immer bewusst, Eifersuchtsattacken erwarte ich in einigen Wochen spätestens – aber noch ist alles sehr entspannt und ich hoffe, es kann dabei bleiben, ohne größere Dramen.

Ach so, und mein Mann, der beim Anblick von „schreienden, furzenden und unkooperativen Würmchen“ bis kurz vor Petras Geburt immer meinte, die „sollten erst mal noch 2 Jahre reifen“, verbringt Tage damit, unser rothaariges, fettes kleines Mädchen zu knuddeln, sagt ständig verklärt: „Gott, ist die süß“, schimpft mich, wenn ich über ihr Doppelkinn lästere und spaziert mit ihr hingebungsvoll durch die Wohnung, bis der letzte Rülpser raus ist!

Doch ja, das Leben kann so bleiben!!!

Nach ca. 6 Wochen:

Hallo ihr, ich dachte ich sollte meinen Bericht von vor ein paar Wochen aktualisieren. Diesmal mit der ausdrücklichen Aufforderung an die zum zweiten Mal Schwangeren ihn NICHT zu lesen 😉

Carl nervt. Er ist wirklich schwer zu verkraften. Ich versuche mich zu erinnern, ob er schon vor Petra solche Phasen hatte, und JA!, hatte er bestimmt. Aber im Moment kann ich´s nicht gebrauchen und alle weise Theorie erscheint mir wie Hohn.

Dass er Durchhänger hat, zum Teil unerträglich anhänglich ist, gerne mal sabbernd durch die Wohnung läuft und auf Möbel und Fußboden spuckt, weil das Baby ja auch spuckt – geschenkt.
Mit alledem hab ich ja gerechnet. Was mich so irre nervt, ist, dass ich echt sooooo voller Verständnis für ihn bin, dass er von mir alle Liebe und Zeit der Welt bekommt, die ich aufbringen kann, dass ich ihm Kuschel- und Stillpausen „gewähre“ – viel öfter als je zuvor – und er ist dennoch so undankbar (Ich weiß, das ist ein dummes Wort und ein falsches Denken von mir, aber so empfinde ich es nun mal).

Er verweigert so gut wie jede normale Nahrungsaufnahme zur Zeit und ist natürlich entsprechend heiß aufs Stillen, aber ich hab da mein Limit, ich kann es nicht leiden, wenn er ständig an mir hängt, zumal es da ja noch jemand anders gibt… (die aber so was von zurückhaltend, geduldig und leise ist, dass ich es nicht glauben würde, dass es solche Babys gibt, wenn es nicht hier liegen würde)

Er stillt wohl nicht exzessiv viel (im Vergleich dazu, dass es ja Kinder gibt, die älter sind als er und auch ohne Geschwisterchen noch öfter wollen), aber die Art wie er es einfordert, macht mich ganz aggressiv. Meist genau im falschen Moment, genau in der falschen Tiefschlafphase meinerseits, gerade, wenn ich Petra gestillt habe, usw … und er wird schnell total hysterisch. Wirklich unangenehm, laut, bewusst nervtötend (Er macht manchmal in diesem widerlichen Ton weiter, selbst wenn er schon gar nicht mehr weiß, was er eigentlich wollte). Ich stoße echt an meine Grenzen der Geduld und bin einige Male kurz davor, ihn zu schütteln oder sonst wie hart anzufassen, weil er mich in dem Moment so nervt und weil ich mir sicher bin, dass er es nur tut, um mich zu nerven, obwohl er es eigentlich besser wüsste (ja, ja, natürlich ist das nicht so, das weiß ich selber, aber ich EMPFINDE es wirklich so).

Heute hab ich ihn während so einer Rotz-und-Wasser-sabber-schrei-Attacke ins Bad gesetzt und die Tür hinter mir zu gemacht, stiller Stuhl lässt grüßen.

Ich hab jetzt nicht Zeit und Ruhe, das länger breit zu treten. Die „Schuld“ an diversen Durchhängern Carls kann ich mir bei klarem Kopf leicht selbst zuschreiben. Mir fehlt einfach die Energie, ihm 100% Begeisterung vorzugaukeln, wenn wir zum x-ten mal irgendwas tödlich Langweiliges spielen sollen oder anschauen sollen. Ich denke dann zwar: „Was willst du denn noch, ich spiele doch mit dir?!“ – Aber er merkt wohl, dass ich nicht ganz bei der Sache bin.

Und das Problem mit dem Stillen ist einfach, dass ich diejenige sein will, die sagt, wann es OK ist und dass ich auch nicht auf Kommando die Brust auspacken will, nur um hysterisches Geschrei zu vermeiden. Da bin ich dann auch stur. Ich mag ihn auch nicht stillen, wenn ich gerade noch so voller Groll gegen ihn bin. Ich weiß nicht, ob ich da über meinen Schatten springen müsste, denn viel Geschrei ließe sich vermeiden, wenn ich immer brav ja sagen würde – aber das kann ja nicht im Sinne des Erfinders sein!

Es ist natürlich auch der falsche Zeitpunkt, von Carl zu erwarten, dass er vernünftig und geduldig wird. Es ist eh bewundernswert, wie lieb er immer noch zu seiner Schwester ist…

Kommt Zeit, kommt Rat? Vielleicht ist es auch einfach nur so, dass ich nach einem ziemlich schnellen Start jetzt zum ersten Mal wirklich müde bin. Carl hat – NATÜRLICH – zeitgleich mit Petras Geburt den Mittagsschlaf abgeschafft, Weihnachtspause ist vorbei, mein Mann geht wieder ganz normal arbeiten und ich bin irgendwie zu matt für alles.

Ich hoffe, mein nächstes Update ist etwas positiver!

Molly

P.S.
Meine Gedanken und Gefühle Carl gegenüber in solchen Momenten der Überforderung lassen mich erschaudern, wenn ich mir bewusst mache, dass bei mir zumindest in der Theorie eine wahnsinnig reflektierte Grundhaltung da ist. Doch selbst die hindert mich nicht daran, instinktiv “klapsen“ zu wollen oder dumme Sätze zu sagen / zu denken (Carl, du bist wirklich alt genug…, wie oft soll ich dir noch sagen…, hast du immer noch nicht kapiert…., du weißt doch genau, dass… wenn ich dich noch EINMAL ermahnen muss, dann aber… schau dir deine Schwester an, die ist viel vernünftiger und braver…,  usw…)

HILFE!!!!!!!!!!! ich will gar nicht wissen, was unter den Dächern der Welt abgeht!

Nach etwa 3 Monaten:

Eigentlich wollte ich Entwarnung geben. Wir haben wirklich unseren Rhythmus gefunden, Routine in den Alltag gebracht und uns zum eingespielten Team entwickelt. Am Anfang stand mir ja unter anderem die Witterung im Weg. Es nervt einfach wahnsinnig, wenn vom Beschluss, spazieren zu gehen bis zum Verlassen des Hauses 45-55 Minuten vergehen, da die Kinder dann im steten Wechsel Windeln füllen, sich von oben bis unten voll spucken, unbedingt sofort stillen müssen oder einfach nur quer im Korridor liegen und den Fuß nicht in den Stiefel zwängen lassen wollen, während ich fast schon einen Hitzekoller kriege. Und das, wenn ich zu diesem Zeitpunkt eh keinen Bock auf spazieren habe, sondern nur gehe, weil frische Luft ja so toll und wichtig für die Kleinen sein soll!

Aber wie gesagt: Routine hilft, das Wetter wird auch immer milder, Carl weiß ungefähr, wie ein Tag abläuft, wann ich Zeit für ihn habe, wann er sich alleine beschäftigen muss. Wir haben immer eine Stunde Mittagspause, und selbst wenn Carl mal zu dieser Zeit nicht schlafen will, spielt er doch still in seinem Zimmer neben der Couch, auf der ich mich ausruhe.

Somit denke ich auch, dass in unserem Fall gar nicht mal so sehr die Konkurrenz mit dem Geschwisterchen zu meinen beschriebenen Problemen geführt hat, sondern einfach meine anfängliche Unfähigkeit, Carl bei Laune zu halten sowie unsere Anlaufschwierigkeiten. Petra hatte natürlich ziemlich viel damit zu tun. Aber ich glaube nicht, dass Carl glücklicher gewesen wäre, wenn er NUR mit mir zusammen etwas hätte unternehmen können. Für ihn schien es von Anfang an OK zu sein, dass wir zu dritt auf der Krabbeldecke sind, oder dass Petra im Tragetuch mitkommt, wenn wir auf den Spielplatz gehen. MIR fehlte dafür nur die Energie, ich fuhr Minimalbespaßungsprogramm – und da wäre Carl auch vor Petras Zeiten ausgeflippt.

So weit meine Analyse der anfänglichen Probleme.

Seit einigen Tagen haben wir jetzt eine neue Dimension 😉

Er ist jetzt definitiv eifersüchtig. Zwar immer noch lieb zu seiner Schwester, aber es fallen ab und zu so Sätze wie: „Nein, Petra soll nicht kommen! Lass sie hier“. Er braucht regelmäßig Kuschelpausen mit mir, will einfach nur auf meinem Schoß sitzen und den Kopf an meine Schulter lehnen. Wacht immer wieder mal weinend auf in der Nacht.

Gestern saß er im Wohnzimmer auf dem Boden mit einem Spielzeugfrosch und erzählte ihm: „Wir wollen dich hier nicht. Weißt du, du bist zu groß für unser Haus (der Frosch ist total klein!!!). Wir wollen hier nur Kleine!“ ?!?!?! Wie kommt er auf so einen Schrott????

Mal schauen, was daraus noch wird…

Molly

Nach etwa 1,5 Jahren:

Wo fange ich am besten an? Im Moment ist es sehr harmonisch, sehr ruhig. Die Kinder vertragen sich gut und ich genieße die selbstherrlichen Augenblicke, in denen ich mir auf die Schulter klopfe und denke: Toll hast du das alles gemacht.
Ganz so traumhaft war und ist es nicht immer, doch es fällt mir leichter, die schweren Momente aus der Distanz Revue passieren zu lassen, wenn ich nicht gerade vollständig von ihnen vereinnahmt werde.
So lange ich nur ein Kind hatte, war es leicht, weise theoretische Konzepte in die Praxis umzusetzen. Natürlich gab es auch da Herausforderungen und Momente der Unsicherheit und Überforderung. Aber am Ende eines schweren Tages gelang mir die Fehleranalyse meist recht gut und ich konnte klare Maßnahmen erwägen, wie alles besser laufen könnte.
Zwei Kinder zeigten mir ganz deutlich die Grenzen meiner theoretischen Überlegungen auf und auch die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit. Für mich gibt es mittlerweile zwei große Themenkomplexe, denen ich nicht mehr ohne eine Kettenreaktion an Gefühlen und skeptischen Fragen im Hinterkopf entgegentreten kann. Das eine ist ein relativ kurzer Abstand zwischen zwei Kindern (sagen wir, alles, was so unter 2-2,5 Jahre liegt), das andere sind bestimmte Tageszeiten im Alltag mit mehreren Kindern die alle Probleme noch einmal komprimieren können, z.B. der Abend oder das mittägliche Zusammentreffen der Familienmitglieder, die aus dem Kindergarten, von der Tagesmutter und von der Arbeit nach Hause kommen. Beides sind Themenkomplexe, zu denen meiner Erfahrung nach meist wenig gesagt wird und die auch unter Eltern selten thematisiert werden.

Altersabstand

Der relativ kurze Abstand zwischen zwei Kindern führt dazu, dass das ältere Kind plötzlich in eine Position gedrängt wird, in der vernünftige Kooperation von ihm eingefordert wird, obgleich es altersmäßig noch nicht unbedingt reif dafür ist. Die meisten Eltern geraten spätestens 1,5 Jahre nach der Geburt des ersten Kindes zunehmend in Erklärungsdruck, ob und wann sie denn „endlich“ ein zweites wollten. Sogar kinderlose Bekannte scheuen sich nicht, mit derartigen Fragen aufzukreuzen, wobei sie selbst den Gedanken an ein einziges Kind noch weit von sich weisen. Es ist ziemlich normal, Kinder mit einem Altersabstand von etwa zwei Jahren zu haben und in Gesprächen mit anderen Eltern bekommt man maximal ein schwammiges „Na ja, die erste Zeit war schon schwierig…“ zu hören. Keiner sagt: Es war der absolute Horror, ein Gefühl ständiger Unzulänglichkeit und Erschöpfung. Ich wurde keinem der beiden Kinder gerecht, lernte mein Erstgeborenes zu hassen und hasste mich selbst dafür, war von den Bedürfnissen des Kleinen überfordert und hatte keinen ruhigen Moment für mich selbst, ohne dass um mich herum Chaos ausbrach und ich schlechtes Gewissen hatte.
Und auch ich möchte ein derartiges Resümee relativieren: Nein, es war wirklich kein Dauerhorror und ich habe nicht monatelang gelitten und meine Kinder gehasst. Aber die Tiefpunkte waren schmerzhaft und anstrengend und man – besser gesagt ich – fühlte mich wirklich allein und litt unter einer Art Kontrollverlust. Ich sage das jetzt alles bewusst hart und krass und härter, als ich es im Moment rückblickend empfinde, weil ich weiß, dass ich es immer wieder, wenn auch nur für kurze Zeit, damals so empfand.
Das Problem war in unserem Fall nie Petra, sie lief eigentlich nebenher, schlummerte im Tragetuch oder erkundete die Welt um sich herum selbstständig und souverän, sobald sie mobiler wurde. Das Problem war Carl, der nie eifersüchtig schien oder Aggressionen gegen seine Schwester an den Tag legte, aber 110%ige Aufmerksamkeit einforderte und sehr leicht den Boden unter den Füßen verlor. Und das Problem war ich, die manchmal schlicht zu müde war, diese Aufmerksamkeit zu geben und dann statt einer bewussten Auszeit für mich (die nicht immer organisierbar ist, da willige Babysitter selten zur richtigen Zeit spontan an der Tür klingeln), halbherzig und angenervt die Kinder „semi-ignorierte“ und mich dann wunderte, warum alles in Chaos mündete.
Kein Erziehungsratgeber, der mir in die Hände geraten war, schrieb jemals von Situationen, wie ich sie erlebte. Die Fallbeispiele dort waren immer sehr durchdacht, beinhalteten nur einen Problemkern auf einmal und mündeten natürlich nach der korrekten Anwendung eines genialen Erziehungstipps in wunderbar vernünftiges Kleinkindverhalten. Meine Probleme begannen damit, dass ich nicht einmal erkennen konnte, wo mir die Situationen entgleist waren, wo ich mein Verhalten hätte modifizieren können oder müssen. Ich versuchte z.B. müde und vom Tag gestresst, Abendessen zu kochen und den Tisch zu decken, während Petra just in diesem Moment gestillt werden wollte, was ich hinauszögerte, damit ich wenigstens eine Arbeit halbwegs zu Ende bekäme. Was sie natürlich mit quengeligem Verhalten quittierte. In diesem Moment hoffte ich vielleicht auf die Zusammenarbeit mit meinem schon (oder erst?) dreijährigen Sohn, der wirklich gerne Tisch deckt und auch gut darin ist. Trotz mehrmaligen Bittens keine Reaktion. Kein Interesse. Dann aber trotz wiederholter Warnung, nicht die schwere, randvoll gefüllte Schüssel mit irgendeinem flüssigen Inhalt zu nehmen, ergreift er natürlich genau diese in einem unbeachteten Moment und – klirr – lässt sie natürlich so fallen, dass nicht nur die Schüssel zu Bruch geht, sondern sich möglichst auch der Inhalt über irgendetwas ergießt, was schwer bis unmöglich zu reinigen ist. Hier gelingt es der reflektierten Mutter vielleicht noch mit einem liebevollen „Ups!“ zu reagieren und das Schlamassel zu beseitigen. Ja, noch ist sie stolz auf sich, weil sie dem Kind keine böse Absicht unterstellt. Wenn der Junge aber dann während der Aufwischaktion beginnt, der kleinen, immer noch hungrigen, immer noch quengeligen Schwester gezielt all die Gegenstände aus der Hand zu nehmen, mit denen sie einigermaßen zufrieden gewesen wäre und wenn er dann auf das zugegeben genervte Ermahnen mit „Dann spucke ich eben alle Möbel an“ reagiert, während im Hintergrund das Abendessen anbrennt oder überkocht – dann fällt meiner Meinung nach der liebevollsten und reflektiertesten Mutter nichts Intelligentes mehr ein und ich möchte wirklich diejenige sehen, die – im mildesten Fall – nicht das Geschirrtuch in die Ecke donnert und die Kinder anschreit oder sonst wie ausflippt.

Klar, eine Fehleranalyse ist möglich.

  1. hätte das Baby sofort gestillt werden können = ein Stressfaktor weniger.
  2. hätte die Schüssel so platziert werden können, dass sie nicht in der Reichweite des Kleinkindes ist.
  3. hätte das Abendessen in aller Ruhe zu einem anderen Zeitpunkt (Mittagsschlaf eines Kindes?) zubereitet werden können.
  4. hätte sich die Mutter nach Erkenntnis des Stresspotenzials einfach mit beiden Kindern aufs Sofa kuscheln können.
  5. hätte die Mutter jeglichen Anspruch an korrekte, ordentliche Haushaltsführung hinter die Bedürfnisse der Kinder stellen können.

Aber trotz der theoretischen Kenntnis einer Vielzahl von schlauen Überlebenstipps erwies sich der Alltag bei uns manchmal als Eiertanz. Es ist ja nicht nur unrealistischer hausfraulicher Ehrgeiz, der einen dazu nötigt, gewisse Dinge zu erledigen. Manchmal war es schlicht das Bedürfnis einer erwachsenen Frau ihr Leben noch einigermaßen selbst bestimmen zu können und zumindest in kleinen Bereichen im Griff zu haben.

Es ist auch nicht so, als wäre das niemals gelungen. Doch doch, es gab gute Phasen. Aber leider eben auch genügend Momente, auf die ich nicht stolz bin. Ich weiß übrigens nicht, woran es liegen könnte, dass es im vergangenen Jahr wirklich immer diese Tage waren, an denen ich unangekündigten Besuch von Leuten bekam, denen ich nicht dieses Bild von Mutterschaft vermitteln wollte. Die dann wohl innerlich die Augen verdrehten und sich zuhause eine doppelte Dosis der Antibabypille einwarfen.

Was mich in diesem Zusammenhang auch immer wieder erschreckte, war, dass ich trotz besseren Wissens meinem Sohn immer wieder gezielte Bosheit unterstellte. Ich war mir sicher, dass sein Tun von dem Vorhaben motiviert war, mir zu schaden, mich zu ärgern, mein Leben schwer zu machen. Meist gelang es mir schon am Abend des jeweiligen Tages die Situationen in einem anderen Licht zu sehen und spätestens, wenn beide Kinder friedlich ins Bett gekuschelt schliefen, verstand ich ohnehin nicht mehr, warum ich mich davor so aufgeregt hatte.
Wie auch immer: Ich bin oft explodiert. Ich habe auch bemerkt, dass ich in derartigen Situationen die Reaktionen, die ich aus meiner Kindheit kenne, wider besseren Wissens wiederholte. Mir kamen Sätze in den Sinn, die ich so nie sagen wollte und manchmal gelang es mir nur unter äußerster Anstrengung (und Verlassen des Schauplatzes) nicht handgreiflich zu werden, meine Machtlosigkeit in einer bestimmten Situation, die ich nicht akzeptieren konnte, nicht durch einen Klaps auf den Po zu kaschieren.

Worauf ich trotz alledem relativ stolz bin, ist, dass ich diese Situationen der Überforderung zumindest nachträglich mit meinem Sohn besprochen habe. Es ist mir gelungen, nicht ihm den Vorwurf zu machen, böse zu sein, sondern ihm zu erklären, dass ich diejenige bin, die sich falsch verhalten hat, die übermüdet ist, die sauer ist, die schlecht gelaunt und erschöpft ist und deshalb so ungeduldig reagiert und geschrieen hat. Außerdem haben wir uns gemeinsam eine „De-eskalationsstrategie“ überlegt: Immer, wenn uns Konflikte zu entgleisen drohen, wenn wir anfangen, uns gegenseitig anzugiften und die Luft nach Aggression riecht, kann einer von beiden sagen: „Sollen wir uns einfach wieder vertragen?“ Der Vorschlag kam übrigens von ihm :-). Das klingt platt und lächerlich simpel, ist aber in der Anwendung höchst effektiv und hat mir immer wieder gezeigt, dass viele Konflikte eigentlich nur Kettenreaktionen und Selbstläufer sind. Mit unserer Zauberformel haben wir das schon oft gestoppt und waren nach dem Aussprechen beide dankbar, dass sie dem anderen gerade noch rechtzeitig eingefallen ist. Meist enden diese Konflikte dann mit einer Umarmung (Klingt jetzt fast so kitschig, als wäre es aus einem der uneffektiven Erziehungsratgeber…).

Ich plädiere mit meinen Ausführungen übrigens nicht für einen Mindestaltersabstand von sechs Jahren. Im Gegenteil: Ich halte den Altersabstand zwischen meinen beiden Kindern immer noch für recht ideal und würde ihn wieder so wählen. Ich denke nur, dass ich mittlerweile einige Dinge anders machen würde:

  1. Ich würde viel öfter Hilfe holen. Seien es andere Mütter zum Kaffeeklatsch oder Großmütter zum Spazierengehen. Es kann einfach nicht von der Natur so gedacht sein, dass eine Mutter sich allein um mehrere kleine Kinder mit solch unterschiedlichen Bedürfnissen kümmert. Auf Dauer geht das meiner Meinung nach auf die Kosten von mindestens einem der Beteiligten.
  2. Ich würde versuchen, noch bewusster im Blick zu behalten, dass das große Kind nicht wirklich „groß“ ist, sondern immer noch ein Kleinkind, dem ich irrationales Verhalten zugestehen kann, selbst wenn es zum ungünstigsten Zeitpunkt aus ihm herausbricht.
  3. Ich habe gelernt, dass das Vorhaben, eine Arbeit mit quengelnden, unglücklichen Kindern im Hintergrund zu Ende zu führen, von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Der Genuss beim Anblick einer blitzeblanken Küche wird durch Dauergezeter im Wohnzimmer dermaßen getrübt, dass ich lieber gleich darauf verzichte. Und ein Abendessen, das erst eine halbe Stunde später fertig ist, kann immer noch gegessen werden. Im Regelfall sogar eher, als eines, dass zwar pünktlich auf dem Tisch steht, aber kalt wird, da beide Elternteile mit dem Trösten von jeweils einem Kind beschäftigt sind und selbst schon am Rande ihrer Geduld angelangt sind.

Krisenanfällige Tageszeiten

Und damit komme ich zum anderen Themenkomplex, den ich in völlig neuem Licht sehe: Bestimmte Tageszeiten haben ein solch unermessliches Konfliktpotenzial, dass ich mich mittlerweile wirklich wundere, dass davor nicht öffentlich gewarnt wird. Oder ist es wirklich nur bei uns zuhause so, dass z.B. die Abende eine durchdachte und perfekte Choreographie erfordern – oder zumindest eine Regie, die man sich nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln kann? Der Abend ist bei uns jeden Tag von neuem eine Herausforderung. Etwa zwischen sechs und halb sieben zeigen sich bei den Kindern plötzlich Müdigkeitserscheinungen und / oder Hungeranzeichen, gepaart mit Streitlust und Unternehmungsdrang. Natürlich jeden Tag in einer anderen Reihenfolge und Kombination. Alles Dinge, die irgendwie die Begleitung durch mindestens einen Erziehungsberechtigten erfordern. Mindestens einer hat aber zeitgleich meist irgendetwas anders zu tun, z.B. Abendessen zubereiten (als Abhilfe gegen die Hungerattacken). Im Idealfall ist noch ein zweiter Elternteil anwesend, im Regelfall steckt er irgendwo auf der Autobahn im Stau (der Glückliche!). Mittlerweile wage ich zu behaupten, dass ich auch diese Situationen irgendwie meistere, aber es war ein langer Übungsprozess mit etlichen Fehlschlägen. Das ideale Timing zwischen Nahrungszufuhr, Spiel und Routinepflichterfüllung zu finden, halte ich wirklich für eine Kunst. Erst das Gespräch mit einer anderen Mutter auf dem Spielplatz, die diesen Abendhorror sehr gut nachvollziehen konnte, hat mich ermutigt, das hier zu erwähnen. Bis dahin dachte ich ja echt, das wäre nur bei uns so.

Meiner Meinung nach sollte man Familien, die ein zweites Kind bekommen, nicht in erster Linie vor potenzieller Eifersucht zwischen den Kindern warnen. Mir liegt als erstes immer die Frage auf den Lippen: „Und, wie wollt ihr eure Abendroutine organisieren? Habt ihr euch da schon Gedanken gemacht?“

Im Moment ist alles rosig, was unter anderem daran liegt, dass ich gerade Urlaub habe und durch das Wegfallen eines Aufgabengebietes plötzlich Unmengen an Geduld und Energie für die verbleibenden habe (Mehr als ich damals hatte, als ich noch gar nicht arbeiten ging!). Auch ist mein Sohn natürlich älter und außerdem sind wir konflikterprobt. Was mir besonders das Herz erwärmt, ist die Tatsache, dass meine beiden Kinder immer mehr miteinander spielen können und wirklich Freunde sind. Nach anfänglich übertriebenem Einschreiten meinerseits (Löwenmutter versucht ihr Baby vor dem größeren Kind zu schützen), lernen sie mittlerweile auch, Dinge selbst auszuhandeln. Kürzlich war ich am Telefon, als ich hörte, wie sie anfingen zu streiten. Ich konnte nicht sofort hin und innerhalb von weniger als einer Minute war der Streit beigelegt, mein Sohn hatte eine Lösung gefunden, seine Schwester getröstet und sie spielten friedlich. Doch ja, im Moment ist es so, dass hier jederzeit jemand zu Besuch kommen könnte und danach bestimmt die Pille absetzt :-).

Molly

Verfasst von Molly

Es fing eigentlich harmlos an. Gabi (10j.) wollte nicht aufstehen und ich musste den ganzen Morgen (mit hungrigem Felix (2,5j.)  im Schlepptau) hinter ihr her sein, damit sie rechtzeitig aus dem Haus kommt und den richtigen Bus nicht verpasst.

Dann musste ich Maxim (4j) für den Kiga fertig machen, das Frühstück für uns alle zubereiten; nach dem Frühstück Felix ablenken, weil er sonst nur noch los fahren wollte um Maxim aus dem Kiga und Gabi aus der Schule abzuholen.
Beim Nörgeln hat er mir so zwischendurch die Glasscheibe in der Eingangstür bespuckt, die ich heute morgen im Vorbeigehen geputzt hatte. Macht nichts noch mal geputzt… Den Vormittag verbrachte ich damit, dass ich versuchte unser Schlafzimmer endlich mal aufzuräumen und dabei Felix und Vanessa (5 Mon.) zu bespaßen. Das endete in einem Schreianfall bei Felix, weil ich ihn vom Bett gescheucht hatte und Vanessa aber zum Wickeln darauf durfte.
Irgendwie war die Zeit doch schnell um und wir konnten Maxim abholen. Felix ist in Vanessas (!!!) Strumpfhose aus dem Haus gegangen, er weigerte sich partout sie auszuziehen und schrie. Ok, das wurde von mir akzeptiert, um nur bloß die Nerven nicht zu verlieren. Als wir dann wieder zu Hause waren, hat er sie selbst ausgezogen.

Nach dem Essen und Mittagsschlaf schien alles gut zu laufen bis zum nächsten Nervenkiller: Felix wurde heute zum zweiten Mal in diesem Sommer von einer Wespe gestochen. Der Arme tat mir so leid, er hat zuerst fast gar nicht geweint, aber als ich ihm den Stachel raus gezogen hatte, fing er an ganz laut und schrill zu schreien. Hab ihm sofort eine Zwiebel auf die Stelle gelegt und musste ihn dann tragen und dabei die Zwiebel darauf halten (er wurde hinten über dem rechten Knie gestochen).
Dann fing noch Vanessa an zu schreien und so tigerte ich heute mit beiden Kindern auf dem Arm durch das Wohnzimmer. Beide schrieen sehr, sehr laut und ich dachte, ich werde langsam aber sicher verrückt. Dann ist mir Vanessa fast rausgerutscht und so saßen wir dann noch eine Stunde auf dem Sofa: Vanessa an der Brust mit einem meiner Zöpfe in der Hand und Felix an der Seite mit dem anderen Zopf.

Vanessa war heute auch den ganzen Tag ungewöhnlich anhänglich und zappelig, wollte ständig stillen, ist mir aber jedes Mal nach ein paar Schlückchen fast aus dem Arm gesprungen. Die Arme hatte Bauchschmerzen, weil sie groß musste, es aber nicht konnte. Warum weiß ich nicht, aber nachdem sie endlich gekäckert hatte, wurde sie sofort ruhiger und ist dann für fast zwei Stunden eingeschlafen.

Ihr werdet es vielleicht nicht glauben, aber ich brauchte heute eine Stunde, um im Wohnzimmer den Boden zu wischen, weil ich ständig unterbrochen wurde, der eine wollte trinken, der andere pinkeln, dann umgekehrt und dann wollten alle Kekse und dann musste ich den Ball vom Carport holen und dann einen kleinen Streit schlichten, dann mit Felix und seinem Freund schimpfen, weil sie schon wieder mein Blumenbeet umgraben wollten, hab Maxim getröstet, weil ihn der Nachbarshund erschreckt hatte undundund.

Dann kam die Abendessenzeit. Die Kinder waren lange draußen, sollten Hunger haben, denkt man.
Ja, den hatten sie, wollte aber nicht rein gehen, schlappe 15 Minuten vergingen, bis sie alle drei drin waren! Juhu!!! Noch 15 Minuten vergingen, bis feststand, wer was wirklich essen will (ich wollte meine Nerven schonen und habe deshalb den Kindern freie Wahl gegeben, hätte ich doch lieber etwas zubereitet). Nur nicht aufregen, dachte ich und sah gelassen, wie Felix seinen Joghurt in den Saft rührte und den Käse in die Mischung tauchte, hörte zu, wie Maxim sein Schimpfwörterlexikon demonstrierte undundund.

Dass Vanessa dabei mir mein Brot aus der Hand schlug und ein bisschen das Auge zerkratzte machte auch nichts. Bloß nicht aufregen…

Der Gipfel kam nach dem Essen, als sie nach oben gehen sollten, um Zähne zu putzen. Sie hatten natürlich was viel Wichtigeres zu tun: Autos spielen und dazu eine passende Garage aus Lego bauen. Ist ja klar, das macht ja auch nur dann Spaß, wenn man eigentlich etwas ganz anderes machen muss. Ich sagte ruhig und sehr höflich, dass sie jetzt das Spielen bitte lassen und nach oben gehen sollen – Ich sagte das einmal, zweimal, dreimal; nach dem siebten oder achten Mal konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und drohte damit, dass ich heute nicht vorlesen werde. Laaaaaangsaaaaaam wurden Spielsachen aufgeräumt, es ging nach oben, Zähne wurden geputzt, Hände und Füße gewaschen. Die Jungs lagen im Bett und dann stellte sich raus, dass Gabi noch nicht mal ihre Sachen für morgen eingepackt hat. Was sage ich eingepackt, sie hat nicht mal daran gedacht und hätte ich sie nicht gefragt…. Es wurde halb neun.

Um 20.40 Uhr machte ich Vanessa bettfertig, Gabi packte die Tasche, im Kinderzimmer wurde es lauter, dann noch lauter und dann ganz laut. Sie haben eigentlich nichts besonderes gemacht, Maxim und Felix, nur ein bisschen gefochten und sich ein bisschen weh getan und deswegen einander angeschrieen. So wie es öfters passiert, aber ich war jetzt fertig. Fix und fertig.
Ich habe heute nicht vorgelesen und hatte gar kein schlechtes Gewissen dabei. Sie sind alleine eingeschlafen, um viertel nach neun ungefähr.

Mein Tag ist gelaufen,ich bin todmüde, habe im Haushalt fast nichts erledigt und jetzt beim Schreiben musste ich doch ab und zu lachen.

Margarita

… du in der Früh einen piepsenden Wecker suchst und ihn in der Sockenschublade findest

… du beim Warten an der roten Fußgängerampel das Baby, das Du heute gar nicht dabei hast, durch auf- und abwippen beruhigst

… du den (erwachsenen) Freunden, die Du im Auto mitgenommen hast, am Ende der Fahrt fröhlich zurufst: „Wir sind daaaa! Ihr dürft euch loooosschnallen!“

… du dich wie blöd auf einen Fernsehabend freust und dann bei der Tagesschau einschläfst.

… du einen Arbeitstag im Büro plötzlich richtig erholsam findest

… dir die Aussicht auf eine 6-stündige Zugfahrt ohne Kinderbegleitung wie ein großartiger Wellnessurlaub erscheint und du dich extra weit vom Kleinkindabteil weg setzt

… du auf dem Weg aufs Klo drei mal auf Legosteine trittst, über ein Puppenbett steigen und dann erstmal die Toilettenverkleinerung abnehmen musst, bevor du Dich hinsetzen kannst

… dir unterwegs beim Anblick eines auf dem Boden liegenden, schreienden Kleinkindes auf einmal nicht nur das Kind leid tut, sondern auch die Eltern

… in deinen Schuhen Autos parken

… du fraglos mehrere Backsteine und große Stöcke im Zug aus dem Urlaub mit nach Hause transportierst, weil manche Dinge einfach nicht diskutabel sind

… du dich heimlich im Büro mit Schokolade vollstopfst, weil es zu Hause nur noch gesundes Essen gibt

… du plötzlich verschiedene Pferderassen und Automarken benennen kannst, obwohl du dich persönlich weder für Pferde noch für Autos interessierst

… du neuerdings mit einem nackten Fuß im Gesicht hervorragend weiterschlafen kannst

… deine Eltern dich erst ca. 15 Minuten nach dem ersten Aufeinandertreffen flüchtig begrüßen.

Viele weitere Anekdoten zum Thema findet ihr im Rabendorf.

1 Tasse Wasser
1 Teelöffel Öl
2 Teelöffel Lebensmittelfarbe

zusammen kurz aufkochen

1 Tasse Mehl
1/4 Tasse Salz
2 Teelöffel Weinsteinpulver

in einer Schüssel mischen, dann zu der Flüssigkeit in den Topf geben.

Umrühren bis sich der Teig vom Kochtopfrand zu lösen beginnt (dauert etwa 3 bis 5 Minuten).
Auf einer leicht zu reinigenden Unterlage mit etwas Mehl durchkneten.

Haltbarkeit in einer verschlossenen Plastiktüte oder Plastikdose:
bei Zimmertemperatur einige Wochen
im Kühlschrank einige Monate

Wichtig:
kein Alaun (ist ein Aluminumsalz und nicht ungiftig)
sondern Weinsteinpulver (Kaliumhydrogentartrat) verwenden.

Blaue Lebensmittelfarbe ist weniger geeignet, da die Knetmasse dann gerne klebt und grau wird und nach faulen Eiern stinkt

Für einen großen Eimer:

1 l Wasser
500 g Zucker
1 kg Neutralseife
25 g Tapetenkleister

Das Wasser aufkochen und den Zuckerdarin auflösen. Wenn das Zuckerwasser noch lauwarm ist, Neutralseife und Tapetenkleister untermischen. Ca. 24 Stunden stehen lassen und dann mit 8 Liter Wasser auffüllen.
Wenn Euer Wasser sehr kalkhaltig ist, könnt Ihr destilliertes Wasser oder das Wasser aus dem Auffangbehälter eines Wäschetrockners verwenden, denn Kalk bindet einen Teil der Seife.

Dann braucht ihr nur noch einen großen Ring aus mit Stoff, Gaze oder Wolle umwickeltem (Blumen-)Draht für die Seifenblasen.

Rezept aus: wiseguys magazin, Ausgabe 15/Oktober 2008

Zutaten:

1 Packung Maisstärkemehl (kein Saucenbinder!)
Wasser
optional Lebensmittelfarbe

Stärkemehl in eine Schüssel geben, langsam Wasser zugeben und mixen, bis das Mehl nicht mehr trocken ist und die Masse eine total eigenartige Konsistenz bekommt (was das bedeutet, merkt Ihr beim Ausprobieren). Mit ein wenig Lebensmittelfarbe pastellig einfärben nach Belieben und in eine flache Schüssel füllen.

Voilà! – Zauberschlamm oder auch: nicht-newtonsches Fluid. Nicht fest, nicht flüssig – wird beim Kneten fest und im Ruhezustand breiig.

Warum das funktioniert, wird in diesem Clip erklärt. Auch Spätzleteig ist übrigens eine nicht-newtonsche Flüssigkeit.

Leere Getränkekartons mit Verschluss
Wasser
optional Lebensmittelfarbe

Getränkekartons mit (eventuell gefärbtem) Wasser füllen und ein paar cm Platz lassen, da sich das Eis ausdehnt. Zuschrauben und ab in den Tiefkühler. Am nächsten Tag sind die Rieseneiswürfel fertig. Karton aufschneiden und Kinder damit nach draußen schicken.

Manche Kinder zerhauen sie übrigens nach dem Mauer-bauen gerne mit dem Fleischklopf-Hammer.

Stabiles Klebeband mit der Klebeseite nach außen um das Kinderhandgelenk befestigen. Auf einem Spaziergang kann alles mögliche draufgeklebt werden, was man so findet: Blumen, Blätter, Steinchen, Rinde, …

Zu Hause Band abschneiden und auf die Pinnwand oder den Kühlschrank hängen. Vorsicht bei langen Haaren, alternativ das Band um das Fußgelenk kleben.

Worum gings?
Ein Vater würgte seinen 7-jährigen Sohn, weil er frech war und eine Nachbarin bespuckt hatte. Der Vater wurde zu einer 8-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Ob dieses Urteil im Rahmen vergleichbarer Straftaten liegt, können und wollen wir gar nicht bewerten. Die Urteilsbegründung allerdings, ist aus unserer Sicht skandalös.
Eure Rabenmütter

Hamburger Morgenpost vom 23. Juni 2005
Artikel von Stephanie Lamprecht „ Vater würgte Sohn (7)“

Unser Leserbrief, der in einer gekürzten Fassung tatsächlich abgedruckt wurde:

Seit November 2000 gibt es ihn, den § 1632 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch. Sein Wortlaut:
„Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“
Könnte es sein, dass Herr Alfons Schwarz, seines Zeichens Richter beim Amtsgericht Hamburg samt seiner Schöffen, von dieser gesetzlichen Regelung noch nie etwas gehört hat? Der Eindruck drängt sich bei der Lektüre des Artikels unweigerlich auf. Keine Frage, Eltern sind auch nur Menschen, die aus Überforderung manchmal falsch handeln. Aber ein Kind wenigstens 15 Sekunden zu würgen, so dass die Gerichtsmedizin eine Lebensgefahr bescheinigte, das darf nicht als minderschwerer Fall abgetan werden. Was für eine fatale Botschaft an alle Erziehungsberechtigten, die nach wie vor der Meinung sind, elterliche Gewaltanwendung hätte noch keinem geschadet. Im Artikel heißt es „Eine Provokation durch das Kind sei hochwahrscheinlich“. Wie erbärmlich per Urteilsverkündung von einem ordentlichen Gericht in einem neuerdings um Familienfreundlichkeit bemühten Hamburg, einem 7-jährigen Kind die Schuld für das Tun eines Erwachsenen, noch dazu seines eigenen Vaters, in die Schuhe zu schieben. Die Urteilsbegründung entbehrt jeglicher Empathie für den kleinen Jungen und ist einfach nur skandalös!

Mit freundlichem Gruß
Die Mütter von www.rabeneltern.org

Artikel im Dingolfinger Anzeiger vom Samstag, 24. April 2004 mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Kinder erziehen wie die Rabeneltern
Niederviehbacherin ist Mitgestalterin einer Homepage für Erziehungsthemen

Dingolfing. „Unser Grundkonsens ist der liebevolle und respektvolle Umgang mit unseren Kindern“. Dies sagt Andrea Greiler aus Niederviehbach über sich und weitere rund 20 Mütter aus dem gesamten Bundesgebiet und der Schweiz. Gemeinsam hat man die Homepage „Rabeneltern.org“ mit Themen rund um die Erziehung von Kindern bis (derzeit) zum Beginn des Schulalters erstellt. Auch zukünftige und werdende Eltern finden hier Wissenswertes zu Schwangerschaft, Geburt und Säuglingen.

Raben zeichnen sich durch ein ausgeprägtes Sozialverhalten und durch eine intensive Pflege des Nachwuchses aus. Der Kindererziehung in diesem Sinne haben sich auch die Mütter verschrieben, die auf ihrer Homepage „Rabeneltern.org“ allen Eltern ein Forum bieten wollen, die ihre Kinder als vollwertige Menschen betrachten und deren Bedürfnisse respektieren. Foren zur Kindererziehung gibt es im Internet wie Sand am Meer, doch haben sie in der Regel einen kommerziellen Hintergrund. „Wir wollen uns davon abheben und in gebündelter Form Informationen anbieten für Eltern, die überlegt erziehen“, sagt Andrea Greiler. Über das Internet hat sie andere Mütter kennen gelernt, mit denen sie sich in ihrem Erziehungsstil geistesverwandt fühlt. Gemeinsam kam man überein, eine Homepage mit Tipps zur reflektierten Kindererziehung zu starten.

Am 1. August vergangenen Jahres ging man online. Seitdem wurde „Rabeneltern.org“ an die 50 000 Mal angeklickt. Ein Zeichen, dass viele Fragen zur Kindererziehung bestehen. „Rabeneltern.org“ bietet auf einem breiten Themenfeld Antworten an, die sich stets dem liebevollen und respektvollen Umgang mit dem Kind verpflichtet fühlen. Dazu hat man eine Textsammlung erstellt, die in dieser gebündelten Form und in dieser thematischen Breite im Internet sonst nirgends zu finden ist. Vor der Publizierung eines Textes auf der Homepage prüfen die „Rabenmütter“ sorgfältig, ob er dem Grundsatz entspricht „Kinder verdienen unsere Fürsorge, unseren Respekt und unsere bedingungslose Liebe“. Danach tritt man mit den Verfassern in Verbindung, auch um die urheberrechtlichen Fragen zu klären. Die Textsammlung wird ergänzt mit eigenen Beiträgen und Erfahrungsberichten. Vorgestellt und kommentiert werden auch verschiedene Projekte.

In verschiedenen Diskussionsforen können sich ratsuchende Eltern mit anderen Müttern und Vätern austauschen. Rund 260 Besucher sind derzeit registriert. Im Expertenforum geben Diplom-Pädagogin Ines Gärtner und Diplom-Sozialarbeiterin Sandra Deuble Antworten. Wer auf der Suche nach geeigneter Literatur zu Erziehungsfragen ist, der findet in der Bibliothek Rat. Jedes Buch, das hier empfohlen wird, ist von mindestens einer „Rabenmutter“ durchgelesen worden. Und in einer roten Bücherliste kann man erfahren, welches Buch man sich sparen kann.

Aktuell gibt es auf „Rabeneltern.org“ das Live-Tagebuch von Isa. Sie hat vor einem Monat entbunden. Nun warten ihre Leser auf die Berichte von den ersten Tagen mit dem neuen Erdenbürger.

Winfried Walter

Spiegel Nr. 28/2003 – Titelthema: – Die neuen Werte: Ordnung, Höflichkeit, Disziplin, Familie -.Zum Artikel Nobel statt Nabel heißt es beim Spiegel Online:

„In den Zeiten der Krise, des Pisa-Schocks und um sich greifender Verlotterung ist eine neue Bürgerlichkeit gefragt. Das Einhalten von Regeln, das Leben mit althergebrachten Tugenden und Ritualen wird wichtiger.“


Hier der Abdruck von Mollys Leserbrief an den Spiegel:

Sehr geehrte Damen und Herren,

auf der Suche nach der Wurzel allen Übels beim Säugling anzusetzen und die Befriedigung seiner existenziellen Bedürfnisse als Vorstufe der Verlotterung unserer Gesellschaft zu sehen ist wohl – gelinde gesagt – lächerlich, aber zugleich symptomatisch für die heutige Zeit.

Babys und Kleinkinder werden zum Einschlafen nicht „ständig herumgetragen oder mit Brust und Fläschchen traktiert“, weil die gelangweilten Eltern gerade nichts Besseres zu tun haben, sondern weil sie auf diese Weise dem Kind das geben, wonach es schreit. Das Programm von Kast-Zahn und Morgenroth, das Sie als „Verbindung von Zuwendung und Grenzen setzen“ bewerten, tut nichts anderes, als diesen Kindern zu suggerieren, dass auf ihre Bedürfnisse keiner hört. Oder allerhöchstens im 3-Minuten-Rhythmus, aber möglichst ohne Blickkontakt und ohne das Kind aus dem Bett zu heben, selbst wenn es sich vor Schreien übergeben hat. (Man darf es allerdings sauber machen. Denn wohlgemerkt: Sauberkeit ist eine Tugend!)
Ja, es kommt Eltern entgegen. Denn irgendwann wirkt es. Rückfälle sind zwar vorprogrammiert, denn mit jeder Entwicklungsphase kann ein Baby bzw. Kleinkind sein Schlafverhalten ändern. Aber normalerweise ist es mit ein paar Nächten Geschrei erledigt. Und man muss sein Leben nicht mehr nach dem unberechenbaren Rhythmus eines unmündigen kleinen Wesens ausrichten. (Von den etlichen Ausnahmen mit ständig eskalierendem Geschrei und Frustration auf allen Seiten will ich hier gar nicht reden!).

Jeder Laienpsychologe weiß mittlerweile, wie bedeutend die ersten Lebensjahre für die weitere Entwicklung des Menschen sind, wie wichtig die Stärkung des Urvertrauens für seine emotionale Stabilität. Jeder halbwegs pädagogisch gebildete Mensch kennt den Wert und die Notwendigkeit von Kommunikation (Und dazu gehören auch das Hören und Reagieren auf die unartikulierten Schreie eines Säuglings!). Deshalb bin ich enttäuscht, dass Sie ausgerechnet dieses – mittlerweile Gott sei Dank höchst umstrittene – Standardwerk der Erziehungsliteratur als richtungsweisend zitieren. Denn meiner Ansicht nach kann unserer Gesellschaft nur geholfen werden, wenn wir anfangen, den schwächsten Gliedern unsere bedingungslose Liebe und Zuwendung zu zeigen, damit sie auf diese Weise ein gesundes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl sowie Vertrauen in uns Eltern entwickeln. Das kann nur bei einer sehr kurzsichtigen – und wiederum für die heutige Zeit typischen – Auslegung des Begriffs „Liebe“ mit Laisser-faire und Überprotektion verwechselt werden.

Schade, dass Sie sich dieser Massenmeinung angeschlossen haben.

MfG

Molly