Alles für das erste Jahr.
Rowohlt Verlag
ISBN: 3805208162

Bewertung: ungeeignet

 

Die Idee von bellybutton, ein Buch über Babys „von Müttern für Mütter“ zu schreiben ist genial (allerdings sie ist von den Rabeneltern geklaut 😉 ). Die Gestaltung des Buchs gefällt mir – ansprechender Einband, schöne (private) Fotos, übersichtliche Gliederung, wichtige Informationen sind im Text farblich hervorgehoben, mit Hilfe des Index findet man schnell, wonach man sucht. Das Buch wird höchstwahrscheinlich bald auf den Präsenttischen zur Geburt überall unter deutschen Dächern bereit liegen. Viele Eltern werden sich darüber freuen und es gerne lesen. Es ist einfach zu schön oder sagte ich das bereits?  Preislich liegt es mit 22,90 Euro auf gehobenem Niveau. Und inhaltlich? Nun, inhaltlich verlange ich mehr für das Geld. Wer möchte sich schon von unausgegorenen Informationen Zeit rauben und die typischen Anfängerfehler frei Haus liefern lassen?

Bei der Lektüre war ich stellenweise völlig perplex und irritiert. Wieso bin ich in der Lage gewesen, mein Wissen rund um Babys erstes Jahr auf den aktuellen und sachlich richtigen Stand  zu bringen? Warum war das den bellybutton-Müttern nicht möglich? Offenbar wurde ich länger gestillt und bin deswegen intelligenter! Und noch dazu ein guter Mensch. Denn ich könnte ja auch sagen – was gehen mich junge Eltern an? Sollen die doch selber sehen, wie sie mit den „guten“ Ratschlägen der bellybuttons klar kommen.

Gute Ratschläge, die gibt es – trotz aller Kritik – tatsächlich. Gefallen hat mir das Kapitel „Was Sie auch noch übers Stillen wissen sollten“ – (abgesehen von ein paar Verbesserungsvorschlägen). Farblich hervorgehoben wird aufgelistet, was insbesondere Erstlingsmütter oder Mütter, die zum ersten Mal stillen, auch praktisch hilft, den Stillalltag zu meistern. Und Pluspunkte haben die bellybuttons bei mir auch gesammelt, weil sie abgepumpte Muttermilch der Gabe von künstlicher Säuglingsnahrung vorziehen. Das ist immerhin die zweitbeste Alternative und in vielen Fällen auch gar nicht anders machbar, z. B. dann, wenn Mütter während der Vollstillzeit in den Beruf zurückkehren. Ein wenig blieb aber der Nachgeschmack hängen, Muttermilch aus der Flasche würde das Leben einer Mutter grundsätzlich bequemer machen, weil es ja so praktisch sei. Ursula Karven ist beispielsweise nachts zum Abpumpen aufgestanden. Alle Achtung! Ich grübele allerdings immer noch nach dem Sinn dieser nächtlichen Pumpaktionen und komme zu keinem vernünftigen Ergebnis. Im Halbschlaf stillen und gleich wieder einschlafen – das nenn ich bequem.

Warum kein Wort fällt zur Gefahr der Saugverwirrung bei der Verwendung von künstlichen Saugern (zum Schnuller gibt es sogar ein eigenes Kapitel, das die Welt nicht braucht!) und der Folge, dass ein Stillstreik daraus resultieren könnte?  Hätte ich das bei meinem ersten Sohn gewusst, ich hätte ihm niemals einen Schnuller gegeben (den er eh nicht unbedingt wollte). Hätte er sich abgestillt, ich wäre todunglücklich gewesen. Und weil ich annehme, dass es anderen Müttern ganz genauso gehen könnte, mag ich mich mit Informationen, die kein Wort über mögliche negative Folgen enthalten, nicht abfinden.

Und warum in aller Welt ist es so schwer, die Stillempfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO korrekt wiederzugeben? Lesekompetenzschwierigkeiten im Hause bellybutton? Es stimmt nun mal nicht, dass nur 6 Stillmonate empfohlen werden. Ursula Karven schreibt, sie hätte sogar 8 Monate gestillt. Glückwunsch, immerhin nur 16 Monate zu wenig!  Die WHO empfiehlt nämlich parallel zur Beikosteinführung wenigstens bis Ende des zweiten Lebensjahres weiter zu stillen. Grund?  Ganz einfach, weil es gesund ist für Kind UND Mutter!

Beikosteinführung. Auch ein Thema, das die Beziehung zum Baby gründlich verderben kann.  Kinderärzte würden empfehlen, frühestens zwischen dem fünften und sechsten Monat den ersten Brei zu servieren. Hm, wie alt ist das Baby dann denn nun? Vier Monate? Wie steht das im Zusammenhang mit der Aussage einige Seiten vorher, mindestens 6 Monate voll zu stillen? Das Thema wird unreflektiert wie das Amen in der Kirche weiter gegeben an junge Eltern, die voller Sorge um ihr Kind gerade Informationen über Beikost aufsaugen wie ein Schwamm.
Ein paar Zeilen später muss ich lesen: „Lassen Sie sich nicht verunsichern, wenn Ihr Baby anfangs versucht, das fremde Zeug wieder loszuwerden. Das ist nur ein Reflex auf das Unbekannte.“ Kein Wort davon, dass dieser Zungenreflex eins der klaren Anzeichen ist, dass das Baby für Beikost noch nicht bereit ist. Hätte ich diese Information bei meinem ersten Sohn gehabt, uns wäre viel Leid erspart geblieben. So habe ich mein Kind gequält und unser gutes Verhältnis aufs Spiel gesetzt. Muss ich extra erwähnen, dass sich das „Expertenteam“ der bellybutton-Mütter sklavisch an die Ernährungspläne zur Einführung von Beikost hält? Doch ich muss. Ruckzuck werden Stillmahlzeiten ersetzt und ein Breirezept folgt dem nächsten. Oder, dass Ursula Karven in einem Erfahrungsbericht erzählt, dass jeder Löffel für ihren Sohn Liam ein Kampf war und dass er bis heute kein guter Esser ist. Muss ich dazu einen Kommentar abgeben? Nee, muss ich nicht!

Das Thema Schlafen ist auch eins, vielleicht das wichtigste, das junge Eltern umtreibt. Werden sie jemals wieder durchschlafen können? Was raten die bellybuttons Gutes dazu?  Nachts abpumpen *g* …  und schreien lassen.  Astrid Schulte erzählt, wie ihr Mann sie regelrecht zwingen musste, ihr Kind auch mal weinen zu lassen. Traurig, so was lesen zu müssen!
Dass Professor Ferber sein „Schlafprogramm“  erst nach dem ersten Lebensjahr anzuwenden empfiehlt und das auch begründet,  haben die bellybuttons entweder ignoriert oder überlesen oder sind der Meinung wie Karlsson vom Dach, das störe keinen großen Geist? Keine Ahnung. Fakt ist, Eltern werden nicht umfassend und sachgerecht informiert, sondern – platt gesagt – überfahren. Sich eine eigene Meinung zu bilden, ist so nicht möglich. Denn es gäbe gute Gründe für das Familienbett. Vor allem, weil es erholsamen Schlaf für alle bringen kann. Ich wäre dankbar gewesen, wenn ich das rechtzeitig erfahren hätte und nicht erst nach drei langen Wochen, in denen mein Neugeborenes allein in seinem Bettchen schlief. Und ich aus lauter Sorge um sein Wohlergehen kein Auge zu gemacht habe.

Wenn Babys Schlaf thematisiert wird, dürfen natürlich die präventiven Maßnahmen zum plötzlichen Kindstod (Sudden Infants Death Syndrom = SIDS) nicht fehlen. Auch hier allerdings wieder nur Halbwahrheiten: „Rauchen Sie nicht. Legen Sie das Kind im Schlafsack in der Rückenlage in sein Bettchen und sorgen Sie für eine angemessene Zimmertemperatur.“ Und – Schnullern schütze vor dem plötzlichen Kindstod. Dazu muss meiner Meinung jedoch ergänzt werden, dass diese Vermutung wahrscheinlich nur dann zutrifft, wenn Kinder nicht gestillt werden und im eigenen Zimmer schlafen. Diese wichtige Information bleibt bei den bellybuttons unerwähnt. Insgesamt betrachtet sind die Informationen zu den Präventionsmaßnahmen gegenüber SIDS im Vergleich zu den  aktuellen Empfehlungen der Gesundheitsbehörden in Deutschland unvollständig. Wer mehr dazu wissen möchte, lese bitte hier: Wissenswertes über den plötzlichen Kindstod

Das Thema Tragen hat keine eigene Überschrift. Es findet sich als Stichwort im Index wieder, das zum Kapitel „Unterwegs mit dem Kinderwagen“ führt. Ich finde allerdings, Tragen ist Körperkontakt und ebenso ein Grundbedürfnis von Babys wie Stillen und Schlafen. Dass Tragen in einem Kapitel über Kinderwagen untergeht, kann ich deswegen nicht positiv sehen. Immerhin werden kurz ein paar rudimentäre Infos zum Tragen aufgeführt und auf eine Internetadresse zu weiteren Infos verwiesen. Der Rest des Kapitels beschäftigt sich mit den Vorteilen von  Kinderwagen-/Jogger-/Buggymodellen. Und Schleichwerbung gehört wohl zum guten bellybutton Stil: „Wir finden den Kinderwagen von Hartan ganz toll.“

Ohne Zweifel enthält das Buch auch viele gute und für junge Eltern interessante Informationen, wenn auch nach meinem Geschmack teilweise zu kurz und oberflächlich. Beispiele (Kapitelüberschriften): Finanzielle Hilfen (wobei das Kapitel „Erziehungsgeld“ bereits Schnee von gestern ist), Working Mum, Ganz der Vater (gut finde ich den ehrlichen Hinweis, dass es in vielen Partnerschaften erstmal kriselt, wenn das Baby da ist), Single-Mütter und -Väter, Krankheiten von A – Z mit Infos, was warum und wann nach STIKO geimpft werden sollte, Entwicklungskalender, Spielen mit dem Baby.

Fazit

Kein Buch, das Eltern als Nachfragende von sachlich korrektem Wissen, wirklich ernst nimmt. Versetze ich mich in die Lage junger Eltern, dann würde ich gerne ein Buch über Babys erstes Jahr lesen, dessen Konzept tipptopp durchdacht ist. Ich erwarte von einem „Expertenteam“ (so die Bezeichnung auf dem Buchrücken), dass es sachlich richtige Informationen liefert, den Gesamtzusammenhang herstellt, also über Ursachen und Folgen aufklärt,  und den Blick für das Wesentliche schärft.
Diesen zugegeben hohen Anspruch zu erfüllen, ist den bellybutton-Müttern aus meiner Sicht misslungen. Darüber hinaus finde ich insbesondere die Empfehlung des  „Schlaftrainings“ von Prof. Ferber inakzeptabel. Sie lässt sich mit dem Rabeneltern-Verständnis von respekt- und liebevollem Umgang mit Kindern nicht vereinbaren. Aus meiner Sicht alles in allem ein minderwertiges Buch und mit solchen Büchern halte ich es wie die Mutter von Annette Bode mit Kindern: „Das wichtigste Gebot für ein einfaches Leben ist Konsequenz“. Ab damit auf die rote Bücherliste!
eulalie

Bewertung: ungeeignet

Gräfe & Unzer (2004)
ISBN-10: 3774219567
ISBN-13: 978-3774219564
Die Autorin ist Ökotrophologin, freie Mitarbeiterin der Zeitschrift Eltern, Mutter von 3 Söhnen; Verlag GU (Gräfe und Unzer)

Bewertung: ungeeignet

Um es gleich vorweg zu nehmen, dieses Buch ist ein wildes Gemisch aus sachlich richtiger Information und zahlreichen Ammenmärchen. Kurz war ich versucht, es in unserer grünen Liste aufzunehmen und mit 1 – 2 Sternchen zu bewerten. Doch nach gründlicher Überlegung kann ich das nicht mit gutem Gewissen verantworten, obwohl Stillen nach Bedarf empfohlen wird und ebenso – „nehmen Sie ihr Baby zu sich ins Bett“. Der Hinweis, Kontakt zu einer Stillgruppe aufzunehmen, sei hier ebenfalls positiv erwähnt. Auch andere Informationen z. B. welche Nährstoffe, wo enthalten sind oder die löbliche Einstellung selber zu kochen, statt auf Fertigfutter zurückzugreifen oder, dass Dauernuckeln am Fläschchen, auch wenn nur Wasser enthalten ist, Karies verursachen kann, sind fundiert und hilfreich für junge Eltern.
Doch quasi im selben Atemzug werden diese guten Ansätze sogleich zu Nichte gemacht und zwar gründlich.

Hier einige Beispiele, mit denen ich meine Bewertung begründen möchte.
Titelbild – ein Baby, das aus dem Fläschchen trinkt. Dicker Minuspunkt. Mich nerven diese Fotos. Wir können gerne eine Diskussion darüber führen – herzlich gerne in unserem Forum!
Gleich auf Seite 3 ist dann klar wie Kloßbrei, wo der Hasi hinläuft – dank des farbenfrohen Ernährungsschemas: nach Vollendung des 4. Monats gibt’s mittags einen Gemüsebrei und im Rezeptteil sind Sage und Schreibe 6 verschiedene Anfangsbreie aufgeführt. Zur Gewöhnung an die Beikost gibt’s den Tipp von Vorgestern: zwischen den Milchmahlzeiten den guten alten Karottenmus zu füttern (Was gibt’s daran auszusetzen? Schaut mal in unsere Rubrik Ernährung/Wissenswertes). Und nach Vollendung des 5. Monats wird das Baby abends mit einen Vollmilchbrei vollgestopft (es sei denn, das Kind ist allergiegefährdet. Diese wichtige Information wird erst am Ende des Buches auf Seite 56 wieder aufgegriffen „Allergie – was ist das?“, allerdings muss man nach Kuhmilch schon gezielt suchen). Und dann wieder das Ammenmärchen schlechthin – „Doch wenn Ihr Kind nachts immer noch viel Hunger hat, Sie regelmäßig weckt und Sie davon allzu erschöpft sind, dann können Sie diesen Brei schon ab dem 5. Monat geben.“

Obwohl Vollstillen befürwortet wird, gibt’s sowohl ein Rezept für einen Magentee, ab dem 1. Tag und einen Beruhigungstee, ab dem 1. Monat. Da scheint es doch eine Problem mit der Begriffsdefinition bei Frau v. Cramm zu geben. Ganz abgesehen davon, dass die Gabe von Tee einen Rattenschwanz von Stillproblemen nach sich ziehen kann.

Ein weiteres Ammenmärchen, das mich persönlich wahnsinnig ärgert, weil es die persönliche Meinung der Autorin widerspiegelt, die – wie allgemein üblich zu sein scheint unter zwielichtigem Expertentum – NICHT als solche gekennzeichnet ist: „Jahrelanges Stillen ist nicht schädlich (…). Doch Ihr Kind löst sich um so schwerer und Sie selbst werden körperlich geradezu ausgelaugt.“ Und an anderer Stelle im Zusammenhang zur Einführung von Beikost: „Schließlich sollte sich auch der ausschließliche Bezug zur Mutter langsam lockern.“ Mal eben kurz vom Hocker behauptet, also doch schädlich? Und wo ist die wissenschaftliche Grundlage dafür? Fehlanzeige! Schadensausmaß: nicht wieder gut zu machen!!

Weiterhin ist Frau v. Cramm der Meinung, ein gesunder Essrhythmus bereits ab einem Alter von zarten 9 Monaten wäre ebenfalls wichtiger Eckpunkt der gesunden Ernährung. Na ja, darüber ließe sich bei älteren Kindern vielleicht streiten, bei Babys ist es meiner Ansicht nach Quatsch. Auch der Tipp, die Kinder abzulenken mit – „Huhu, da kommt ein (Löffel)-Flugzeug geflogen“ oder ähnliche Spielchen, halte ich für eine ganz miese Tour, um ein Kind zum Essen zu bewegen.

Ach so, ich vergaß es fast, auf Seite 6 ist die Gewichtskurve, die auch im gelben Vorsorgeuntersuchungsheft enthalten ist, abgebildet. Nach Frau v. Cramm MUSS das Gewicht innerhalb der Kurven liegen, sonst ist das Kind zu leicht oder zu schwer. Also schon wieder – Ammenmärchen lässt grüßen. Welche unerfahrenen Eltern würden sich hier nicht totale Sorgen machen? Meist unnötige!!! Schaut mal in unserer Rubrik unter Elternsein/Dies&Das – Somatogramm.

Mein Fazit: Babys im ersten Lebensjahr sind Säuglinge, am liebsten nach Bedarf gestillte. Sie brauchen keinen abwechslungsreichen Speiseplan, schon gar nicht bereits ab dem 4. Monat! Einfache Beikost (ca. nach dem 6. Monat, für viele Babys auch erst wesentlich später) möglichst nur wenige sorgfältig ausgewählte Nahrungsmittel, damit u. a. Unverträglichkeiten leichter herausgefunden werden können, der Nährstoffbedarf insbesondere bei nicht gestillten Kindern aber gedeckt ist, und Stillen nach Bedarf oder für nicht gestillte Säuglinge, künstliche Säuglingsnahrung (sog. Folgenahrung ist nicht notwendig!) – und ein gesundes Baby gedeiht prächtig.
Die Vielzahl der Rezepte in diesem Buch, teilweise aufwendig vor- und zuzubereiten, erweckt den Anschein, als wären Babys egozentrische Gourmets, die am liebsten außer Haus in 5 Sterne Restaurants die Speisekarten rauf und runter futtern würden. Hinzu kommen die vielen fragwürdigen Tipps und sachlich falschen Informationen, die dieses Buch so überflüssig wie ein Kropf machen. Deswegen, nicht so viel Zeit mit Kochbücherlesen für Babys – schon gar nicht mit diesem! – oder gar Kochen selbst verschwenden, lieber eine Runde zusammen mit dem Baby Mittagsschlaf machen.

Bewertung von eulalie: Durchgefallen!

Bewertung: ungeeignet

Die sanfte Alternative
Beust 2000

Bewertung: ungeeignet

 

Die drei Autorinnen sind im Bereich Krankenpflege, Geburtshilfe, Erwachsenenbildung, Säuglingskrankenpflege, Pädagogik und Stillberatung als Mitarbeiterinnen im Tweddle Child and Family Health Service, einem Zentrum für frühkindliche Erziehung in Footscray, Melbourne, tätig. Bei soviel geballter Kompetenz bereits im Vorwort wird der geneigten Leserin / dem geneigten Leser schon halb schwindelig. Der Aspekt der Stillberatung wird – um das vorweg zu nehmen – alleine dadurch deutlich, dass auch bei Kleinkindern über 12 Monaten weiteres Stillen erwähnt wird.

Zu Beginn des Buches stehen allgemeine Informationen zum Thema Schlaf. Es finden sich auch Definitionen von Schlafproblemen, ich zitiere:

„Im Allgemeinen kann man bei Säuglingen und Kleinkindern von einem Schlafproblem sprechen, wenn dauerhaft eines oder mehrere der folgenden Anzeichen auftreten:

  • Das Kind wacht häufig auf, obwohl es weder Hunger noch Durst verspürt.
  • Die Schlafphasen währen sehr kurz (nicht länger als eine Stunde.).
  • Das Kind schläft nur ein, wenn es geschaukelt, gefüttert oder liebkost wird.
  • Das Kind schläft spät am Abend ein und wacht früh am Morgen auf.“

Das Ziel der Tweddle-Methode ist es, dass die Kleinen von alleine einschlafen, sich selbst beruhigen, wenn sie vorzeitig oder zwischen zwei Schlafzyklen aufwachen und sich längere Schlafphasen, tags wie nachts, angewöhnen.

Im Unterschied zu „Jedes Kind kann schlafen lernen“ scheint es für die Autorinnen immerhin kein Problem darzustellen, wenn ein Kind jenseits des Alters von sechs Monaten nur nicht durchschläft, auch ist nie von der Schädlichkeit irgendwelcher Nachtmahlzeiten die Rede, aber das war es auch schon an positven Unterschieden. Die Sanftheit der Methode hat sich mir während der ganzen Lektüre, trotz gradueller Unterschiede zu o.g. Bestseller, nicht erschlossen.

Im Kapitel über Babies bis zum Alter von sechs Monaten findet sich folgende Textstelle:

„Schreit ein Baby, wenn es einschlafen soll, dann gewöhnlich bis zu einem gewissen Höhepunkt, den wir Schreigipfel nennen wollen. Diesem Schreigipfel folgen häufig weit kürzere, weniger intensive Ausbrüche. Daraufhin beginnt das Kind, sein Schreien einzustellen und zur Ruhe zu kommen. Eltern nimmt das Schreien ihres Babies vielfach so sehr mit, dass sie den Schreigipfel nicht abwarten.“ (Anmerkung von mir: Wieder so ein dummer Baufehler der Natur! Instinkte sind wirklich eine Fehlkonstruktion, vor allem im Umgang mit Babies.)

Es werden für Babies spezielle Beruhigungstechniken empfohlen, wie das Einwickeln, das Klopfen mit der hohlen Hand (selbstredend liegt das Baby dabei mit von den Eltern abgewandtem Kopf auf der Seite, denn Blickkontakt peppt ja nur unnötig und gibt ein ungewolltes Gefühl von Geborgenheit.), sanftes Schaukeln usw. Das will ich nicht alles verteufeln, aber mich stört, dass diese Techniken innerhalb eines festen zeitlichen Schemas angewandt werden sollen. Was mir auch besonders gut gefällt, ist der Tip für die gestressten Eltern, denen das Weinen des Babys zu nahe geht: „Vielleicht hilft es Ihnen, Ihre Gedanken zu zerstreuen, während Sie Ihr Baby zu beruhigen versuchen. Ablenken können Sie sich, indem Sie zum Beispiel Radio hören.“

Im Kapitel für Babies bis zum Alter von zwölf Monaten finden sich dann Anleitungen zum sog. modifizierten kontrollierten Trösten – klingt toll, oder? Man legt das Kind ins Bett, wünscht ihm eine gute Nacht, verlässt das Zimmer und lauscht 30 Sekunden. Wenn das Baby weint, kehrt man zu ihm zurück und wendet eine der Beruhigungstechniken an. Aber bitte dabei vermeiden, dass das Kind während der Anwendung der Beruhigungstechnik einschläft, sonst gibt es ja keinen Lerneffekt!
Nachdem das Baby erfolgreich beruhigt wurde, aber noch wach ist, verlässt man wieder das Zimmer, um dann nach 2, nach 4, nach 6, 8 und 10 Minuten (natürlich nur, wenn das Baby weint) wieder ins Zimmer zu gehen und Beruhigungstechniken anzuwenden. Diese Methode kann, sofern DIE ELTERN nicht überfordert sind, bis zu einer Stunde am Tag und bis zum Eintritt DES EIGENEN Unbehagens nachts angewendet werden. Später im Kapitel findet sich dann die Aussage:

„Es empfiehlt sich nicht, ein schreiendes Baby länger als zehn Minuten alleine zu lassen. Dadurch gerät es womöglich erst recht aus der Fassung und lässt sich noch schlechter beruhigen. Es geht darum, dass es alleine einschlafen lernt. Dabei helfen Sie ihm am besten, indem Sie klare Schlafbotschaften vermitteln und es trösten.“

Mir wurde nicht klar, wieso ein Baby erst ab zehn Minuten aus der Fassung gerät, aber wahrscheinlich weiß ich einfach nur nicht, warum weinende Babies, mit innerem Blick auf die eingebaute Uhr, sich bis zehn Minuten in der Gewissheit wiegen, sie lernten nur prima schlafen, um ab der elften Minute plötzlich zu verzweifeln.

Im Kapitel für Kinder von ein bis drei Jahren gibt es nichts wirklich Neues, außer der „besonders behutsamen Methode“. Dabei setzt man sich auf einen Stuhl neben dem Bett des Kindes unter Vermeidung von Augenkontakt und Unterhaltung (eine Hand auflegen ist immerhin erlaubt), und bei jedem weiteren Zubettgehen rückt man den Stuhl etwas weiter weg bis zur Zimmertür.

Jedes Kapitel ist mit umfangreichen Tabellen versehen: ein Organisationsplan zur Schlafumgebung, zum nächtlichen Füttern, zum Beruhigen, eine Wochentabelle zur Erfassung des Schlaf- und Essrhythmus´, eine 24-Stunden-Übersicht über Tröstungserfolge……
Fazit: Alte Methode in neuem Gewand. Für mich „Ferber-light“ und damit: Daumen nach unten!

Bianca

Bewertung: ungeeignet

  • Klett-Cotta; Auflage: 15., völlig überarb. u. aktual (Juni 2010)
  • ISBN-10: 3608944001
  • ISBN-13: 978-3608944006

 

 

Bewertung: ungeeignet

Kinder fordern uns heraus – mir liegt schon der Titel quer. Und Dreikurs und Soltz bestätigen denn auch prompt die Assoziationen, die der Titel weckt. Zwar soll es um ein besseres Miteinander von Eltern und Kindern gehen, inhaltlich stellt sich das jedoch anders dar. In den Sechzigern – in denen das Buch erstmals erschien – mag es ein großer Fortschritt gewesen sein, dass Kinder nicht mehr geschlagen werden sollten. Dennoch bleibt der Ansatz, dass die Erwachsenen die richtige Sicht der Dinge haben und dass das Kind sich danach richten muss. Die Grundthese ist, dass Kinder „unerwünschtes“ und/oder „störendes“ Verhalten grundsätzlich an den Tag legen, um Aufmerksamkeit zu erhalten und dass man dem entgegenwirken muss. Dazu gebracht werden soll es nicht mit Strafen, sondern mit den berühmten Konsequenzen.

Eines meiner „Lieblingsbeispiele“: Ein dreijähriges Mädchen will im Schnee spielen, aber keine Handschuhe anziehen und kommt immer wieder weinend an, weil ihm die Hände weh tun. Die Autoren lehnen es ab, dass das Kind irgendwann von der ausrastenden Mutter geschlagen wird, erklären dagegen das Verhalten des Kindes so: Das Mädchen benutzt Hilfosigkeit und Mitleid um Aufmerksameit zu erlangen, und dem sollte man auf keinen Fall nachgeben. Die Eltern sollen das Kind lediglich darauf hinweisen, dass die Handschuhe ihre Hände warm halten; wenn sie das „störende Verhalten“ (!) jedoch nicht ablege, müsse sie eben daheim bleiben.

Wie gesagt, das ist nur eines von vielen Beispielen, bei denen sich mir die Nackenhaare sträubten.

Auch wenn diese Art von Erziehung im Augenblick eine Renaissance erfährt, finde ich es ziemlich bitter, dass dieses Buch immer noch als Standardwerk gehandelt wird und jetzt sogar die zweifelhafte Ehre einer Sonderausgabe erhält.

Bewertung: ungeeignet

Lotta

Heyne (Juli 2004)
ISBN-10: 345387935X

Bewertung: ungeeignet

Dies ist das grausamste Buch, das ich zu diesem Thema gelesen habe, extremer noch als „Jedes Kind kann schlafen lernen“. Herausgegeben wurde es von einem spanischen Kinderarzt, deshalb ist es wohl das bekannteste Schlafbuch in Spanien.

Schlafen ist eine Gewohnheit, so der Autor. Und es hängt von den Eltern ab, ob das Kind gut schläft. So wird von vornherein den Eltern Druck gemacht. Denn wenn die Eltern die Estivill-Methode kennen und sie nicht richtig einsetzen, sind die Eltern für das falsche Schlafen ihrer Kinder verantwortlich. Ein Kind, was das Durchschlafen nicht innerhalb kurzer Zeit gelernt hat, hat dann durch das Fehlverhalten der Eltern lebenslang eine Schlafstörung – Insomnie.

Kinder sollten mit spätestens sechs Monaten ohne Unterbrechung 12 Stunden schlafen. Die Erziehung beruht darauf, dass man positives Verhalten unterstützt, negatives Verhalten ignoriert. „Zu weinen und zu strampeln, um etwas zu bekommen, sind angeborene Verhaltensweisen. – Es ist jedoch ein unangemessenes Verhalten. – Unangemessene Verhaltensweisen werden immer ignoriert.“ – dadurch verschwinden sie. Man legt das Kind ins Bett und verlässt das Zimmer. Abgeraten wird den Eltern vom Vorsingen, in den Arm nehmen, ihm den Schnuller zu geben oder es zur Beruhigung zu Stillen, es ins eigene Bett mitnehmen, ihm was zu trinken zu geben.  Erlaubt sind so genannte Übergangsobjekte: Stofftiere; wenn das Kind einen Schnuller nimmt, sollten viele ins Bett gelegt werden, damit das Kind alleine immer einen finden kann. Eltern sollten eine starke und sichere Haltung einnehmen. Wenn das Kind aus Trotz dann erbrechen sollte(!), wird dies auch insofern ignoriert, als dass ganz in Ruhe das Bett neu bezogen und das Kind gereinigt wird ohne weiter darauf einzugehen. Dann verschwinden die Eltern wieder aus dem Zimmer. Denn: „Wenn ein Kind ein einziges Mal gewinnt, wird die Methode scheitern.“ Fünf bis zehn Minuten sind vor dem Schlafengehen als Geborgenheitsritual erlaubt, „das ist der Moment, in dem die Eltern dem Kind deutlich ihre Zuneigung zeigen“. Danach darf man nie länger als eine Minute im Zimmer bleiben. Ist das Kind dann nicht ruhig, dann „vergessen Sie nicht, dass alles, was das Kind tut, falsch ist – eine unangemessene Verhaltensweise“, die ignoriert werden muss.

So werden die Kinder nicht nur dressiert, den Eltern wird abverlangt, die Beziehung zum Kind aufzugeben und unbeteiligt mit Abstand dem Kind den elterlichen Willen aufzuzwingen. Dreitausend Kinder wurden von Dr. Estivill so erfolgreich behandelt und damit basiert die Methode auf jahrelangen wissenschaftlichen Forschungen. Das Buch liest sich wie eine Satire – aber leider ist es ernst gemeint. Da es das billigste und kleinste Buch zum Thema Durchschlafen ist, ist zu befürchten, dass es viel verkauft und angewendet wird.
Deshalb muss es unbedingt in die dunkelrote Bücherecke!!

Gudrun von der Ohe, Ärztin und IBCLC
Tel.: (040) 81 56 42 / Fax: (040) 82 24 22 89
E-Mail: postfach@stillberatung.info
Internet: 
www.stillberatung.info

Bewertung: ungeeignet

 

Wie Ihr Baby rundrum zufrieden wird und endlich durchschläft.
(nach der amerikanischen Orginalausgabe „On Becoming Babywise“)
ISBN 3-89437-504-3 Preis: 12,95 EUR

Bewertung: ungeeignet

Der Untertitel diese Buches lautet „Wie Ihr Baby rundrum zufrieden wird und endlich durchschläft.“ Besser wäre für dieses Buch jedoch: „Das programmierbare Kind“. Die Autoren beschreiben, dass es in der Niedrigsauerstoff-Umgebung der Gebärmutter weder bewußte noch unbewußte Gedächtnisfunktionen geben kann. Die Funktion des Gedächtnisses und die Entwicklung der Synapsen hänge von hoher Sauerstoffsättigung ab, die erst nach der Geburt mit Einsetzen der Atmung möglich wäre. Mir liegt der Schluß nahe, dass das Neugeborene einer leeren Festplatte entspricht, die es nun von den Eltern zu programmieren gilt.
Nicht nur das o.g. widerspricht neueren Untersuchungen, auch sonst ist das Buch gespickt von Falschinformationen. So bekommt der Leser zu erfahren, dass reife Muttermilch diejenige ist, die jeweils gebildet wird, wenn der Let-Down-Reflex einsetzt. Stuhlgang bei gestillten Kindern sei unabhängig vom Alter alle 7-9 Tage normal. Häufiges Anlegen führe zu Milchmangel, da für eine ausreichende Milchproduktion sowohl die Stimulation als auch der richtige zeitliche Abstand notwendig sei. Der Nährwert der Muttermilch sinke ab dem 6. Lebensmonat. Zwischen der 16. und 24. Lebenswoche sollte mit Brei begonnen werden. Auch unzureichende Qualität der Muttermilch gäbe es, die für schlechtes Gedeihen verantwortlich wäre, – um hier nur einige Beispiele zu nennen.
Es wird gewarnt vor dem Stillen nach Bedarf, aber auch vorm Stillen nach der Uhr. Anschließend wird jedoch das Elterngesteuerte Füttern (EGF) beschrieben, was dann wieder nichts anderes ist, als nach der Uhr zu stillen. Abstände von 3 Stunden sind einzuhalten, man darf in Ausnahmefällen aber mal davon abweichen. Nur so käme es zum Stoffwechselgedächtnis beim Kind und der Hungerstoffwechsel (?) würde stabilisiert und auf gute Weise beeinflußt, Dickwerden würde vorgebeugt. Dieses Vorgehen führe zum Durchschlafen spätestens nach 8 Wochen, dadurch würde zudem der mütterliche Hormonstoffwechsel ausgeglichen und Wochenbettdepressionen kämen nicht vor.
Schreiphasen können 5 bis 45 Minuten andauern. Es wird aber keiner Mutter verübelt, wenn sie schon nach 15 Minuten zu ihrem Baby geht. Allerdings schade 15- bis 20-minütiges Schreien dem Kind nicht. So wäre nach 3 Tagen das Durchschlafen garantiert und alle würden die Eltern um das pflegeleichte Kind beneiden.
Diejenigen, die mit Familien zusammenarbeiten, sollten um dieses Buch wissen. Es ist „mehr als ein Schlaftrainingsbuch“, wie selbst die Autoren schreiben. Bei dieser Vorgehensweise des EGF sind zu anderen Problemen auch noch dystrophe Kinder vorhersehbar. Babys haben das grundlegende Bedürfnis nach Sicherheit, dass nicht – wie die Autoren beschreiben – durch eine strenge Zeitvorgabe, sondern durch das Wissen, dass auf grundlegende Bedürfnisse eingegangen wird, gebildet wird. Die Autoren, von denen sich einer als Arzt ausgibt, sollten sich dringend fortbilden, denn falsches Wissen ist noch schlimmer als Nichtwissen.

Gudrun von der Ohe, Ärztin und IBCLC für Rabeneltern.orgNiflandring 8, 22559 Hamburg
Tel.: (040) 81 56 42 / Fax: (040) 82 24 22 89
E-Mail: postfach@stillberatung.info
Internet: 
www.stillberatung.info

Bewertung: ungeeignet

 

Lernen Sie die Sprache Ihres Babys verstehen.
Mosaik (Oktober 2001)

Bewertung: ungeeignet

Tracy Hoggs wird die Babyflüsterin genannt und es könnte keine missverständlichere Bezeichnung geben, denn der Begriff wird in Analogie zu dem „Pferdeflüsterer“ verwendet.

Unter einem Pferdeflüsterer wird ein Mensch verstanden, der sich eingehend mit Pferden, ihrem Wesen, ihrem Kommunikationsverhalten und ihren Bedürfnissen beschäftigt hat und dann achtungsvoll mit diesen Tieren umgeht.

Die Abkürzung „E-A-S-I“ klingt nach einem „einfach“ durchzuführenden Programm, was sicher einen verführerischen Reiz hat. Von Achtung gegenüber dem Kind kann nirgends etwas gefunden werden bei dem Buch und der Methode von Hogg. Es wird ein rigider Dressurplan aufgestellt, es werden Hinweise zum Stillen gegeben, die sehr schnell zu massiven Stillproblemen bis hin zur Gedeihstörung führen können und es wird eine „one fits all“-Methode propagiert, die keinerlei Raum für individuelle Persönlichkeit lässt und vor allem die Mutter daran hindert, die Äußerungen ihres Kindes tatsächlich zu beobachten und deuten zu lernen.

Alles in allem, kann Tracy Hogg genau so betrachtet werden wie all die anderen Autoren, die Erziehungsmethoden propagieren, die einer Dressur gleichkommen, und damit eine Menge Geld verdienen.

„Gesunder Schlaf“ ist übrigens nicht gleichzusetzen mit ununterbrochenem Schlaf während der Nacht.

Ganz nebenbei bemerkt habe ich in meiner unmittelbaren Nachbarschaft eine Mutter erlebt, die sich genau an diese Methode gehalten hat und damit lediglich erreicht hat, dass sie Sklave des Plans und der Uhr war und ihr Baby innerhalb von weniger als zehn Wochen wegen mangelnder Gewichtszunahme abgestillt war. Glücklich – wie es das Buch verspricht – waren weder Mutter noch Kind.

Denise Both (IBCLC) für Rabeneltern.org

Bewertung: ungeeignet

Oberstebrink-Verlag, Neuauflage bei GU

Bewertung: ungeeignet

Dieses Buch ist eine traurige Widerspiegelung unserer Gesellschaft im Umgang mit den Kindern. Keine Familie wird gefragt, wie liebevoll sie mit den Bedürfnissen ihres Säuglings umgeht. Im Gegenteil, wenn das Baby gerade wenige Wochen alt ist, kommt die scheinbar wichtigste Frage: „Schläft es schon durch?“ Für alle Eltern, die diese Frage mit „nein“ beantworten müssen, stellt sich sofort die nächste Frage: „Was haben wir falsch gemacht?“
Die ersten sechs Monate darf ein Kind nachts noch wach werden, aber dann muß es durchschlafen. So suggeriert es dieses Buch. Richtige Erkenntnisse über den kindlichen Schlaf werden mit Behauptungen vermischt: Kinder müssen ganz alleine einschlafen – ohne Mutterbrust, ohne die Eltern im Zimmer, ohne Schnuller und vielleicht auch noch ohne Schmusetier. Sie haben anscheinend keine Bedürfnisse (zu haben). Denn alles muß beim Aufwachen genauso vorgefunden werden – so die Autoren -, wie beim Einschlafen: die Brust würde aber weg sein, auch die Eltern würden nicht mehr im Zimmer neben dem Bett stehen, der Nuckel könnte aus dem Mund gerutscht und das Plüschtier vielleicht aus dem Bett gefallen sein. Deshalb darf auch nichts davon als Einschlafhilfe verwendet werden.
Es kann natürlich sein, so meine ich, ass ein Kind, was so allein ist, auch schnell wieder in den Schlaf kommt, um dieser schrecklichen Situation zu entfliehen. Ist es das, was wir wollen?
Die nächste fragwürdige Behauptung diese Buches: Kinder scheinen auch in den ersten Jahren ein Zeitgefühl zu haben. Denn es wird empfohlen, das Kind kontrolliert eine bestimmte Zeit (3, 5, 7, 10 Minuten) schreien zu lassen? Oder steht das deshalb so in dem Buch, weil es uns Eltern leichter fällt, das Kind schreien zu lassen, wenn wir nach einer bestimmten Zeit wieder zu ihm gehen dürfen? Ich denke, auf alle Fälle haben Kinder, die jünger als drei Jahre sind, kein Zeitgefühl. Selbst eine Minute kann für sie eine Unendlich-keit sein.
Oft klappt das Ein- und Durchschlafen aber mit dieser Methode. Hat das Kind doch schlafen gelernt? Meiner Meinung nach hat es zumindest etwas anderes gelernt: Mir kann es schlecht gehen, und ich kann schreien: es kommt doch keiner. Es wird in einen depressiven und traumlosen Tiefschlaf fallen. Das bedeutet auch den Verlust des Urvertrauens mit Auswirkungen bis in das Erwachsenenalter. Sollte dies vielleicht ein Grund für die vielen Schlafstörungen in unserer Generation oder der unserer Eltern sein?
„Jedes Kind kann schlafen lernen“ – ich meine: jedes Kind lernt schlafen. Und zwar dann, wenn es für das jeweilige Kind der richtige Zeitpunkt ist. Bis dahin brauchen die Kinder Begleitung in den Schlaf. Noch immer wissen wir nicht genau, was beim Einschlafen passiert, was sich in unserem Gehirn abspielt, ass wir am nächsten Morgen regeneriert aufwachen. Wir können unsere Gedanken bahnen, indem wir beim Einschlafen an beruhigende Dinge denken. Ein Kleinkind kann das jedoch nicht. Es ist auch nicht möglich, mit Absicht immer zu einer bestimmten Zeit wach zu werden. Wäre es so, bräuchte man keine Wecker auf dieser Welt.
Natürlich benötigen viele Eltern Rat, Unterstützung und Begleitung, wenn sie ein schlecht schlafendes Kind haben. Aber ich bezweifle, dass dieses Buch diesen Eltern auf Dauer ernsthaft helfen kann. Einige Beispiele aus dem Buch sollen das deutlich machen:

1. „Erfahrungen aus der Kinderarzt-Praxis“ (Seite 12)
Die Eltern schlafen mit ihren Zwillingen in einem Raum und müssen jeden Abend für die Nacht 17 Fläschchen fertig machen. – Wie schrecklich, vielleicht hätte es geholfen, ein Familienbett zu organisieren?
2. „Welche Probleme können auftreten?“ (Seite 90):
Das Kind von 12 Monaten erbricht, um seine Eltern zu erpressen. – Welche massiven Störungen in der Eltern-Kind-Beziehung müssen vorliegen, wenn ein Kind in dem Alter dazu in der Lage sein sollte? Dieses Buch allein kann den Eltern aus dieser Situation bestimmt nicht heraushelfen.
3. „Schmerzen“ (Seite 140):
Es wird den Eltern empfohlen, dem Kind zum Einschlafen ein Fieberzäpfchen zu geben. Es könnte ja Schmerzen haben, auch wenn nichts gefunden wurde. – Das ist der erste Schritt, alle Probleme mit Medikamenten beseitigen zu wollen und zu einer späteren Medikamenten-Abhängigkeit.

Fazit: Schade für all diejenigen, die fast 15 EUR für dieses Buch ausgegeben haben. Die Investition in das Buch der La Leche Liga „Schlafen und Wachen“ von W. Sears wäre weitaus lohnender gewesen, auch wenn darin keine Patentrezepte zu finden sind. Es gibt nämlich keine! Leider ist das Buch der La Leche Liga kaum in einer Buchhandlung zu finden.

Mit freundlicher Genehmigung der Autorin Gudrun von der Ohe, Ärztin und Still- und Laktationsberaterin IBCLC, Internet: www.stillberatung.info, email: postfach@stillberatung.info

Bewertung: ungeeignet

 

Das Geheimrezept für den Erfolg des Buches steht meiner Meinung nach gleich am Anfang. Frau K-Z. erzählt ihre „Leidensgeschichte“. Ihr drittes Kind schlief in den ersten 7 Monaten täglich nur insgesamt 9 Stunden. Die beiden Geschwisterkinder kamen zu kurz, sie hatte zu wenig Schlaf, war ausgelaugt, ihr Mann – huch, was war jetzt mit dem noch mal? Der wollte sich scheiden lassen und Veronika Ferres heiraten. Ähm. Vorsicht, Gerücht :-). Dann ging sie zur Vorsorge U x, klagte ihrem Kinderarzt und späteren Mitautor ihr Leid, der gerade in den USA war und – ja,ja den Prof. Ferber kennen gelernt hatte. Weia. So nahm die Katastrophe ihren Lauf. Klein Andrea, zarte 7 Monate, wurde behandelt und schlief innerhalb von nur 2 Wochen! durch. Uff. Frau K-Z- fiel es wie Schuppen aus den Haaren – jepp, mit dieser Exclusiv-story wird sie Millionärin. Wie ’s wohl Andrea so geht? Sie wird ihrem eigenen Kind schon nichts antun, oder? Nein. Also: FERBERN!
Übrigens, Frau K-Z. „verteidigt“ sich mit folgendem Beispiel (s. 112 (ausgerechnet die Tel. Nr. der Feuerwehr Wink – wie passend):
Mutter und Kind im Supermarkt. Kind will Schoko. Mutter sagt: Nein! Kind brüllt, schmeißt sich auf den Boden. Mutter hat 2 Möglichkeiten: Sie kauft Schoko doch und Kind freut sich bis zum nächsten Mal. Oder: Mutter ist konsequent, bleibt beim Nein! Kind brüllt den Laden in Schutt und Asche. Leute schauen. Unfähige Mutter. Mutter ist schweißgebadet, aber stolz, nicht nachgegeben zu haben. Nächstes Mal. Wieder keine Schoko und so fort. Kind brüllt beim x. Mal nicht mehr. Bringt ja nichts. Wer würde der Mutter vorwerfen, sie hätte den Willen ihres Kindes gebrochen?
Zitat:
„Viele Einschlaf-Gewohnheiten sind wie Schokolade. Auf Dauer kann es nicht sinnvoll sein, den Kindern zu überlassen, wieviel sie wann davon haben wollen.“
eulalie für Rabeneltern.org

Bewertung: ungeeignet

 

Die Autoren sagen, ein Kind ab 6 Monaten brauche keine Nachtmahlzeit mehr. Wie kommen sie darauf? Jedes Kind ist anders, Stillkinder nehmen im Alter von 10 Monaten noch bis zu 25·% ihrer Tagesmilchmenge in der Nacht zu sich.
Wenn das Kind dann mit 6 Monaten „immer noch“ nicht durchschläft, soll man es erstmal dazu bringen, alleine einzuschlafen: ohne Mamas Brust, ohne die elterliche Nähe. Wie grausam ist das? Die meisten Kinder brauchen einfach noch die Sicherheit der Eltern beim Schlafen und wenn wir ehrlich sind, wenn wir abends gemeinsam mit unserem Partner einschlafen, fühlen wir uns doch auch gut.
Wenn das nicht funktioniert, wird das Kind halt schreien gelassen. Die Eltern sollen aber alle 3,5,7 Minuten ins Zimmer gehen. Warum? Weil es für die Eltern besser ist? Damit nicht der Eindruck entsteht, man vernachlässige das Kind? Ein Kind hat kein Zeitgefühl, es weiß nicht, wann die Minuten um sind. Es weiß nur, dass es in seinem Kummer allein gelassen wird. Es kommt eh niemand. Dann schläft es irgendwann resigniert ein.
Alexander schläft auch nicht immer durch. Er wird zuverlässig durchschlafen, wenn er dazu bereit ist. Das nenne ich Selbstständigkeit.

Janina für Rabeneltern.org

Bewertung: ungeeignet

Gräfe & Unzer, 5. Aufl. (August 2004)
ISBN-10: 3774265852
ISBN-13: 978-3774265851

Bewertung: ungeeignet

Jedes Mal, wenn ich einen Schlafratgeber in die Hand nehme, habe ich die Hoffnung auf eine deutsche Version von Sears‘ „Schlafen und Wachen“ noch nicht aufgegeben. Aber bis jetzt wurde ich immer enttäuscht. So auch dieses Mal (trotz des vielversprechenden Titels!!).

Zwar wird im Gegensatz zum Machwerk von Kast-Zahn / Morgenroth ständig wiederholt, dass die Eltern ihren eigene Weg finden sollen, aber Grundhaltung ist trotz allem: Das Kind muss allein einschlafen. Und das so früh wie möglich. Das Familienbett wird zwar nicht 100%ig abgelehnt, aber praktische Tipps sucht man fast vergeblich (kein Erläuterung zum Babybalkon o.ä.). Zudem vermeine ich den Unterton zu wahrzunehmen: „Sie können ja – wenn Sie unbedingt wollen – Ihr Kind bei sich im Bett schlafen lassen, aber die nötige Erziehung zur Selbstständigkeit erreichen Sie so nicht!“

Wenn alle sanften Wege, die das selbstständige Einschlafen bewerkstelligen sollen, nicht helfen, dann schlagen auch diese Autoren zwei von Prof. Ferber abgeleitete Methoden vor: die so harmlos klingende „Einschlafübung“ und die „Freiburger Sanduhrmethode“. Dieses kontrollierte Schreienlassen soll ab dem siebten Monat keine Schäden hervorrufen, obwohl zu diesem Zeitpunkt die kognitive Fähigkeit zur Objektpermanenz (ein Ding / eine Person ist auch dann noch da, wenn ich sie nicht mehr sehen kann) noch nicht ausgebildet ist.

Mich wundert, dass den Autoren nicht auffällt, wie sehr sie die Bedürfnisse von Kindern ignorieren: Da wird z.B. für Geschwister in gemeinsames Schlafzimmer vorgeschlagen – mit der Begründung, dass sie dann zueinander krabbeln und somit nicht mehr die Eltern in ihrer Nachtruhe stören würden. Arme Einzelkinder, die dann ja nach Ansicht der Autoren zwangsläufig nachts auf menschliche Wärme und Geborgenheit verzichten müssen.

Auch die Beobachtung, dass „die Trennung von Trinken und Einschlafen nur bei den wenigsten Familien ohne Probleme“ (S. 58) gelingt, lässt die Autoren nicht zu dem Schluss kommen, dass z.B. das Stillen eine natürliche Einschlafhilfe ist, die ihre Vorteile hat. Ein Kapitel zum Thema „Wie schläft ein Kind in fremder Umgebung“ ist unnötig für die meisten Mütter, die ihre Kinder so in den Schlaf begleiten. Die Autoren scheinen sowieso keine große Kenntnis vom Stillen zu besitzen: Stillen im Liegen sollte man vermeiden. Und auch das Ammenmärchen, dass Kinder ab sechs Monaten auf die nächtliche Mahlzeit verzichten können, wird geäußert.

Die Autoren lassen jeglichen Blick über den eigenen Tellerrand vermissen. So fehlen z.B. Informationen darüber, wie Menschen in anderen Kulturen ihre Kinder in den Schlaf begleiten.
Vor diesem Hintergrund bekommen auch die an sich hilfreichen Tipps zu Ritualen und Gestaltung des Tagesablaufs einen faden Beigeschmack: Weil es eben nicht um die Interessen der Kinder geht, sondern darum, wie sich Kinder am besten in den Tagesablauf der Eltern einfügen.

Aus diesem Grund: Ab auf die Rote Bücherliste!!

Astrid Ahlers für Rabeneltern.org

Bewertung: ungeeignet

Ein Ratgeber für genervte Eltern

Kösel

Bewertung: ungeeignet

Das Buch kommt auf den ersten Blick sehr nett daher, Frau Prekop spricht viel von Liebe, Festhalten, Sicherheit und Geborgenheit. Sie sieht sich als eine überzeugte Vertreterin der natürlichen Geburt, des Rooming-in, des Tragens im Tragetuch und weist darauf hin, dass es in ursprünglichen Völkern gebräuchlich ist das Baby zum Schlafen bei sich zu haben. Allerdings sieht sie das Schlafen im Elternbett bei uns komischerweise eher als Problem. Da spricht sie dann auch davon, dass sich das Kind zwischen Vater und Mutter drängt, zum Muttersöhnchen wird und überhaupt die Eltern tyrannisiert. Worin denn nun genau der Unterschied zwischen den Kindern bei den ursprünglichen Völkern und unseren besteht, erläutert sie dann allerdings nicht.

In der ersten Hälfte des Buches erläutert sie ihre Sichtweise von Sicherheit und Geborgenheit für ein Baby. Die Sicherheit sei abhängig davon, dass ein Baby die immer gleiche Situation beim Schlafen vorfinde, sprich so aufwache, wie es eingeschlafen ist. Geborgenheit dagegen empfinde ein Baby in der Gegenwart seiner Bezugspersonen, vorab natürlich der Mutter. Aus ihrer Sicht ist es wichtiger, dass ein Baby Sicherheit empfindet. Geborgenheit ist sekundär. Von daher leitet sie über zu den verschiedenen Dingen, die einem Baby ihrer Meinung nach Sicherheit geben: ein immer gleich bleibender Ort zum Schlafen; Rhythmus, am Besten durch eine Wiege oder Hängematte; und das Einwickeln (Pucken) des Babys.

Im zweiten Teil gibt sie Empfehlungen ab, wie das Ein- und Durchschlafen eines Babys oder auch eines älteren Kindes zu erreichen ist. Dabei wird von ihr als Erstes unterstellt, dass Mütter, deren Kinder Schlafprobleme haben, zu wenig selbstsicher sind. Sie spricht da von kindlichen Müttern. Weitere Vorschläge sind, das Kind abzustillen und zuzulassen, dass sich das Kind von der Mutter löst.

Zum Thema Durchschlafen wird dann unter anderem empfohlen, dem Kind auf keinen Fall mehr etwas zu trinken zu geben, sobald es im Bett ist. Beim Baby, das nachts noch Nahrung braucht (nur im 1. Vierteljahr), ist darauf zu achten, dass es auf keinen Fall während des Trinkens einschläft.

Das ganze Buch ist in sich sehr widersprüchlich, viele Informationen (gerade auch zum stillen) einfach falsch und die Lösungsansätze dermassen platt, dass sie schlicht keine Hilfe sind. Zum Beispiel geht sie mit keinem Wort darauf ein, was man machen soll, wenn Baby eben nicht gewickelt in der Wiege einschlafen will, sondern weint.

Ein Buch, das ich nicht weiterempfehlen kann.
Justine

Bewertung: ungeeignet

Schlafen, Wachen, Träumen – Die gute Nacht für Kinder
Herder, Freiburg (1998)
ISBN-10: 3451266113
ISBN-13: 978-3451266119

Bewertung: ungeeignet

Als Erstes: Ich halte dieses Buch nicht in allen Teilen für schlecht. Einige Passagen gefallen mir sogar ausgesprochen gut. Doch die zu kritisierenden Teile fallen so schwer ins Gewicht, dass es hier in der Roten Bücherliste erscheint.

Vom Titel und der Einleitung war ich sehr angetan: Denn hier wird nicht die Auffassung verbreitet, dass alles, was uns Erwachsene stört, gleich eine Störung, ein Problem sein muss. Vielmehr las ich in den Zeilen eine große Neugierde und auch viel Liebe. Als dann das Familienbett positiv dargestellt wurde (wenigstens für die ersten Lebensmonate), dachte ich: Na endlich ein Schlafbuch, das die Bedürfnisse von Mutter und Kind ernst nimmt.

Aber kurz danach dann die erste Irritation, als der Hinweis erfolgt, dass Stillen nach dem 6. Monat keine Vorteile mehr für Mutter und Kind hat. ‚Na ja, Herr Rabenschlag kann eben nicht Experte für alles sein.‘ Aber dann stieß ich immer wieder auf Empfehlungen, die so nicht akzeptabel sind:

  • ab dem Ende des 6. Monats brauche ein Säugling keine nächtliche Mahlzeit mehr;
  • Einschlafen und Füttern (Stillen) sollten getrennt werden, schon ab der Geburt besitze ein Säugling die Fähigkeit einschlafen zu können, ohne gefüttert zu werden (nur: meine Tochter schlief immer an der Brust ein, am Anfang meinte ich auch noch, sie wach zum Schlafen legen zu müssen, aber sie schrie dann immer panisch – zerrüttete Nerven auf beiden Seiten waren das Ergebnis);
  • empfohlener Zeitpunkt für das Abstillen: 6.- 12. Monat.

Folgendes Zitat ließ mich dann endgültig zu der Meinung gelangen, dass dieses Buch auf die Rote Bücherliste gehört:

„Weit verbreitet ist die resignative Reaktion der Eltern [bei Kindern im 2. Lebensjahr], die abendlichen Machtkämpfe dadurch zu beenden, daß sie schließlich ihr Kind mit in ihr Bett nehmen (‚co-sleeping‘).
Eine fatale Entscheidung. Denn erstens verzögern sie damit einen wichtigen Lernprozeß ihres Kindes – oft um Jahre. Zum andern garantiert das noch kein sicheres Durchschlafen, denn das nächtliche Aufwachen wird damit nicht weniger dramatisch. Das ist oft der Zeitpunkt, zu dem Eltern ihrem Kind wieder das Fläschchen geben. Damit aber ‚konditionieren‘ sie die erste hausgemachte Schlafstörung ihres Kindes. Denn es erfährt nun dafür, daß es nicht nachts alleine in seinem Bettchen seinen Schlaf finden muß, eine Belohnung durch Saugen und Nahrung.“
 (S. 84)

Und das schreibt der Autor, nachdem er sehr einfühlsam die psychischen Vorgänge beim Kleinkind erläutert hat. Wie er dann zu solchen Schlussfolgerungen kommen kann, ist mir vollkommen unverständlich.
Und dann als Höhepunkt (oder sollte ich besser sagen Tiefpunkt) die Freiburger Sanduhrmethode – eine Abwandlung der Ferber-Methode. Immerhin erfolgt hier die Einschränkung, dass die Methode frühestens nach dem 12. Monat anzuwenden sei, wenn das Kind ein sicheres Verständnis der Objektpermanenz besitze.
Auch die durchaus guten Tipps für ältere Kinder bis hin zur Pubertät können diese Mängel nicht mehr aufwiegen.

Daher meine Bewertung: Ab auf die Rote Bücherliste!!!
Astrid Ahlers

Bewertung: ungeeignet

 

Bewertung: ungeeignet

Kurzbeschreibung:
Klappentext: Höchste Zeit, dass dem ewigen schlechten Gewissen berufstätiger Mütter ein Ende gemacht wird: Kinder brauchen Mütter mit eigenen Interessen.

Die Autorin, Frau Schneider, spaltet die Mütter, obwohl sie vorgibt, dieses gerade nicht tun zu wollen. Der „Mythos Mutter“ wird von ihr unter die Lupe genommen. Mütter, egal, ob „nur“ Hausfrauen oder berufstätig, sind immer schuld. Schuld, wenn ihre Kinder verhaltensauffällig sind, schlecht in der Schule, kriminell oder einfach nur normal, zu kritisieren gibt es immer etwas. Mütter sind nicht solidarisch untereinander, nein, sie fallen höchst persönlich über die jeweils andere her. Rabenmutter. Übermutter. Je nach dem, aus welcher Perspektive sie sich und andere betrachten. So weit so gut. Ich habe mir das Buch gekauft, als ich mit meinem ersten Sohn schwanger war und noch zustimmte, ja – gute Mütter arbeiten, was sonst? Ich bin schließlich emanzipiert, habe studiert, in meinem Beruf Erfolg, ich lasse mich nicht hinter den Herd zwingen. Nach der Geburt kam alles anders, und heute sehe ich die Welt mit differenzierterem Blick. So könnte ich nur milde lächeln über folgendes Zitat aus dem Buch von Frau Schneider, wenn es nicht so traurig wäre:
„Für viele Mütter dagegen ist es schwer zu akzeptieren, dass ein Baby lediglich verlässliche Bezugspersonen braucht und nicht so sehr ausschließliche Bemutterung. Es gibt Mütter, die möchten ihr Baby gar nicht teilen. Weil es offenbar für viele ein angenehmes Gefühl ist, wenn der kleine Mensch nur auf sie fixiert ist. Und so sind viele Mütter gar nicht so sehr davon angetan, dass ihre kleinen, süßen Lieblinge die Gesellschaft anderer ebenso schätzen könnten wie die ihrer aufopferungsvollen Mama.“ Abgesehen von der Aussage, allein den ironischen Ton empfinde ich für ein Buch, mit dem Anspruch Sachbuch zu sein, völlig daneben. Meiner Ansicht nach wird von der Autorin der Mythos der Übermutter geschürt, die nicht loslassen kann, zum Schaden ihrer Kinder, zum Schaden ihrer selbst.
Noch ein Zitat:
„Mütter, die Liedloff gelesen hatten, trugen ihr Kind pausenlos in einem Tuch am Körper, nahmen es nachts mit ins eigene Bett und flitzten bei jedem Pieps, um zu erforschen, was dem Kleinen fehlt. Ich kenne Mütter, die das derart ausufernd praktizierten, dass sie selbst nach einiger Zeit völlig unkonzentriert, hektisch, vernachlässigt und übermüdet herumliefen.“
Komisch, man kann zu Liedloff sicher unterschiedlicher Auffassung sein, gerade die hier von Frau Schneider aufgeführten Punkte Tragen und Familienbett haben bei mir jedoch dazu geführt, dass ich vergleichsweise zufriedene Kinder habe, eigentlich immer gut gelaunt und ausgeschlafen bin, wesentlich fitter und schicker aussehe, als so manche Mutter, die täglich mit ihrem Baby kämpft, dass es endlich alleine einschläft und am besten auch durch, endlich vernünftig isst, sich endlich mal 5 Minuten mit sich selbst beschäftigt, ohne zu quengeln, etc. pp. Aus meiner Sicht ist eine Mutter, die sich dafür entschieden hat, ihr Kind nach Bedarf zu stillen, solange unersetzbar aus Sicht!!! des Säuglings – auch durch den Vater nicht -, solange das Baby von sich aus keine Beikost akzeptiert. Diese Art von Mutter und Kind – Symbiose ist von der Natur so gedacht, und nicht nur das Beste für das Kind, sondern auch für die Mutter. Diese Tatsache ist nicht wegzudiskutieren und noch weniger mit fragwürdigen (!) Studien zu beweisen, die von vornherein so angelegt waren, eben genau diese Symbiose zu widerlegen. Absurd. Viel mehr hielte ich es für eine echte Errungenschaft der so genannten Frauenbewegung, wenn unsere Gesellschaft endlich akzeptieren würde, dass nur Frauen die Fähigkeit haben, Kinder zu gebären und sie in den ersten Monaten zu stillen, wann immer Babys das verlangen (und sehr viele würden am liebsten nur bei ihrer Mutter am Busen schmusen dürfen). Also alles nur eine raffinierte Diffamierungskampagne neidischer Männer, der Frau Schneider auf den Leim ging? Wer weiß? Ich möchte hier eins deutlich klar stellen: Frauen sollen außer Haus arbeiten, aus meiner Sicht am liebsten in qualifizierten Berufen, die ihnen eher einen hohen Freiheitsgrad und Freude an der Arbeit bieten, guten Verdienst, selbst noch bei Teilzeitarbeit, möglicherweise die Chance, eine Führungsposition zu übernehmen. Ich bin sehr dafür, und glaube genauso wenig wie die Autorin, dass Berufstätigkeit generell Kindern schadet. Das tut sie sicher nicht. Voraussetzung allerdings ist, die Bedürfnisse des Kindes nach Nähe der Mutter in den ersten Lebensmonaten zu achten und sie zu befriedigen, anstatt durch lächerliche Studien eine Ideologie nach dem Motto – Kinder brauchen berufstätige Mütter, um glücklich groß zu werden, aus dem Boden zu stampfen. Kein Wort davon, dass Mütter mit Kindern, die eine Weile nur für ihre Kinder da waren und sich gegen Berufstätigkeit auf Zeit entschieden haben, eine Bereicherung sein können für jede Firma, für jedes Unternehmen. Kein Wort an Politik und Wirtschaft gerichtet, Bedingungen zu schaffen, die Frauen nach der Elternzeit ohne Wenn und Aber den Wiedereinstieg in den Beruf ermöglichen, so dass sie nicht ständig in Sorge sein müssen, den Anschluss zu verpassen und in die Defensive gedrängt zu werden, Abstriche machen zu müssen hinsichtlich Stellung in der Unternehmenshierarchie und des Verdienstes.
Trotz einiger positiver Anregungen und Thesen, die im Buch enthalten sind: Insgesamt ist der Tenor pro arbeitende Mutter viel zu wenig differenziert und zeugt von geringem Einfühlungsvermögen und oberflächlicher Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge über das, was uns ganz elementar als Menschen ausmacht. Ich will nicht zurück in die Steinzeit, aber ich will mein Kind erst dann loslassen dürfen, wenn die Zeit dafür reif ist. Einen Schritt nach dem anderen machen dürfen, ohne als Übermutter tituliert zu werden, die die Wurzel allen Übels ist. Was unsere Welt dringend braucht, sind psychisch gesunde und glückliche Menschen. So, wie sich das Frau Schneider vorstellt, wird es immer so bleiben, wie es immer schon war – Sodom und Gomorrha, Rote Karte für Regine Schneider von eulalie.

Bewertung: ungeeignet

 

 

Butzon & Bercker (2011)
ISBN-10: 3766614762
ISBN-13: 978-3766614766

Bewertung: ungeeignet

„Unsere Eltern und Großeltern folgten oft noch ganz klaren Regeln, wie z.B. alle vier Stunden füttern oder ein Kind sich ruhig auch mal in den Schlaf weinen lassen. Auch heute noch können solche Regeln den Eltern eine Orientierung bieten und helfen, eine klare Haltung zu finden.“ (S. 10) Schon hier wird deutlich: Im Dschungel der Ratgeberliteratur für junge Eltern gehört dieser Titel aus der ansonsten empfehlenswerten Reihe „Familie ist lebenswert“ zu den entbehrlichen.

Beim Versuch, Eltern in der ersten Säuglingszeit zu unterstützen und sie zu ermutigen, sich nicht aus dem Blick zu verlieren und ihren eigenen Familienweg zu finden, schießt die Autorin leider übers Ziel hinaus. Denn die Bedürfnisse eines Säuglings sind nicht verhandelbar: Sicherheit und Geborgenheit sind unabdingbar für die Ausbildung eines gesunden Selbstwertgefühls. Ratschläge wie die, dem Säugling mit wenigen Wochen nachts keine Nahrung mehr zu geben und ihn sich in den Schlaf weinen zu lassen, wirken dem entgegen. Der Rat, dass das zum Schlafen gelegte weinende Baby nicht hochgenommen werden solle, wird damit begründet, dass es sonst lerne „wenn ich weine, bleibe ich nicht alleine“. Spätestens hier wird klar, dass dieser Mangel an Vertrauen in die Sozialisationsfähigkeit des Kindes, an Weitsicht und an Menschenfreundlichkeit auch durch die hilfreicheren Ansätze zur Lebensgestaltung und zur Paarbeziehung nicht ausgeglichen werden kann und Eltern wie Kindern das Leben unnötig schwer machen würde.

Dass die Autorin neben der Verteidigung von Ratschlägen wie Füttern in Vier-Stunden-Abständen und Weinenlassen auch immer wieder betont, jede Familie müsse für sich entscheiden, liberalisiert die Herangehensweise nur vordergründig, denn letztlich wird vor bedürfnisorientierter Erziehung nur gewarnt. Einzelne Fehlinformationen etwa zum Stillen nach Bedarf und zur vermeintlichen Unvereinbarkeit von Stillen und Berufstätigkeit fallen gegenüber dieser Grundsatzentscheidung kaum noch ins Gewicht. Dieser Titel verdient eine ausdrückliche Warnung.

Annette Jantzen

Bewertung: ungeeignet

 

Neueste Ausgabe vom GU-Verlag (2009), rezensiert wurde eine ältere Ausgabe

Bewertung: ungeeignet

Allein der als Qualitätsmerkmal gedachte Hinweis „Über 1 Mio. Mal verkauft“ auf der Titelseite war schon ein Grund für mich, das Buch als unerfahrene junge Mutter zu kaufen. Dann noch das Schlagwort „natürlich“ – das passte genau zu meinen Vorstellungen von ein bisschen alternativ, nicht mainstream, nicht chemisch.
Ich werde es mir nicht anmaßen, über die homöopathischen Heilmethoden und die Haltung zum Impfen in diesem Buch ein generelles Urteil abzugeben. Könnte ich gar nicht. Einige Tipps erwiesen sich für uns auch als durchaus alltagstauglich (z.B. Zwiebelsäckchen auf die Ohren bei Ohrenschmerzen).
ABER: Wenn ich lese, was der gute Dr. Stellmann auf S.11f, S.26 und besonders auf S. 102f zum Stillen von sich gibt, sträuben sich mir die Nackenhaare, besonders wenn ich an die über 1 Million verkauften Exemplare denke!
„In der ersten Zeit legen Sie Ihr Kind täglich sechs- bis achtmal an – je nach Verlangen. Nach sechs Wochen sollten Sie es langsam an einen Vierstundenrhythmus (plus/minus eine halbe Stunde) gewöhnt haben. Den Zeitaufwand für das Stillen sollten Sie Schritt für Schritt auf jeweils eine Viertelstunde reduzieren, nicht nur aus Gründen der Zeitersparnis, sondern auch, um zu verhindern, dass Ihr Kind mit der empfindlichen Brustwarze spielt; dadurch könnte eine Brustentzündung entstehen.“ (S.11) Mehr dumme Klischees, irreführende Tipps und babyferne Theorien könnte man gar nicht in so eine kurze Passage packen. „Nach Verlangen“ stillen Neugeborene bei Weitem häufiger als sechsmal am Tag, und im Alter von sechs Wochen ist das nicht unbedingt anders. Das mathematisch rigide Vorgeben von Stillhäufigkeit und Dauer lässt sich mit nichts begründen – am allerwenigsten mit dem Argument, dass man dadurch Brustentzündungen vorbeugen kann. Ich hatte gerade deshalb zwei unangenehme und nur mit Antibiotika behandelbare Milchstaus, da ich mich an derartige Tipps hielt und mit Müh und Not und der Taschenuhr in der Hand meinen kreischenden Säugling auf einen Dreistundenrhythmus bringen wollte – Herr, wirf Hirn vom Himmel! Das hat nichts mehr mit Stillen zu tun!
Seine Tipps zur Steigerung der Milchmenge sind entsprechend realitätsfremd (S.26).
All seine Weisheit zu diesem Thema gipfelt auf S. 102 in der Überschrift „Frühe Entwöhnung – damit Ihr Kind durchschläft“. Seine Thesen widersprechen nicht nur unseren Erfahrungen, sondern auch unseren Überzeugungen. Der Tipp „Zunächst geben Sie Ihrem Baby anstelle der Brust Fenchel- oder Kamillentee (…) – was natürlich auf Protest stößt, doch es hilft nichts, Sie müssen der Stärkere bleiben“ mag in einem gewissen Alter (Kleinkind?) unter Umständen seine Berechtigung haben. Aber nicht bei kleinen Babys („je früher, desto einfacher“), auf die Dr. Stellmanns Ausführungen abzielen. Es ist völlig natürlich, dass ein Säugling auch in der Nacht noch Nahrung und den Trost des Stillens braucht, ein Umstand, den Dr. Stellmann durchaus auch erkennt – aber als etwas betrachtet, was man dem Baby so bald wie möglich abzugewöhnen hat.
Dass diese empfohlene, frühe Entwöhnung nicht glatt und einfach verlaufen kann, ist auch dem Autor klar, doch auch dafür hat er noch einen Tipp auf Lager: „Natürlich kann durch Ihren Arzt dieser Prozess medikamentös unterstützt werden.“ (S.103) – Nein danke!
Molly

Bewertung: ungeeignet

Die sanfte Schlafkur für dein Baby
Beltz-Verlag, 1. Auflage 2008
ISBN 978-3-407-85852-8

Bewertung: ungeeignet

Anna Wahlgren, selbst mehrfache Mutter und im Umschlagstext als „Schwedens populärste Kinderexpertin“ beschrieben, richtet ihr Buch an Eltern, denen Schlafprogramme nach Art von Kast-Zahn zu grausam sind. Wahlgren lehnt diese Programme als herzlos und nicht sehr wirksam ab und stellt als Alternative ihre eigene Methode vor, die zu 100% wirksam sei. Doch hat sie wirklich eine liebevolle Methode anzubieten?

Das Buch suggeriert, dass es für Schlafprobleme von Kindern und Babys eine einfache und wirkungsvolle Methode gebe, die bei jedem Kind funktioniere. Schlafprobleme werden dabei sehr weit definiert: Als normal gilt, wenn ein Kind nachts 12 Stunden durchschläft. Diese 12 Stunden gelten für Kinder ab dem 4. Lebensmonat bis zum 12. Lebensjahr. Wahlgren postuliert ein Recht der Eltern auf eine ungestörte nächtliche Pause vom Kind und legt fest: Kinder, die weniger schlafen und deren Eltern haben ein Problem! Sie zeichnet Schreckensbilder von übernächtigten, blassen und dauermüden Kindern, deren gestresste, unglückliche und ebenfalls dauermüde Eltern nicht mehr ein noch aus wissen. Und sie erzählt zahlreiche Fallgeschichten, die alle das gleiche Happy End haben: Die Leidenden lernen Wahlgrens Durchschlafkur kennen, führen sie durch und werden zu glücklichen Familien. Dabei merkt Wahlgren wiederholt an, dass nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder ein Recht auf einen 12 Stunden währenden ununterbrochenen Nachtschlaf hätten. Ihrer Meinung nach sind Kinder, die zu wenig schlafen, unglücklich, in ihrer Entwicklung gefährdet und auf Dauer nicht gesund.

Nachdem die Autorin den Leserinnen klar gemacht hat, dass eine Schlafkur dringend nötig ist, legt sie ihre Theorie dar: Kinder schlafen schlecht, weil sie Überlebensangst haben, die gelindert werden muss. Um diese angeborene Angst zu lindern, hat Wahlgren drei Strategien: Essen, starre Zeitpläne und Sicherheit vermittelnde Maßnahmen, die sie entwickelt hat und die sie Werkzeuge nennt.
Die Durchschlafkur beginnt folgerichtig damit, dass man den Schlafbedarf des eigenen Kindes anhand der im Buch enthaltenen Alterstabelle festlegt. Dann wird überlegt, wie viel das Kind tagsüber schlafen soll und die restliche Zeit wird als Nachtschlaf festgelegt. Für den Tag stellen die Eltern nun einen Plan auf, in dem Mahl- und Schlafzeiten festgelegt werden. Stillen nach Bedarf hält Wahlgren nach dem 4. Monat für unsinnig. Ebenso unsinnig findet sie die Idee, ein Kind könne selbst bestimmen, wie viel oder wann es schlafen oder essen wolle. Nach Wahlgrens Rat müssen Kinder nicht nur im eigenen Bett sondern auch in einem völlig abgedunkelten Zimmer schlafen.

Dem Einwand, dass ein Plan, von dem nicht mehr als 15 Minuten abgewichen werden dürfe, die Familie in Stress bringe, entkräftigt Wahlgren: Erholsamer Schlaf sollte uns Eltern schon einiges wert sein, schließlich sei er so wichtig! Außerdem sei ein nach Zeitplan lebendes Kind praktisch, denn die Eltern wissen vorher genau, wann es schlafen und essen müsse und können so den eigenen Tag besser planen. Wahlgren trifft den Nerv unserer Zeit wohl sehr genau, denn sie entwirft die Idee eines planbaren Kindes mit kontrollierbaren Bedürfnissen. Wie passend, dass sie mit ihrem „Werkzeugkasten“ gleich das Werkzeug zur Reparatur mitliefert, falls das Kind nicht wie geplant funktioniert.

Der „Werkzeugkasten“ enthält die von Wahlgren entwickelten Maßnahmen, die dem Kind (und den Eltern) zu ungestörter Nachtruhe verhelfen sollen: verschiedene Methoden, ein Kind nach dem Schlafenlegen im Bett (auf dem Bauch liegend) festzuhalten und rhythmisch zu drücken, ruckartiges Kinderwagenfahren und schließlich die „Gute-Nacht-Leier“, ein immer gleicher Spruch, der dem Kind aufgesagt werden soll, falls dieses nachts wach wird. Während die anderen Methoden nur übergangsweise angewendet werden sollen, soll die „Leier“ nach der Kur allein bewirken, dass das Kind weiterschläft. Bei genauerer Betrachtung geht es hier also genauso um Konditionierung des Kindes wie beim kontrollierten Schreienlassen. Das Kind wird nicht getröstet (Wahlgren macht sich wiederholt über Eltern lustig, die meinen, ihr nachts weinendes Kind brauche Trost), sondern mit genau vorhersagbaren Methoden davon überzeugt, dass es weiterschlafen soll. Die entwickelten Methoden wirken dabei sehr eigenwillig, als liebevoll können sie aber kaum bezeichnet werden. Ein so behandeltes Kind wird vielleicht lernen die Eltern nachts nicht mehr zu behelligen, zu bezweifeln ist aber, dass es dies tut, weil es sich sicher fühlt.

Fazit: Wahlgren schlägt zwar nicht vor, Kinder nachts schreien zu lassen, aber ihre Methode hat doch viele Ähnlichkeiten mit bekannten Schlafprogrammen: Auch Wahlgren hat normative, mit wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht übereinstimmende, Annahmen über den kindlichen Schlaf, vor deren Hintergrund sie „Schlafstörungen“ verhaltenstherapeutisch behandelt. Dabei arbeitet Wahlgren mit rigiden Zeitplänen und merkwürdigen körperlichen Behandlungen. Besonders unangenehm ist es, dass sie ihre eigene Expertenrolle immer wieder betont und Eltern als unwissend und fehlgeleitet abqualifiziert, die versuchen, die Bedürfnisse ihrer Kinder ernst zu nehmen. Sie schwächt damit elterliche Intuition und schafft Verunsicherung. Auch vor diesem Hintergrund ist das Geld besser in Sears‘ Buch Schlafen und Wachen investiert.

Dr. Katja Rose

Die Rezension erschien auch in der Zeitschrift „Unerzogen“:
http://www.unerzogen-magazin.de/aktuelle_ausgabe/?view=ad&aid=87

Wir danken für die freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung.

Bewertung: ungeeignet

Warum Erziehung nicht reicht – Auswege
GÜTERSLOHER VERLAGSHAUS (2009)
ISBN-10: 3579068997
ISBN-13: 9783579068992

Bewertung: ungeeignet

Die Tyrannen-Bücher von Michael Winterhoff sind Bestseller, und es ist fraglich, warum. In „Tyrannen müssen nicht sein“ beschreibt er Kinder in schwer gestörten Familiensystemen eben als „Tyrannen“ und identifiziert nach einem einfachen Schema drei Arten der Bindungsstörungen, die vom Erwachsenen ausgehen und das Kind an einer normalen Reifeentwicklung hindern.

Offenbar wird diese Beschreibung, die so oft wiederholt wird, bis sie tatsächlich ein ganzes Buch füllt, weithin als „Erziehungsratgeber“ missverstanden. Dabei wird das Buch den allermeisten Familien nicht hilfreich sein: In so gestörten Familiensystemen ist es mit der Lektüre eines Buches nicht getan, zumal sich eine solche Störung nicht einfach anhand weniger plakativer Merkmale identifizieren lässt. In intakten Familien wird das Buch schaden statt nützen, weil Winterhoff (kleinen) Menschen wenig zutraut, am wenigsten Sozialität. Er setzt stattdessen darauf, dass man sozial angemessenes Verhalten durch viel Lob bzw. deutliche Abweisung und das fortwährende Klarstellen von Hierarchien erst ganz allmählich hervorbringen könne – eine Auffassung, die mit einem respektvollen Umgang mit Kindern nicht zu vereinbaren ist.

Annette Jantzen

Bewertung: ungeeignet