Von dem, was uns zusammenhält.

Verlag: Beltz; Neuausgabe 2011
ISBN-10: 3407229224
ISBN-13: 978-3407229229

Bewertung: 3 von 5 Raben Bewertung: 3 von 5 Raben

Wolfgang Bergmann ist mittlerweile bekannt für seinen Blick auf Kinder, der sich deutlich von denen unterscheidet, die Kinder hauptsächlich als zu konditionierende Wesen ansehen, für deren Erziehung sie Patentrezepte bereitstellen.
Bergmanns Credo, das er auch in diesem Buch schlüssig und engagiert vorträgt, ist vielmehr: Ein Kind muss gesehen werden, es muss seinen Eltern wichtig sein, es braucht Eltern, die mit ihm die Welt entdecken und wirklich mit ihm in Beziehung treten wollen. Er kritisiert vehement Strukturen in Wirtschaft und Gesellschaft, die diese Aufgabe der Familie erschweren und bedrohen. Bergmanns Kernaussagen sind so einfach, dass allein der Umstand, dass sie überhaupt getätigt werden müssen, ein Gradmesser dafür ist, wie wichtig sie sind: Dass Kinder Beziehung brauchen und Anteilnahme, nicht Bewertung und Konditionierung. Dass sie klare, verlässliche Eltern brauchen, und vor allem deren unerschütterliche Liebe. Er stellt sie in seinem Rundgang durch die Erfahrungswelt von Eltern und Kindern anschaulich dar, in gut verständlichen, kurzen Kapiteln, die jeweils auch für sich lesbar sind.
Problematisch ist indes sein Familienbild, das auf biologistischen Annahmen aufbaut: So recht er hat, dass Eltern als verlässliche Bindungspersonen unersetzlich sind, so fraglich ist doch, ob dies wirklich nur in einer klassischen Rollenverteilung erreicht werden kann. Es wirkt dabei auch unplausibel, wenn er einerseits schlüssig aufweist, dass Scheidungskinder unter der Trennung der Eltern leiden, ebenfalls feststellt, dass die meisten Trennungen von der Frau ausgehen, und dass zugleich, trotz dieser beiden Beobachtungen, eine gleichberechtigtere Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit so gar nicht zu seinem Forderungskatalog gehört. Es ist dem Autor voll und ganz zuzustimmen, dass für Kinder klassisch „mütterliche“ und „väterliche“ Rollen bei ihren primären Bezugspersonen besetzt sein müssen. Aber es ist zu hinterfragen, dass er diese Rollen strikt an das Geschlecht der beiden Elternteile knüpft.
Weil die Erinnerung an die existentielle Notwendigkeit des liebevollen Blicks auf Kinder so wichtig ist und in der Hoffnung, dass Eltern in anderen Rollenverteilungen als der klassischen selbstbewusst genug sind, sich, wenn sie ihre Wahl verantwortungsvoll getroffen haben, nicht von diesen Aussagen verunsichern lassen, sei der Titel trotzdem empfohlen, dieses Mankos wegen allerdings nur mit 3 Raben.

Bewertung: 3 von 5 Raben Bewertung: 3 von 5 Raben

Annette Jantzen

So gelingt Erziehung heute

ISBN-10: 3407858795
ISBN-13: 978-3407858795

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Zunächst einmal grenzt sich Wolfgang Bergmann deutlich von Michael Winterhoff und seinem ersten Buch „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“ ab: Kinder, so Bergmann, sind von Anfang an auf das Eingehen von Beziehungen hin ausgerichtet, und sie müssen zu “angemessenem” Verhalten nicht extra konditioniert werden. Er setzt sich auch mit dem gesellschaftlichen Klima auseinander, in der ein solcher Titel ein Bestseller werden kann: ein Einspruch gegen den Ruf nach immer mehr Zucht und Ordnung in der Kindererziehung.

Dabei leugnet er Fehlentwicklungen nicht, erklärt sie aber nicht mit einer absurden Häufung schwerer seelischer Störungen, sondern mit Blick auf die gesellschaftlichen Ursachen: Wenn Kinder in einer als unsicher empfundenen Welt die Garanten von Glück und Stabilität in der Familie sein sollen, werden sie überfordert. Bergmann verweist die Eltern in seinem flüssig geschriebenen Buch darauf, nicht nur in der Elternrolle aufzugehen und sich nicht nur über ihre Kinder zu definieren, sondern sich an ihren Kindern zu freuen. Er vermittelt einen entspannten Blick auf Kinder und ermutigt zu kreativen Lösungen von Konflikten.

Bisweilen bedient er Klischees und gibt Anregungen, die sicher nicht für jede Leserin praktikabel sein werden. Die Stärke des Buches liegt darin, Eltern insgesamt einen positiven Blick auf ihre Familie werfen zu lassen, nicht in einzelnen „Tricks“, mit denen man den Nachwuchs möglichst effektiv erziehen könnte. Von daher ist es eher ein Titel zur Erinnerung und Vergewisserung für „Fortgeschrittene“ in Sachen Gelassenheit und gleichwürdigem Umgang, es ist aber zu hoffen, dass es auch einem breiteren Publikum neue Lust aufs Familienleben vermittelt.

Trotz mancher Weitschweifigkeit bekommt der Titel von mir fünf Raben.

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Annette Jantzen

rororo; Auflage: 4 (1. Februar 2006)
ISBN-10: 3499619970
ISBN-13: 978-3499619977

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Kinder, die ohne Mutter aufwachsen sind zu bedauern. Wer würde da widersprechen?! Dürfen Mütter wenigstens zeitweise ihren Interessen nachgehen, ohne Kind am Rockzipfel und ohne dass es psychisch Schaden nimmt? Zuweilen verbissene Diskussionen zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ab welchem Alter Kinder reif für familienergänzende Betreuung sind, finden auch in unserem Rabeneltern-Forum statt. Mütter stehen dabei im Fokus der Kritik, während von Vätern zumeist nur selten die Rede ist, wenn überhaupt. Mütter, ob mit oder ohne Partner, teilen scheinbar gottgegeben  ein gemeinsames Schicksal – sie tragen überwiegend die komplette Verantwortung für den Nachwuchs. In unseren (deutschen (?)) Köpfen ist offenbar auf Gedeih und Verderb verankert – Mutter ist die Beste! Kommt da dieses Buch gerade zur rechten Zeit?

Für Frank Beuster, Lehrer in Hamburg und Vater von zwei Söhnen, steht vor allem die Welt der Jungs Kopf. Sein Buch ist ein Buch über Kinder und ihre Väter. Alle Kinder brauchen Mutter UND Vater, betont Frank Beuster. Das Dieses Buch thematisiert jedoch ausdrücklich die Situation der Jungs.

Um euch einen Eindruck von den angesprochenen Themen zu vermitteln, zitiere ich einfach die Hauptüberschriften:

Männliche Sozialisation bei Männermangel

Fast ausschließlich Frauen sind es, die sich um Kinder kümmern – die Mutter, die Tagesmutter, die Erzieherin, die Lehrerin –  bis Mädchen und Jungen in die weiterführende Schule kommen. Das ist keine neue Erkenntnis. Was aber bedeutet diese einseitige Ausrichtung auf das Weibliche für Jungs?

Wann ist ein Mann ein Mann?

Frank Beuster geht davon aus, dass Jungs wissen wollen, wie Männer ticken (genauso wie Mädchen analog dazu sich am Weiblichen orientieren). Dazu gehört Alltägliches wie das Pflegen des Körpers, die Rasur, das Einkleiden, das Verhalten von Männern unter Männern, der Umgang mit Frauen und, ganz wesentlich, wie reagieren Männer auf Stress und Konflikte, was ist mit Gefühlen? Jungs brauchen positive männliche Vorbilder. Der erste Mann auch im Leben von Jungen ist der eigene Vater!  Jungs brauchen, und das können Mütter beim besten Willen nicht leisten,: z. B.

  • starke aktive Väter
  • Väter mit Haltung, an denen sie sich reiben können
  • eine verständnisvolle männliche Aufsicht über ihr Leben
  • Herausforderungen
  • Grenzen
  • Orte für Männer

Erster, Zweiter, Loser

Jungs lieben es, sich zu messen. Erster zu sein scheint ihnen überlebenswichtig. Doch wie werden sie darin unterstützt, auch mal verlieren zu können, ohne ihre ganze Person damit in Frage zu stellen oder sich mit Fäusten zu wehren statt mit Worten?

Welche Rolle in welcher Welt?

Kinder erleben ihre Väter häufig als den Mann, der die Familie verlassen hat (oder von Müttern rausgeschmissen wurde, die keine Lust hatten, ein weiteres „Riesenbaby“ versorgen zu müssen) oder der sich in den Job flüchtet und nur als Wochenendvater präsent ist oder – obwohl er Zeit hätte – der sich lieber um seine eigenen Interessen kümmert. Frank Beuster sieht die Zukunft von Jungs in einem düsteren Licht. Weil Schule sich nicht auf die Bedürfnisse von Jungs einstellt, nämlich ihnen Zeit und Raum gibt, um z. B. ihrem Bewegungsdrang nachgehen zu können, werden Jungs oft als Unruhestifter, Klassenclowns oder ganz einfach desinteressiert, nicht zu bändigen oder gar ohne Grund gewalttätig von ihren zumeist Lehrerinnen wahrgenommen. Unbewusst wird ihnen ankreidet, wofür sie selber gar nichts können. Sie haben relativ zu den Mädchen durch die gesamte Schullaufbahn hinweg die schlechteren Noten. Insbesondere ihre Lesekompetenz  lässt häufig zu wünschen übrig. Doch, wie sollen Jungs zu kritischen und verantwortungsbewussten Männern heranwachsen, wenn sie die immer komplexere Welt nicht mehr verstehen? Auch soziale Kompetenzen werden in der Welt von morgen eine noch größere Rolle spielen als heute schon. Mädchen, die aufgrund ihrer Sozialisation diese Fähigkeiten praktisch von klein auf bereits beigebracht bekommen, sind für die Zukunft gewappnet. Und die Jungs?

Diagnose Junge – und die Medizin?

Zum Schluss des Buches versucht Frank Beuster Wege aus der Katastrophe aufzuzeigen und listet alt bewährte „Hausmittel“ auf, wie z. B. gemeinsame Tischzeiten mit der ganzen Familie oder echtes Interesse der Eltern am Alltag ihrer Jungs. Er denkt aber auch über neue Wege nach, wie z. B. den Männermangel im Leben von Jungen mit Paten zu beheben wäre, die Zeit und Herz für Jungs haben – im Sportverein, in Nachmittagsangeboten verschiedener Träger.
Auch muss Schule an die Bedürfnisse von Jungs angepasst werden u. a. muss ihr Bewegungsdrang adäquat berücksichtigt werden.
Statt Wehrpflicht – Einführung eines sozialen Jahres.

Im Anhang nennt Frank Beuster eine Auswahl von Anlaufstellen in den Bundesländern, die mit Jungen arbeiten und eine Linkliste.

Fazit

Frank Beuster appelliert in diesem Buch vor allem eindringlich an Väter und Politik: lasst Jungen nicht alleine, kümmert euch. Sofort!

Ich bin Mutter zweier Söhne. Meine Jungs haben einen Vater, der sich kümmert. Viele ihrer Freunde und Klassenkameraden aber haben solche Väter nicht. Bei der Lektüre des Buches wurde ich zunehmend deprimierter. Mir war, als würde ich wie im Schleudergang einer Waschmaschine an die Wand gedrückt. Meine Gedanken drehten sich im Kreis, so wie die Botschaft dieses Buchs – die Verlierer der Zukunft sind Jungs, Jungs, Jungs –  etwa auch meine? Na und, sagen viele Mädchenmütter – das wäre endlich mal gerecht. Wäre es das?
5 Raben von eulalie

Bewertung: 5 von 5 Raben

Kösel (Juli 2002)
ISBN-10: 3466305896
ISBN-13: 978-3466305896
Bewertung: 4 von 5 Raben  Bewertung: 4 von 5 Raben

Dieses Buch wendet sich an Mütter, die sich mit der Tatsache konfrontiert sehen, dass ihr Kind sich irgendwie von anderen unterscheidet. Die Autorin schreibt von „schwierigen“, „problematischen“ bzw. „auffälligen“ Kindern und meint damit eine Vielfalt von Möglichkeiten, angefangen bei Teilleistungsschwächen bis hin zu Auffälligkeiten im sozialen Bereich.

Sie beschreibt eindrücklich das Erleben von Müttern, die (auch therapeutischen) Mühlen in die sie geraten und die Fallen, in die sie geraten können. Mütter fühlen sich schuldig, wenn ihr Kind in einigen Bereichen „versagt“, sie neigen dazu, sich den Schuh anzuziehen, dass sie nicht ihr Bestes gegeben hätten und lassen sich allzu leicht vor den Karren von Medizinern und Therapeuten spannen. Ennulat ermutigt Mütter, sich dem zu widersetzen, für die Normalität und die Unbefangenheit in der Mutter-Kind-Beziehung zu kämpfen. Sie rät ihnen, sich Freiräume zu schaffen und die Väter einzubinden. Hier übrigens mein einziger Kritikpunkt an diesem Buch: meiner Ansicht nach bringt Ennulat denjenigen Vätern, die sich innerlich und/oder äusserlich verabschieden zuviel Verständnis entgegen.

Ich kenne Mütter mit „anderen“ Kindern und erlebe oft ihre innere Zerrissenheit. Es ist nicht leicht, damit zurecht kommen zu müssen, wenn ein Kind so gar nicht der Vorstellung entspricht, die man sich von ihm gemacht hat. Zusätzlich wird die Feinabstimmung in der Beziehung zwischen Mutter und Kind dadurch erschwert, dass das Kind weniger oder schwerer verständlich antwortet – nicht nur verbal. Diese Problematik hat Ennulat selbst erlebt und sie beschreibt sie einfühlsam und verständnisvoll. Sie entlastet Mütter, in dem sie Verständnis für ihre Abwehrstrategien zeigt und ihnen gleichzeitig konkrete Tipps gibt, wie sie anders mit festgefahrenen Situationen umgehen können.

Es ist die Mischung aus feinfühliger Beschreibung der psychischen Situation einer betroffenen Mutter und ganz konkreter Hilfestellung, die ich sehr gut finde. Es werden viele Momente und Wegkreuzungen sehr genau beschrieben (Familienkonstellation, Schule, Ablösung und Älterwerden usw.), dabei wird Ennulat stets konkret und gibt Hinweise aus ihrer privaten und beruflichen Erfahrung, wie auch die Entwicklung eines Kindes, das „anders“ ist, einen guten Weg nehmen kann. 

Fazit:

Ein Buch, das entlastet, um Verständnis wirbt und gleichzeitig gute Wege zur Veränderung aufzeigt. Ich möchte das Buch sowohl betroffenen Müttern als auch Menschen, die beruflich mit ihnen zu tun haben, sehr ans Herz legen.
Dipl. Psychologin Christiane Rupp

Bewertung: 4 von 5 Raben  Bewertung: 4 von 5 Raben

Ratschläge für erschöpfte Eltern, genehmigte Sonderausgabe für LaLecheLiga.
ISBN-10: 3426263785
ISBN-13: 978-3426263785

Neueste Auflage:
Verlag: Oberstebrink (2. Februar 2018)
ISBN-10: 9783963040115
ISBN-13: 978-3963040115

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Eins sei gleich vorweg gesagt: Dieses Buch ist eine spannende Lektüre nicht nur für die Eltern mehrerer (streitender) Kinder, sondern für alle Menschen, die mit Geschwistern aufgewachsen sind. Das legt auch die Widmung nahe, die Faber/Mazlish ihrem Buch vorangestellt haben: „Allen Erwachsenen, die mit Geschwistern aufgewachsen sind und noch unverheilte Wunden in sich spüren“. Es ist erschütternd, welch große Rolle Geschwister bei der Identitätsfindung eines heranwachsenden Menschen spielen – und wie groß der Einfluss der Eltern auf die Geschwisterbeziehungen in positiver wie negativer Hinsicht ist!

Dieses Buch, das aus der langjährigen Beratungstätigkeit in Elterngruppen entstanden ist, folgt in seinem Aufbau einem mehrwöchigen Elternkurs. Es ist geprägt von der Überzeugung, dass wir als Eltern tatsächlich etwas ändern können und unser Verhalten und unsere Sprache einen großen Einfluss auf die Geschwisterbeziehung haben. „Wir können den Konkurrenzkampf verstärken oder vermindern. Wir können feindselige Gefühle unterdrücken oder Ventile für sie schaffen. Wir können dem Kampf zusätzliche Nahrung geben oder Möglichkeiten zur Zusammenarbeit aufzeigen.“ (Zitat aus der Einleitung)
Das Buch enthält neben dem Text mehrere Ratgeber-Elemente. Da sind zum einen die Spickzettel am Ende eines jeden Kapitels, die dessen wichtigste Punkte zusammenfassen. Außerdem gibt es in jedem Kapitel eine Art Comic, in dem das jeweilige Problem an sich sowie „falsche“, weil destruktive und konstruktive Lösungsmöglichkeiten dargestellt werden. Diese Bildstrecken scheinen mir besonders hilfreich, weil sie so pointiert sind.
In manchen Kapiteln gibt es zudem die Möglichkeit, eigene Reaktionen auf Verhaltensweisen und Sätze aufzuschreiben und sich so über die eigenen Gefühle klar zu werden.
Aber am eindrucksvollsten sind eigentlich die Schilderungen und Zitate aus den Gruppendiskussionen, in denen die „Kurs-Eltern“ ihre eigenen Erfahrungen mit den eigenen Kindern ebenso wie mit den eigenen Geschwistern schildern. Nahezu jeder, der Geschwister und/oder mehrere Kinder hat, wird in diesem Buch Erfahrungen und Empfindungen wieder finden, die er so oder ähnlich selbst gemacht hat. Dem Leser werden nicht nur Möglichkeiten an die Hand gegeben, durch eine Änderung des eigenen Verhaltens das Verhältnis der Kinder und deren Identitätsentwicklung positiv zu beeinflussen und somit der elterlichen Ohnmacht angesichts heftiger Geschwisterrivalitäten zu entkommen, sondern auch Erfahrungsberichte vorgestellt, die dabei helfen, die eigenen Kindheitserlebnisse mit den Geschwistern ebenso wie das aktuelle Verhältnis zu ihnen gedanklich aufzuarbeiten.
Aus dem Inhaltsverzeichnis:
Brüder und Schwestern – einst und jetzt / Erst wenn das Fass überläuft / Problematisches Vergleichen / Das gleiche bekommen heißt, weniger bekommen / Rollenzuteilungen: Wenn er „dies“ ist, bin ich „das“, Raum schaffen für Veränderungen, Keine Problemkinder mehr / Wenn Kinder streiten: Wie man hilfreich eingreifen kann, Wie man eingreift, um nicht mehr eingreifen zu müssen / Aussöhnung mit der Vergangenheit.

Diesem wichtigen Buch gebe ich die Höchstwertung!

Bewertung: 5 von 5 Raben

Leider ist die Lizenz der LLL für dieses Buch ausgelaufen, es gibt nur noch Restexemplare und eine Neuauflage ist ungewiss. Auch die Originalversion ist im Handel nur noch gebraucht erhältlich. Aber die Suche lohnt sich!
Im Handel erhältlich ist jedoch ein weiteres, empfehlenswertes Buch derselben Autorinnen: So sag ich’s meinem Kind: Wie Kinder Regeln fürs Leben lernen (früherer Titel: „Nun hör doch mal zu. Elternsprache – Kindersprache“).
Roberta

Früherer Titel: Nun hör doch mal zu. Elternsprache, Kindersprache

Verlag: Oberstebrink/Eltern-Bibliothek (Februar 2009)
ISBN-10: 3934333419
ISBN-13: 978-3934333413

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Das Buch ist in sieben Kapitel gegliedert.
Jedes Kapitel besteht aus einem einleitenden Teil, der das Problem auch anhand von Beispielen, erläutert. Vielfach wird dieser Teil auch mit Zeichnungen anschaulich gemacht. Im zweiten Teil werden Erfahrungen, Fragen und Kommentare von Eltern beschrieben. Der Spickzettel beschreibt alles noch einmal in Kurzform.
In dem Buch wird sachlich und verständlich beschrieben, wie wir mit unseren Kindern kommunizieren sollten, damit das Miteinander einfacher wird. Die Autoren schreiben, es sei wichtig, vor allem die Gefühle der Kinder zu akzeptieren und oft, wie der Titel schon sagt, einfach nur zuzuhören. So werden sie zu selbständigen und selbstbewussten Menschen erzogen.

Von mir bekommt das Buch fünf Raben. Es ist einfach und verständlich geschrieben und einfach umzusetzen. Erste Erfolge können wir schon verbuchen! Schön ist, dass das Buch für ein Miteinander mit dem Kind und für das Ernstnehmen der Gefühle des Kindes plädiert.

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Janina

dtv (April 2004)
ISBN-10: 3423340789
ISBN-13: 978-3423340786
Bewertung: 4 von 5 Raben Bewertung: 4 von 5 Raben

Ich bin der absolute Jeans- und T-Shirt-Typ, schminken tue ich mich auch kaum. Rosa??? Kommt in meinem Kleiderschrank nicht vor! Was war ich da erstaunt, als meine 2,5jährige Tochter auf einmal ein Faible für diese Farbe entwickelte – übrigens die erste Farbe, die sie benennen konnte. Auch Puppenwagen und Kindergeschirr stehen hoch im Kurs. Meine Überlegung: Liegt es doch an den Genen? Das Buch der Autorin kam mir da gerade recht, um diese Frage zu beantworten oder wenigstens meinen Horizont zu erweitern.
Susan Gilbert ist Amerikanerin. An den dortigen Universitäten sind die gender studies, die sich mit den nicht-biologischen Geschlechtsunterschieden beschäftigen, weit verbreitet. Forschungsarbeiten aus diesem Bereich wertet sie für uns LeserInnen auf allgemeinverständliche Weise aus. Hinzukommen neurologische und biologische Aspekte. Erfahrungsberichte von Eltern und persönliche Erlebnisse im Bekanntenkreis und mit der eigenen Familie ergänzen die wissenschaftlichen Berichte. Wie fast immer bei Büchern aus dem angelsächsischen Bereich: Es lässt sich sehr gut lesen, Pädagogen- oder Soziologendeutsch sucht man (zum Glück!!!) vergebens.
In fünf Kapiteln – jeweils abgeschlossen mit praktischen Hinweisen für Eltern – geht die Autoren also den geschlechtstypischen Unterschieden nach. Dabei geht sie im Großen und Ganzen chronologisch vor: vom Mutterleib bis zum Alter von ca. 12 Jahren. Im abschließenden Kapitel geht sie auf Geschlechtsunterschiede bei Krankheiten ein.
Der Tenor: Es bestehen Unterschiede zwischen dem Durchschnitt der Mädchen und dem der Jungen. Als Eltern sollte man aber nicht vergessen, dass das eigene Kind sich wieder ganz vom Durchschnitt unterscheiden kann.
Im Mutterleib sind schon die Kinder den Geschlechtshormonen ganz unterschiedlich ausgesetzt. Und dies hat eben neurologische Folgen, die sich auch später noch auswirken. Im Kindesalter geht es darum, sich als eigenständige Person zu begreifen. Dazu gehört eben auch die Geschlechtsidentität – dass Jungen und Mädchen sich dabei zuweilen auch extrem stereotyp verhalten, hält Gilbert für normal und nicht bedenklich. Zuerst muss das Mädchen / der Junge wissen: Was ist typisch? Und dann erst entstehen individuellere Formen des Verhaltens. Wichtig ist dabei allerdings wohl, dass Eltern und andere Bezugspersonen diesem Individuellen auch Möglichkeiten geben, sich zu entwickeln.

Den Bereich der Schule sieht Gilbert jedoch auch als kritisch an: so würden doch immer noch oft Vorurteile des Typs „Mathe ist zu schwer für Mädchen, Sprachen sind nichts für Jungen“ die persönlichen Entwicklungen hemmen. Wichtig ist der Autorin, dass die Aufgabenstellungen den geschlechtstypischen Präferenzen Rechnung tragen. Gerade hier sind die Tipps für Eltern wichtig, denn die Motivation für bestimmte Fächer spiegelt sich ja später auch in der Berufswahl.

Gerade das letzte Kapitel über die Gesundheit fand ich persönlich sehr aufschlussreich: So gibt es sowohl bei der statistischen Verteilung erhebliche Unterschiede (z.B. haben männliche Frühgeborene eine wesentlich höhere Sterblichkeit, Asthma tritt dagegen bei Mädchen nach der Pubertät häufiger auf), auch die Symptome unterscheiden sich oft sehr. So wird AD/HS bei Jungen häufiger diagnostiziert, weil deren Symptome mit der Krankheit assoziiert werden: Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität. Mädchen mit AD/HS leiden eher an Konzentrationsschwäche sowie Lernschwierigkeiten und lassen sich leicht ablenken – was oft nur als Unreife gesehen wird.

Mein Fazit: Wer sich näher mit dem Thema beschäftigen möchte und nach einer gut lesbaren Einführung in das Thema mit praktischen Tipps sucht, ist bei diesem Buch richtig. Schade ist allerdings, dass sich kein Exkurs des Verlages findet, der die deutschen Verhältnisse berücksichtigt. Dies gilt natürlich v.a. für den schulischen Bereich. Auch ein Literaturverzeichnis fehlt, so dass der Leser sich vollkommen auf die Autorin verlassen muss und nicht die Möglichkeit hat, sich vertiefend mit dem Thema zu beschäftigen.
Astrid Ahlers

Bewertung: 4 von 5 Raben Bewertung: 4 von 5 Raben

Liebevolle Erziehung für glückliche Familien
256 Seiten
Verlag: La Leche Liga, 5. Auflage Januar 2011
ISBN-10: 3932022149
ISBN-13: 978-3932022142

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Menschen haben sich über Jahrtausende der Evolution entwickelt, ebenso auch ihr intuitives Verhalten, wie z.B. ihr Umgang mit Babys und Kindern. Die letzten zweihundert Jahre wurden von der Politik Europas jedoch stark beeinflusst und die Kindererziehung für politische Ziele ausgenutzt. So kommt es, dass Eltern intuitiv – sozusagen vom Bauchgefühl her – etwas tun möchten, sich aber nicht trauen, weil die gesellschaftlichen Normen zur Erziehung von Kindern ihnen dies verbietet. Damit sind sie verunsichert und greifen deshalb zu Erziehungsratgebern. Buchhandlungen füllen Regale damit und auch Kursangebote mit den unterschiedlichsten Namen boomen. Nur ein Buch fehlt in den Regalen: In Liebe wachsen. Dabei sollte es Pflichtlektüre sein: für schwangere Paare, für junge Eltern, für die Großelterngeneration, für KindererzieherInnen und all jene, die meinen, gute Ratschläge verteilen zu müssen.
Dr. González hat sein Buch in drei Kapitel aufgeteilt. Im ersten zählt er kurz auf, warum es notwendig war, es zu schreiben. Er bezieht Stellung für das Kind, jedoch ohne sich deshalb gegen die Eltern zu richten. Es geht ihm darum, Stellung zu beziehen, damit es aufhört in der Kindererziehung mit schwammigen Aussagen wie „Ja, aber …“ oder „Nein, obgleich …“. Ohne dass wir es merken, sind viele Ratgeber so aufgebaut – und wir werden mit ihnen manipuliert -, zu Lasten des Kindes aber auch zu Lasten von uns Eltern selbst.
Im zweiten Kapitel schreibt der erfahrene Kinderarzt, warum Kinder sind, wie sie sind. Anhand von vielen Beispielen wird gezeigt, dass sie so sind, wie sie sind, weil sie es so brauchen, um gut aufzuwachsen, nicht jedoch, um uns Erwachsenen auf der Nase herumzutanzen. Alles aufzuzählen, wäre zu mühsam. Es ist auch nicht notwendig, denn ich fordere jeden auf, das Buch selbst zu lesen. Dabei kann ich versprechen, dass es Spaß macht. Es ist witzig und doch tiefgreifend geschrieben – in der Art von Dr. González.
Das dritte Kapitel ist meiner Meinung nach das wichtigste. So eines ist in keinem anderen Buch zu finden. Wie der Autor selbst schreibt, werden Eltern erst dieses, danach andere, diesem völlig widersprechende Bücher lesen. Anschließend werden sie versuchen, eine Mischung aus allen umzusetzen, weil sie glauben, alle möchten dasselbe – eine gute Erziehung des Kindes. Sehr fundiert geht das dritte Kapitel anderen Beispielen und geschichtlich bedingten Erziehungsratgebern nach und führt uns vor, warum diese nicht stimmig sind.
Erst diese Komposition stärkt die Kompetenz der Eltern gegen viele ungebetene Ratschläge und kann sie öffnen, für ihren eigenen Weg.
Zusammenfassung:
Das Buch räumt auf mit dem Ammenmärchen, dass man Kinder mit Liebe und Geborgenheit verwöhnen kann. Es räumt auf mit dem Ammenmärchen, nur ohne zuviel Zuwendung in der Kindheit bekommen wir unabhängige selbständige Erwachsene. Es zeigt auf, wie wir Elternsein wieder genießen können, weil wir ohne schlechtes Gewissen handeln dürfen. Dr. González behandelt Kinder mit dem gleichen Respekt wie Erwachsene und zeigt auf, dass Kinder nicht abhängig gemacht werden können. Sie sind es nämlich, und sie können sich in ihren Bedürfnissen nicht so schnell ändern, wie unsere Kultur.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses orangefarbene nicht zu übersehene Buch bald in allen Buchläden zu finden ist. Zur Zeit kann man es nur über die La Leche Liga bestellen.

Somit bekommt das Buch von mir fünf Raben für den ersten und zweiten Teil und nochmals fünf Raben für den dritten Teil.

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Gudrun von der Ohe
Ärztin sowie Still- und Laktationsberaterin IBCLC
www.stillberatung.info

Heyne, Auflage: 29. Aufl. (Januar 1989)
ISBN-10: 3453029844
ISBN-13: 978-3453029842

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Gordon beschreibt in seinem Klassiker zum einen, worauf Eltern achten sollten, wenn sie ihren Kindern „aktiv zuhören“ wollen. Dieses aktive Zuhören ist seiner Ansicht nach die Voraussetzung dafür, dass die beiden Generationen überhaupt dauerhaft ihre Probleme miteinander lösen können. Zum anderen zeigt er auf, wie es bei Konflikten zwischen Eltern und Kind nicht unbedingt „Sieger“ und „Verlierer“ geben muss, sondern ein dritter Weg gefunden werden kann. Die gemeinsame Suche nach Lösungen und die gegenseitigen Absprachen sind in ihrer ausgeprägten Form sicher erst mit größeren Kindern möglich.
Trotzdem kann man das Prinzip aber auch schon auf den Umgang mit kleineren Kindern übertragen. Abmachungen wie „Sollen wir es so machen: Du hüpfst noch zehnmal auf dem Bett, dann ziehen wir Dir den Schlafsack an“ klappen auch mit Kleinkindern und geben ihnen das Gefühl, mit einbezogen und ernst genommen zu werden.
Was die innerfamiliäre Kommunikation betrifft, vor allem das Miteinander-im-Gespräch-bleiben, so halte ich das Buch für einen ausgezeichneten Ratgeber. Gordon hat bereits Seminare zu seinen Themen veranstaltet und kann deshalb auch die Schwierigkeiten ansprechen und ausräumen, die Eltern mit seiner Methode haben.
Juli

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Kinder brauchen Matsch und Liebe.
Ostfildern 2011, Patmos-Verlag
ISBN 978-3-8436-0016-3

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Wie werden oder bleiben Kinder glückliche Menschen mit einem gesunden Selbstwertgefühl, die sich wohl in ihrer Haut fühlen? Wie können Eltern ihre Kinder stärken, so dass sie empathiefähig, seelisch gesund, so gut wie möglich geschützt vor sexueller Gewalt und gewappnet gegen Suchtkrankheiten, körperfeindliche Modeideale und pornographisierte Bilder von Sexualität sind? Auf solche Fragen zielen die Ausführungen dieses Titels, aber sie bleiben nicht beim Offensichtlichen stehen. Es wird allmählich Allgemeinwissen, dass Kinder sich austoben müssen, dass sie sinnliche Erfahrungen brauchen und diese nicht erfolgsorientiert vermittelt bekommen sollen. Die Autorin geht aber weiter und bezieht in eine körper- und lebensfreundliche Erziehung mehr ein: den Umgang mit Essen und Ausscheidungen genauso wie mit Trotz, mit Schlafproblemen, mit der sexuellen Identität des Kindes und mit Rollenmustern. Denn zu körperfreundlicher Erziehung gehört nicht nur das Matschen, sondern auch, mit Leib und Seele, mit Gefühlen, Temperament und Bedürfnissen gesehen und anerkannt zu werden. Die Autorin weckt Verständnis für die Lebensäußerungen von Kindern, hilft, übernommene Grundsätze gerade im Hinblick auf Sauberkeit und Umgang mit Sexualität zu hinterfragen, und bestärkt Eltern im Vertrauen auf die Kompetenz ihrer Kinder. Denn den eigenen Gefühlen trauen zu können, wird nicht nur im Umgang mit Zärtlichkeiten geübt, sondern auch bei der Frage, ob das Kind eine Jacke anziehen muss, oder ob es schon satt ist, obwohl der Teller noch halbvoll ist, oder ob es sich wehgetan hat.
Die Autorin ermutigt ihre Leser immer dahingehend, dass sie als Familien ihre eigenen Wege finden, bei Schlafproblemen etwa weist sie auf das Familienbett und dessen Vorteile hin, geht aber auch auf Lösungsmöglichkeiten ein, die zur Verfügung stehen, wenn dieses nicht gewollt ist. Dass sie bei der Sauberkeitserziehung nicht differenziert zwischen frühem Training und Windelfrei, ist aus Rabensicht ein Manko, allerdings ist es das einzige. Die vielen positiven Punkte wiegen dies auf. Gut verständlich, klar gegliedert, angenehm zu lesen und mit Blick auf die praktische Umsetzbarkeit geschrieben, ist dieses Buch ausgesprochen empfehlenswert und auch gut zum Verschenken geeignet: Es werden Grundsätze bedürfnisorientierter Erziehung so vermittelt, dass sie nicht ideologisch-abschreckend wirken und auch dann verständlich werden, wenn die Leser sich nicht schon viel mit kindlicher Entwicklung beschäftigt haben.
Ganz klar ein Fall für fünf Raben!

Bewertung: 5 von 5 Raben

Annette Jantzen

Warum Kinder so werden, wie sie sind.
Rowohlt Tb. (November 2002)
ISBN-10: 3499614693
ISBN-13: 978-3499614699

Bewertung: 3 von 5 Raben Bewertung: 3 von 5 Raben

Ein pädagogisches Fach mit 669 Seiten – so etwas liest man nicht freiwillig, oder? Zum Glück ist die Autorin Amerikanerin. Und da die Amis es irgendwie besser drauf haben, Fachbücher zu schreiben, ist dieses Buch doch in weiten Teilen gut und flüssig zu lesen.
Die provokante Frage im Titel würde die Autorin glatt bejahen. Kinder – so ihre These – würden nicht von den Eltern, sondern durch die Peergroup (Gleichaltrigengruppe) in Kiga, Schule und Nachbarschaft erzogen. Sollten sie doch frappierende Ähnlichkeiten mit ihren Erzeugern aufweisen, so sei das rein eine Sache der Genetik, denn nicht nur Augenfarbe und Körpergröße würden vererbt.
Rich zerpflückt zunächst sehr viele Untersuchungen, die den Einfluss elterlichen Verhaltens belegen. Diese Kapitel sind für Leute, die (wie ich) nur wenig Ahnung von Statistik haben, nur begrenzt nachvollziehbar. Sie selber kann allerdings auch keine große Untersuchung anführen, dass ihre These stimmt. Vielmehr verweist sie dort auf prominente Einzelfälle, wie den Jungen polnischer Einwanderer, der mit 7 (ohne ein Wort englisch zu sprechen) mit seinen Eltern nach Amerika zog. Seine Eltern schafften es nie, über ein bruchstückhaftes Englisch hinauszukommen, während ihr Sohn ein „native speaker“ wurde. Ob ihre Einzelfälle reichen, um ihre These zu belegen, dass mögen die Experten beurteilen.
Was für mich die Sache wieder interessant macht: Sie relativiert den Einfluss der Eltern. Und ich denke, dass sie damit den Eltern auch ein Stück Unbefangenheit in Sachen Erziehung wiedergibt. So misstraut sie vielen Erziehungsratgebern, was ja auch durchaus angebracht ist. Ihr Rat an alle Eltern: Dafür zu sorgen, dass die Umgebung gerade auch für junge Kinder so ist, wie sie von der Natur vorgesehen ist (dass sie dabei auch ein Plädoyer für das Co-Sleeping hält, kann uns Rabeneltern nur erfreuen). Die vielfältigen Förderungen und Spielzeuge findet sie übertrieben. Und sie empfiehlt eine gute Auswahl von Wohnort und Schule. Hierbei spielen wohl weniger die Erziehungskonzepte eine Rolle. Vielmehr kommen so die Kinder mit den richtigen Peers zusammen.
Ob ihre These stimmt, kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall ist es mal ein erfrischender Ansatz. Was mich gestört hat: Das Buch ist zu lang. Die Autorin wiederholt sich oft. Das Ganze auf 250 Seiten wäre wesentlich besser.

Bewertung: 3 von 5 Raben Bewertung: 3 von 5 Raben

Astrid Ahlers

Deutscher Taschenbuch Verlag (1. September 2003)
ISBN-10: 3423340320
ISBN-13: 978-3423340328

Bewertung: 4 von 5 Raben

Kurzbeschreibung:

Das Buch trifft den Ur-Wunsch aller Eltern: Sie wollen glückliche, starke Kinder mit Selbstvertrauen. Damit die Eltern dieses Ziel erreichen, müssen sie ihren Kindern Liebe und Zuwendung zuteil werden lassen – aber richtig dosiert, nie zuviel und nie zuwenig. Dabei zielen die Autoren nicht auf ad-hoc-Verhaltensänderungen der Kinder ab, sondern stellen ein längerfristiges Erziehungskonzept vor, das sich an den Selbstwertgefühlen und der Selbstachtung der Kinder orientiert. Das Buch bietet einen grossartigen Überblick und zeigt gleichzeitig Lösungswege für ganz konkrete Erziehungsprobleme auf.
„Smart Love gibt allen Eltern und Erwachsenen, die unsicher sind, die notwendigen Antworten. Es ist allgemeinverständlich und gibt den Eltern das nötige Selbstvertrauen für ihr Erziehen zurück. Und das Beste: Smart Love funktioniert!“ (Sheila Kitzinger)

Der wichtige Tenor dieses Buches (im Gegensatz zu vielen anderen Ratgebern): Unsere Kinder sind keine kleinen Biester, die uns manipulieren wollen, sondern liebesbedürftige (kleine) Menschen die einfach nur verstanden werden wollen. Neben all den Büchern, die „neue Autorität“ predigen und den Werteverfall (undifferenziert) beklagen, zeigt dieses Buch, wie das Achten, die Wertschätzung und nicht zuletzt die Liebe, die einem Kind entgegengebracht werden, ein kleines Leben völlig verändern können.

Der Erziehungsratgeber ist unterteilt in Altersgruppen. Klar verständlich werden sowohl jeweilige spezifische Probleme und Problemlösungsvorschläge dargestellt als auch erklärt, wie Kinder „ticken“. Der Grundsatz: „So viel Liebe wie möglich, so viel Grenzen wie nötig“ zieht sich als roter Faden durch alle Altersstufen. Auch Eltern älterer Kinder werden ermutigt, diesen liebevollen Erziehungsstil einzuführen.

Die Autoren plädieren für das Erziehen mit Herz und Verstand. Der Begriff „Herz“ steht für eine Elternliebe, die nicht an Bedingungen geknüpft ist. Eine solche Liebe teilt sich auch dann mit, wenn ein Fehlverhalten aufgetreten ist. Diese Grunderfahrung führt beim Kind zu einer stabilen inneren Zufriedenheit, mit der es die Wechselfälle des Lebens leicht verkraften kann. Der „Verstand“ kommt ins Spiel, wenn es darum geht, bei Problemen angemessen zu reagieren. Deshalb werden die typischen Verhaltensweisen jeder Entwicklungsphase mit vielen Fallgeschichten erläutert. Wenn ein 6-Jähriger verkündet, beim Basketball mehr Freiwürfe reinzutreffen als Michael Jordan, so kann man dies ruhig gelten lassen („Ist ja toll!“). Denn derartige Allmachtsfantasien sind ein vorübergehendes Phänomen, über das der Schulanfänger bald hinauswachsen wird. Für wirklich erforderliche Verhaltenskorrekturen empfehlen die Autoren ihre Methode des einfühlsamen Lenkens: Ruhig und gelassen erklärt man, warum z.B. Diebstahl nicht zulässig ist und organisiert Rückgabe und Entschuldigung. Im übrigen gibt man dem Kind zu verstehen, dass es trotz des Ausrutschers noch immer geliebt wird.

Auf jeder Seite dieses kompetenten und sympathischen Ratgebers wird spürbar, dass die zahlreichen Beispiele und Vorschläge aus einer lebensnahen Praxis stammen: Die Autoren sind erfolgreiche Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche und haben als Ehepaar selbst fünf Kinder.

Wichtiger Kritikpunkt: Aus unerfindlichen Gründen weichen die Autoren von ihrer Linie bei den Themen Stillen und Schlafen im Familienbett ab. Dafür gibt es von mir Punktabzug.
Lotta

Bewertung: 4 von 5 Raben

Der Elternkurs des Deutschen Kinderschutzbundes
Ravensburger, 2. Aufl. August 2002
ISBN-10: 3332013467
ISBN-13: 978-3332013467

Neueste Auflage:
Verlag: Verlag Herder GmbH; Auflage: 2 (28. Februar 2012)
ISBN-10: 3451611112
ISBN-13: 978-3451611117

Bewertung: 4 von 5 Raben Bewertung: 4 von 5 Raben

Das Buch basiert auf einem in vielen deutschen Städten angebotenen Elternkurs des DKSB (Deutscher Kinderschutzbund). Es kann als Begleitbuch, aber auch unabhängig vom Kurs gelesen werden.
Die Autorin will keine Patentrezepte propagieren. Vielmehr sollen Eltern ermutigt werden, gemeinsam mit ihren Kindern einen eigenen Weg zu finden.
Grundlage der Autorin ist die UN-Kinderrechtskonvention und die neue Fassung des §1631 BGB, Absatz 2. Kinder haben demnach ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung und Schutz ihrer Würde. Um dies zu erreichen, ist es für Eltern – so die Autorin – wichtig, darüber zu reflektieren, wie sie selbst erzogen wurden, welche Werte ihnen wichtig sind. Wichtig für die Erziehung ist zuerst das eigene Vorbild und eine gute Beziehung zueinander und zu den Kindern. Worte und Ratschläge sind von geringerer Bedeutung. Das Ergebnis nennt die Autorin einen „anleitenden“ Erziehungsstil (weder autoritär noch laissez-faire).
Gut gefallen hat mir, dass Regeln, wie man sie in vielen Erziehungsratgebern findet („Eltern müssen immer konsequent sein!“), nicht zum Dogma erhoben werden. Auch als Eltern dürfen wir mal fünf gerade sein lassen.
Einziger Minuspunkt: Der Autorin ist die Beziehung der Eltern untereinander sehr wichtig. Hier schießt sie aber übers Ziel hinaus, wenn sie pauschal fordert, dass Kinder nicht ins Ehebett und ins Elternschlafzimmer gehören.
Astrid Ahlers

Bewertung: 4 von 5 Raben Bewertung: 4 von 5 Raben

München 2008 (Gräfe und Unzer)
ISBN-10: 3833807474
ISBN-13: 978-3833807473

Bewertung: 4 von 5 Raben

Glückliche Kinder und glückliche Erwachsene – wahrscheinlich möchten alle Eltern, dass das aus ihrem Nachwuchs wird. Ein Buch mit diesem Titel hat daher gute Chancen auf dem heißumkämpften Ratgebermarkt.
Wer allerdings eine Schritt-für-Schritt-Anweisung à la „Jedes Kind kann …“ erwartet, wird enttäuscht. Und das ist auch gut so!
Vier zentrale Persönlichkeitsmerkmale – Vertrauen, Begeisterungsfähigkeit, Aktivität und Verantwortungsgefühl – sind nach den Autoren entscheidend für Glück und Erfolg im Leben. Und das Fundament dafür erwerben die Kinder in den ersten sechs Lebensjahren.

Zunächst erläutern die Autoren neue Erkenntnisse der Hirnforschung und was diese für die Erziehung und das Zusammenleben in der Familie bedeuten. Anschließend werden die wesentlichen Entwicklungsschritte in den ersten sechs Lebensjahren skizziert. Im letzten und ausführlichsten Teil wenden sich die Autoren den genannten Kernkompetenzen zu. Dabei bilden eine Vielzahl von praktischen Anregungen für den Alltag den Schwerpunkt. Ein ausführlicher Serviceteil – Buchtipps, Webseiten (auch die Rabeneltern werden genannt  ), Kontaktadressen – runden das Ganze ab.

Viele Dinge sind mir persönlich positiv aufgefallen. Das Wichtigste zuerst: Die Autoren gehen vom Kind und seinen Bedürfnissen aus, fordern die Eltern immer wieder auf, die individuelle Persönlichkeit wahr- und ernstzunehmen. Auch setzt das Buch auf Dialog. Dass z.B. das Aushandeln von Regeln oft auch ein schwieriger Prozess ist, verhehlen die Autoren dabei nicht, betonen aber, dass es sich lohne. Diese Wahrnehmung der ganzen Person setzt sich auch fort in den Spiel- und Beschäftigungsideen: Sie fördern und fordern alle Sinne und betonen stark die Bewegung – ganz wichtig im Zeitalter der Couch-Potatoes. Auch die Selbstständigkeit der Kinder wird betont. Diese kann sich aber nur dann entwickeln, wenn die Eltern für ein angstfreies Klima sorgen.

In einigen Bereichen jedoch könnten die Autoren noch einen Schritt weiter gehen. So wird z.B. die Wichtigkeit der körperlichen Nähe unterstrichen. Da bin ich als Trageberaterin enttäuscht, dass es kein Wort zum Thema Tragetuch oder Tragehilfen gibt. Alle Sinne werden dort angesprochen, das Kind kann vom sicheren Hafen aus Neues erkunden und ist immer auf Augenhöhe mit den Eltern (wörtlich und metaphorisch). Schade, da wurde eine Chance verpasst.
Ein zweiter Punkt: Die Autoren betonen zurecht, wie wichtig ein angstfreies Klima für die Hirnentwicklung ist. Da hätte ich mir eine klare Stellungnahme gegen die allerorten populären Konditionierungsprogramme (Triple P, Stiller Stuhl, „Jedes Kind kann …“) gewünscht, die meiner Meinung nach nur als Notanker eine Berechtigung haben. Leider finden sich auch dementsprechende Literaturhinweise im Serviceteil (Anna Wahlgren und Annette Kast-Zahn werden dort genannt).

Doch trotz dieser kleinen Einschränkung ist das Buch ansonsten wirklich empfehlenswert.

Astrid Ahlers, Trageberaterin

Bewertung: 4 von 5 Raben

Mosaik (April 2002)
ISBN-10: 3576112286
ISBN-13: 978-3576112285

Bewertung: 4 von 5 Raben

„Alle Mütter sind Schwestern“ – unter diesem Motto steht das wunderschön ausgestattete und illustrierte Buch von Deborah Jackson. Es versammelt eine Vielzahl von Informationen über den Umgang mit Schwangerschaft, Geburt und das Leben mit Kindern, vor allem bei so genannten Naturvölkern aber auch in unserer eigenen europäischen Geschichte. Es beschäftigt sich mit der Mutterrolle – aber nicht nur damit – und möchte den oftmals verunsicherten und zwischen verschiedenen Rollen hin- und hergerissenen jungen Müttern in der westlichen Welt Anregungen geben, wie anderenorts und zu anderen Zeiten mit Schwangerschaft, Geburt, dem Eltern-Sein und dem Leben mit Kindern umgegangen wird und wurde. Dabei geht es weder um eine objektive Bewertung der unterschiedlichen Rituale und Bräuche noch um deren unkritische Verherrlichung. Jackson will Traditionen vorstellen, „die den Glanz der Mutterrolle zum Ausdruck bringen und das geheime Wissen der Mütter aufzeigen“, will „Einblick geben in das umfassende Thema des Gebärens und Begleitens von Kindern ins Leben“ und Vorschläge geben, „wie diese Bräuche auf unsere eigenes Leben als Mutter übertragen“ werden können. Selbstverständlich wird auch eine Vielzahl von Bräuchen und Ritualen beschrieben, die ich persönlich keineswegs gutheißen würde und nachgeahmt sehen möchte. Das Bestreichen der Brustwarzen mit Peperoni bei aztekischen Müttern, wenn sie ihr Kind von der Brust entwöhnen möchten wäre ein Beispiel dafür ;o)
Die Kapitel: Zeit der Verheißung – Das Kind in mir – Zur Welt kommen – Die erste Zeit – Wachstum – Gemeinschaft der Mütter – sind jeweils in fünf bis zehn Unterkapitel unterteilt.
Fazit:
Das Buch ist kein Sachbuch im herkömmlichen Sinne und als Nachschlagewerk ungeeignet. Aber es ist ein schönes Geschenk für jede werdende und bereits gewordene Mutter, die sich mit ihrer neuen Rolle als Mutter auseinandersetzen möchte und offen ist für das geheime Wissen der Mütter aus aller Welt…
Roberta

Bewertung: 4 von 5 Raben

DVD Spieldauer 67 Minuten
Verlag: Mathias Voelchert GmbH familylab.de
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3935758130
Erscheinungsdatum: 2008

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  5 von 5 Raben

 

Wenn man Jesper Juul, dänischer Familientherapeut und Prof. Dr. Gerald Hüther, Gehirnforscher, reden hört, merkt sofort, dass diese beiden Menschen sich nicht nur viele Gedanken um den Umgang mit Kindern gemacht haben, sondern dass es ihnen ein wichtiges Anliegen ist, an unser Herz und unser Hirn zu appellieren.

Die beiden Experten verkaufen keine Erziehungsprogramme oder -methoden! Sie zeigen uns Eltern, dass alles, was wir wissen müssen, in uns bereits angelegt ist. Wir haben es nur entweder noch nicht bemerkt oder wir zweifeln, weil wir es anders vorgelebt bekommen oder gelernt haben.

Juul und Hüther hört man gern zu, was an ihrer ruhigen Ausstrahlung und dem Humor liegen mag, der immer wieder durchscheint. Es sind besonnene Menschen, die vieles so klar und einfach formulieren, dass man sich fragt, warum man nicht selbst darauf gekommen ist.

Es geht in der auf der DVD wiedergegebenen moderierten Gesprächsrunde um Erziehung im Allgemeinen, um Werte und Vorurteile. Vor allem geht es um das Bild des Kindes in der Gesellschaft und darum, wie Eltern ihre Sichtweisen so anpassen können, dass es ihnen in der Beziehung zum Kind und im Alltag hilft. Hüther und Juul sprechen sich energisch gegen autoritäre Erziehungsprogramme (ja gegen Erziehung überhaupt) aus und erklären auf eine sehr gut verständliche Weise, was Gleichwürdigkeit bedeutet, was Kinder wirklich brauchen und wie sie (bzw. der Mensch) lernen. Es beruhigt ungemein zu hören, dass wir Eltern gar nicht so viel „Elternarbeit“ leisten müssen, wie wir immer denken. Wir sollen unsere Kinder nicht zum Projekt machen und denken, sie werden nur glücklich, wenn wir dies oder jenes tun. Stattdessen können wir sie mit Liebe durch die ersten Lebensjahre begleiten, ihnen zusehen, zuhören und sie tatsächlich genießen, wenn wir alte Denkmuster ablegen!

Im Anschluss an dieses Gespräch bleibt ein Gefühl von Begeisterung, Neugierde und Vorfreude auf das Elternsein hängen.

Ich könnte den Beiden noch viel länger zuhören und finde solche Gespräche eine gelungene Ergänzung zu Juuls Büchern. Was für ein Glück, dass die Medien immer öfter Leute wie Juul und Hüther zu Gesprächen einladen und sie ein immer größeres Gegengewicht zu denen bieten, die von Kindern als Tyrannen und vom Grenzen-Setzen reden. Schade, dass nicht alle Menschen dieser Generation so denken und dies an uns weitergeben.

Ich hatte die DVD in der Stadtbibliothek ausgeliehen. Smile

5 Raben von mir für die DVD

Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben  Fünf von fünf Raben

Nana, Januar 2011

Wie Eltern und Kinder sich finden.
Rowohlt Tb.; Auflage: 3 (August 2009)
ISBN-10: 3499607514
ISBN-13: 978-3499607516

Bewertung: 4 von 5 Raben

Kurzbeschreibung:

Die wichtigste Frage für Eltern: „Welche Grenzen muss ich um mich selbst errichten, um mich mit mir und meinem Kind wohl fühlen zu können? Wie grenze ich mich so ab, dass wir Nähe erweitern können?“

Dieses Buch ist für mich eine kleine Zusammenfassung des Buches „Das kompetente Kind“ mit Schwerpunkt auf Konfliktarbeit. Juul zeigt auf, warum und wann es zu Konflikten kommt und wie damit umzugehen ist. Am wichtigsten ist ihm, aufzuzeigen, dass in Konflikten immer der Erwachsene die Verantwortung hat und nie dem Kind die Schuld dafür aufzubürden ist. Entsprechend sensibel soll der Erwachsene in solchen Situationen handeln. Mich hat das Buch in einigen Bereichen sehr wachgerüttelt und tatsächlich für viele Dinge im Alltag sensibilisiert. Bei einigen Aussagen scheint es mir zwar zu extrem, aber im Großen und Ganzen finde ich es sehr lesenswert, da es mit vielen alten Vorurteilen aufräumt und dem Erwachsenen eine ganz neue Rolle zuweist.
Judith

Bewertung: 4 von 5 Raben

Rowohlt Tb.; Auflage: 7 (Januar 2003)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3499614855
ISBN-13: 978-3499614859

Neueste Auflage:
Verlag: Rowohlt Taschenbuch; Auflage: 16. Auflage, Neuübersetzung (1. August 2009)
ISBN-10: 3499625334
ISBN-13: 978-3499625336

Bewertung: 4 von 5 Raben

Juul, als Familientherapeut mit den verschiedenen Formen der Beziehungsstörungen zwischen Eltern und Kindern konfrontiert, plädiert in seinem Buch gegen die traditionellen Erziehungswerte im Sinne von Autoritäten, Grenzen und Konsequenzen und statt dessen für echte Beziehungen auf der Ebene gleicher Würde.
Grundvoraussetzung ist für ihn die Annahme, dass Kinder von sich aus nicht gegen ihre Eltern arbeiten wollen, sondern mit deren Erwartungen „kooperieren“. Daher müssen sich die Eltern auch über die von ihnen nonverbal übermittelten Signale im klaren sein. Anhand von Beispielen wird erklärt, wie sich der Autor die Schaffung von Selbstgefühl und Selbstvertrauen vorstellt, dass Grenzen jeder für sich persönlich, aber nicht um das Kind herum setzen muss, dass man dem Kind, auch, wenn es schwer fällt, einen guten Teil mehr Verantwortlichkeit zutrauen kann und wie wichtig es ist, die Grenzen des Kindes zu respektieren.
Sicher kein Erziehungsratgeber im klassischen Sinn – er ist nicht locker-leicht zu lesen, sondern erfordert volle Konzentraion, und manchmal haben mir auch Tipps zur praktischen Umsetzung in speziellen Situationen gefehlt. Denoch oder vielleicht auch gerade deswegen halte ich Juuls Werk aber für einen sehr wertvollen Beitrag zum Thema „achtsamer und respektvoller Umgang mit Kindern“ und bin davon überzeugt, dass wir unserem Nachwuchs sowie unserem Verhältnis zu ihm mit Juul’scher Herangehensweise etwas Gutes tun.
Juli

Bewertung: 4 von 5 Raben

Typgerecht erziehen, seelische Nöte erkennen, Kompetenzen fördern
dtv (Mai 2004)
ISBN-10: 3423340924
ISBN-13: 978-3423340922

Bewertung: 4 von 5 Raben

Die Autorin mit langjähriger Erfahrung als Schulpsychologin entwirft in diesem Buch ein Modell mit vier Kindertypen. Denn aus ihrer Arbeit weiß sie, dass jedes Kind anders mit neuen Situationen und Krisen umgeht. Und manche Probleme in Schule oder Elternhaus resultieren einfach daraus, dass unterschiedliche Typen aufeinander prallen. So gehören viele Lehrer zum „Pflicht“typ, was z.B. schwierig ist für „Abenteurer“-Kinder.

Kaniak-Urban geht in ihrem Buch zunächst von der schwieriger werdenden Umwelt für Kinder aus und berichtet dabei viel aus ihrer Praxis. Dann stellt sie die vier Kindertypen mit ihren Persönlichkeitsmerkmalen vor (Pflichtkind, Seelchen, Abenteurerkind, Schlaukopf). Abgeschlossen wird das Buch mit Hinweisen zu Lernangeboten und Tipps zur unterschiedlichen Krisenbewältigung.

Für mich als ausgesprochenem Pflichttyp (ich bin auch wirklich gern zur Schule gegangen!) war es sehr aufschlussreich die anderen Typen kennen zu lernen. Denn eine Vielzahl von Problemen hängt daran, dass einfach nur unterschiedliche Typen aufeinander treffen und kein Verständnis füreinander haben. Auch zunächst unverständliche Verhaltensweisen von Kindern bekommen so einen Sinn.

Positiv fällt auf, dass die Autorin nicht auf Defizite zielt, sondern Eltern und Lehrern die Augen öffnen will für die Kompetenzen der Kinder. Denn nur wenn die Kinder auf ihre eigenen Fähigkeiten vertrauen, können sie sich auch zunächst Fremdes aneignen.

Enttäuscht wird sein, wer eine „Gebrauchsanweisung“ für Kinder sucht.

Ich empfehle das Buch für alle, die bisher noch wenig zu Kinderpsychologie und Typologie gelesen haben. Vor allem die vielen Beispiele machen das Buch auch für Laien verständlich.
Astrid Ahlers

Bewertung: 4 von 5 Raben

Kösel (Juli 2005)
ISBN-10: 3466306957
ISBN-13: 978-3466306954
Bewertung: 4 von 5 Raben

Das Buch beginnt mit einem Blick auf das sogenannte Familienhaus, das in unterschiedliche Zimmer für die unterschiedlichen Netze von Beziehungen unterteilt wird. Diese Räume beinhalten nicht nur die verschiedenen Personengruppen, sondern haben auch bestimmte Funktionen zu erfüllen, die für das Familienleben wichtig sind.

Auch dieses Buch beschäftigt sich mit der Position und der Rangfolge von Geschwistern, vertritt aber erfreulicherweise nicht die Ansicht, dass diese so enorm wichtig für das Verhältnis untereinander sind, wie in anderen Ratgebern behauptet wird. Im Gegenteil wird in diesem Buch vor allem die Bedeutung der Familienatmosphäre und das Verhalten der Eltern für die Beziehung der Geschwister herausgearbeitet.

Es geht unter anderem darum, die Individualität der Kinder zu erkennen und zu akzeptieren und die eigene Herkunft und damit einhergehende (destruktive) Botschaften aufzuarbeiten, um das eigene Kind richtig sehen zu können. Eltern werden angehalten, den Fokus auf die positiven Verhaltensweisen ihres Kindes zu legen, „richtig“ zu loben, Rollenzuschreibungen (auch die in der Herkunftsfamilie), Rollenzwänge und Erwartungen kritisch zu betrachten, weil Kinder sich danach verhalten und damit Rivalität und Kampf unter den Geschwistern hervorgerufen werden.

Interessant finde ich die Beschreibung der Kindertypen, die die Autorinnen herausarbeiten und die, je nach Wesen und Eigenart, auch in unterschiedlichen Konfliktsituationen das bevorzugte Verhalten verstärken und einsetzen. So gibt es zum einen die Wir-Experten, die noch einmal in Seelchenkinder, die durch besonderes Feingefühl und Intuition bestechen und Pflichtkinder, die sich vor allem stark an anderen ausrichten und anpassen, unterteilt werden. Zu den Ich-Experten zählen Abenteurerkinder, die vor allem Naturerlebnisse, Sinneswahrnehmungen und Action brauchen und die Schlaukopf-Kinder, die durch Wissen und Intelligenz und deren Einsatz bestechen.

Streitsituationen werden nicht durch Sanktionen, sondern durch Vermitteln und Verstehen gelöst. Dazu gehört, dass die Eltern analysieren, was der Auslöser war, ob es Sieger und/oder Verlierer gibt und welche Rollenzuschreibungen und -erwartungen existieren. Eltern sind nicht Schiedsrichter, sondern vermitteln, indem sie alle Parteien verstehen und wertschätzend Grenzen setzen. Es wird aufgefordert, Konfliktgespräche zu führen, in denen es nicht um Wertung oder (Ver)urteilen geht, sondern um eine gewaltfreie Kommunikation, die die beiden Seiten einander näher bringt. Als eher letzte Lösung bei andauernden und wiederkehrenden Konflikten sollen Elemente aus der Verhaltenstherapie eingesetzt werden, von denen die Autorinnen selbst sagen, dass es teilweise mit Dressur zu tun hat.

Ich finde dieses Buch erfrischend, weil es einen völlig anderen Blickwinkel hat, in dem es nicht um unabänderliche Positionen geht, sondern um den Blick auf das System und die unterschiedlichen Rollen darin. Vor allem zum Schluss fällt mir auf, dass auch viele verblüffend simple Praxistipps enthalten sind, die gar nicht ausschließlich etwas mit Geschwistern und deren Streits zu tun haben, sondern einfach der Entlastung der Familienmitglieder dienen, womit dem gesamten Netzwerk sehr geholfen wird.

2 Kritikpunkte gibt es dennoch:
Zum einen die Anwendung einiger Methoden aus der Verhaltenstherapie, die im Widerspruch zum sonst ausgesprochen liebe- und verständnisvollen Konzept des Buches zu stehen scheinen. Zum anderen ist an einigen Stellen die Rede von negativen Konsequenzen und Strafen, die in „Schmerzhaftigkeit und Härte“ (was darunter verstanden wird, wird nicht weiter ausgeführt) verhältnismäßig sein sollten. Deshalb gibt es einen Raben Abzug.
Ines

Bewertung: 4 von 5 Raben

Ein Erziehungskonzept aus den 70ern neu entdeckt

„Achte auf den Gesichtsausdruck Deines Kindes“ – das ist der erste von sieben Hinweisen zur Kindererziehung, die Kurt und Karin Kloeters in ihren in den siebziger Jahren geschriebenen Kloeters-Briefen geben.

„Tröste Dein Kind, wenn es weint“ lautet der nächste, gefolgt von „Sprich leise und freundlich“.
Das klingt recht banal und selbstverständlich: Schauen wir unseren Kindern denn nicht ins Gesicht? Trösten wir sie nicht, wenn es ihnen schlecht geht? Und brüllen wir sie denn so viel an? Das mag Kurt Kloeters in den Sechzigern oder Siebzigern beobachtet haben, aber heute – heute gehen wir doch partnerschaftlich mit unseren Kindern um, oder?

Ein Spaziergang durch eine bundesdeutsche Fußgängerzone belehrt uns was das „Trösten“ und das „Leise und freundlich Reden“ angeht, gleich eines Besseren bzw. Schlechteren: Da sitzen völlig verzweifelte in Tränen aufgelöste Kleinkinder in Buggys oder werden an der Hand durch die Geschäfte gezerrt – ansonsten aber von ihren Eltern vollkommen ignoriert – oder angeschrien. Auch die Selbstbeobachtung führt möglicherweise zur Ernüchterung: Kommt es nicht doch recht häufig vor, dass wir ein Kind weinen lassen „weil es sich anstellt, weil es nur versucht, sich durchzusetzen, weil wir einfach Recht haben und den Teufel tun und klein beigeben werden“? Und auf der sprichwörtlichen Palme, von deren Spitze herab wir mit hochrotem Kopf Richtung Kinderzimmer brüllen, finden wir uns wahrscheinlich auch recht häufig wieder. Und was das ins Gesicht gucken angeht: Tun wir das? Im täglichen Stress zwischen Job, Schule, Haushalt , Hausaufgaben, Freizeitaktivitäten: Gucken wir unseren Kindern ins Gesicht und fragen uns „wie geht es Dir?“

Die ersten drei Hinweise aus den Kloetersbriefen sind also hochaktuell. Kurt und Karin Kloeters haben diese Hinweise sehr bewusst vor die gesetzt, die man landläufig als Erziehungstipps bezeichnen würde: „Wie setzte ich Gebote richtig durch?“, „Wie setze ich Verbote richtig durch“?, „Was heißt Konsequenz in der Erziehung?“ Diesen Fragen widmen sich die Hinweise 4, 5 und 6. Aber bevor Eltern das lernen können, sollen sie mit Satz 1 lernen, die seelische Verfassung ihrer Kinder wahrzunehmen. Eine gute seelische Verfassung der Kinder ist für Kurt und Karin Kloeters nämlich das A und O der Kindererziehung. Ihre Voraussetzung – ein Kind in schlechter Verfassung lernt nichts und verhält sich schlecht. Und auch ihr angestrebtes Ergebnis – gut erzogene Kinder sind Kinder, denen es gut geht. Und Satz 2 versucht einfach, uns die manchmal doch recht dicken Bretter vorm Kopf weg zu nehmen, die uns daran hindern zu sehen, dass ein Kind, das herzzerreißend weint, immer ein Kind ist, dem es schlecht geht. Egal was passiert ist, was das Kind angestellt hat, wer Recht hat, wer schuld ist – ein Kind (jeder Mensch?), das weint, gehört getröstet. Danach – wirklich erst danach – kann man weitersehen. Und Satz 3 versucht uns die so einfache und so schwer umzusetzende Binsenweisheit zu vermitteln, dass man mit Anbrüllen bei einem anderen Menschen selten Kooperationsbereitschaft auslöst. Man verschlechtert seine Verfassung und die eigene, man belastet die Beziehung – das ist alles, was man erreicht. Fragen Sie sich selbst: Wenn sie angebrüllt werden – vergrößert das ihre Bereitschaft zu lernen und gar noch von der Person zu lernen oder zu tun was die Person will, die sie anbrüllt?

So, das zu den Voraussetzungen und Zielen der kloeterschen Erziehungsvorschläge. Jetzt zum eigentlichen Erziehungsgeschäft: Wie erreiche ich, das meine Kinder tun, was sie tun sollen, nicht tun, was sie nicht tun sollen und was heißt dabei eigentlich „konsequent sein“?

Was die Gebote angeht, kommen uns die Vorschläge sehr bekannt vor: Klar, Vormachen ist am besten. Kinder lernen am Modell, predigen ist nichts, selber tun, was man möchte, dass der andere tut, ist alles. Verbote durchsetzen – da kommen die Kloeters mit einem etwas seltsamen Vorschlag: Wenn es nicht um Leib und Leben geht, wo ruhig und bestimmt durchgegriffen wird, heißt es: „Immer wieder mit Worten billigen, bagatellisieren“. Hä? Wenn mein Kind Mist baut, soll ich sagen „Ist schon o.k. kann schon mal passieren, halb so wild“? Bei genauer Untersuchung dieser Frage muss man den Kloeters allerdings zugestehen, dass sie sich mit dieser Methode schon in den Sechzigern auf der Höhe moderner Lernpsychologie befunden haben: Große negative Aufmerksamkeit für unerwünschtes Verhalten verstärkt dieses. Ein gelassenes „Kann schon mal passieren“ drückt aus, dass es natürlich eigentlich nicht passieren sollte, gibt den Kleinen aber nicht die Möglichkeit, ihr Lieblingsspiel zu spielen: Mama und Papa die Wände hochgehen lassen. Wobei das nicht abfällig gemeint ist im Sinne dessen, was uns manche Erziehungstrainings suggerieren: „Kinder sind eigentlich Monster, die nur darauf aus sind, uns auf dem Kopf herum zu tanzen und uns zu beherrschen, und man darf ihnen deshalb keine Handbreit Boden überlassen“. Es ist ganz liebevoll gemeint – ganz ehrlich: Wenn Sie klein wären und die Möglichkeit hätten, die gottgleichen Großen mit einem ganz einfachen Trick – etwas falsch machen – dazu zu bringen, aus dem Hemd zu springen – würden Sie sich das entgehen lassen?

Außerdem und vor allen Dingen vermeidet diese Methode gravierende Verletzung der Person des Kindes, wo es nur um eine Veränderung seines Verhaltens geht.

Bei Schwierigkeiten, auf diesem Weg die Durchsetzung von Verboten und Geboten zu erreichen, heißt es bei Kloeters immer: „Zurück auf Los“. Geht es meinem Kind zu schlecht, um zu kooperieren? Dann gilt: Erst die Verfassung des Kindes verbessern, dann weitererziehen. Ist eine schlechte Verfassung nicht festzustellen und es klappt trotzdem nicht mit den Ge- und Verboten, heißt es für die Eltern, sich selbst zu überprüfen: Sind meine Gebote und Verbote altersgerecht? Verbiete und gebiete ich vielleicht zu viel? Ist das Verhalten meines Kindes eigentlich akzeptabel und bin ich zu empfindlich? (Dann hätte ich mich erst mal um meine eigene Verfassung zu kümmern, siehe unten, Satz 7.)

Mit dem Satz „Erst die Verfassung des Kindes verbessern, dann erziehen“ ist schon der Kern der Kloeterschen Definition von Konsequenz benannt: Richte dich konsequent nach der seelischen Verfassung Deines Kindes. Sei besonders lieb zu dem besonders bösen Kind, fordere das liebe Kind, das Kind dem es gut geht.

Und ganz am Schluss, mit Hinweis sieben, nimmt die Sache noch mal eine überraschende Wendung: Hier geht es gar nicht mehr um die Kinder, sondern um mich selbst: „Tue etwas für Dich selbst“ lautet Satz 7. Und damit ist keinesfalls nur ein bisschen Wellness gemeint – geh mal in die Sauna, gönn Dir ein Mittagschläfchen, vermiete die Kinder mal an eine Freundin und geh genüsslich shoppen. Das ist alles sicher sehr sinnvoll, aber Kloeters meinen etwas anderes, etwas Fundamentales – am Ende lassen sie die Katze eigentlich erst richtig aus dem Sack: Eigentlich ist nicht die gute Verfassung der Kinder das A und O der Kindererziehung, sondern – die gute seelische Verfassung der Eltern. Eltern, denen es gut geht, gehen gut mit ihren Kindern um. Eltern, die gut mit sich selbst und anderen umgehen, haben wie von selbst Kinder, die das auch tun. Eltern, denen es gut geht, lernen schnell, leisten viel und machen wenig Fehler – in der Kindererziehung und überhaupt im Leben……..und haben natürlich genau solche Kinder ……

Und wie geht man gut mit sich selbst um? Hier wird es dann richtig paradox und bleibt doch faszinierend: In dem man sich zum Beispiel erlaubt, in der Kindererziehung jede Menge Fehler zu machen, ohne sich dafür selbst zu kasteien. Satz 1-6 einüben ist gut und schön, aber Kloeters schlagen dabei unter anderem folgende Lernmethode vor: Lege Dir eine Reihe leckerster Pralinen ins Regal. Nehme Dir vor, leise und freundlich zu sprechen, Deine Kinder nicht anzuschreien. Du kommst von der Arbeit nach Haus. Dein Kind ist schon da – Schultasche und Jacke liegen direkt hinter der Eingangstür im Flur, die Küche sieht aus wie nach einem Bombenangriff, Marmelade überall, Milchseen, eine draußen stehen gelassene Milchtüte. Vom Tatort führen dreckige Fußspuren ins Kinderzimmer …… „Wirst Du wohl sofort herkommen, Du missratenes Kind, und Deinen Krempel ordentlich wegräumen, wie oft soll ich Dir das noch sagen, das jeder der die Küche benutzt, sie so hinterlassen soll, wie er sie vorgefunden hat, und wann wirst Du endlich mal Deine Dreckschuhe ausziehen, bevor Du durch die Wohnung rennst, jeden Tag dasselbe, Du treibst mich zum Wahnsinn…!“ Äh – wie war das mit dem nicht rumbrüllen? O.k. es hat nicht geklappt. Jetzt setzen Sie sich gemütlich an den Küchentisch und essen mit Genuss eine Praline. Lösen sie die Verbindung von Fehler und Strafe! Bei sich selbst und bei ihrem Kind. (Was in diesem Falle bedeutet, dass Sie nachdem sie genüsslich die Praline verspeist und sich abgeregt haben, natürlich ins Kinderzimmer marschieren, sich für ihren Ausbruch entschuldigen, um Verständnis dafür bitten – kann schon mal passieren – und noch mal leise und freundlich ihre Bedürfnisse vortragen …..) Fehler sind nichts Schlimmes, Fehler sind eine Möglichkeit zu lernen. Auch hier sind Kloeters sehr modern: Fehlerfreundlichkeit als kraftvoller Katalysator für Lernprozesse – eine Formel, die Sie in „angesagten“ Managertrainings und Organisationsentwicklungsverfahren für Industrieunternehmen finden. Und Fehlerfreundlichkeit ist eben auch in der Persönlichkeitsentwicklung für ganz viele von uns ein zentraler Punkt, wenn es darum geht, uns anzunehmen und zu lieben wie wir sind, dafür, gut mit uns selbst umzugehen.

Eingebettet sind die sieben Hinweise zur Kindererziehung bei Kloeters in ein Lernprogramm. Kloeters gehen davon aus, dass man die sieben Thesen an einem Tag lesen, verstehen und einleuchtend finden kann, aber circa zwei Jahre braucht, um sein eigenes Verhalten entsprechend zu ändern. Dazu haben sie sich eine Lernmethode mit zweiwöchentlichen, kleinteiligen Lernschritten, Leitgedanken, imaginierten Leitsituationen, der Führung eines Erziehungstagebuches und wenn möglich dem Austausch in einer Elterngruppe, die sich regelmäßig trifft, ausgedacht. Auch diese Methode ist erstaunlich modern und entspricht den Erfordernissen moderner Lernforschung an ein gut strukturiertes und erfolgversprechendes Übungsverfahren.

Resumee: Die Kloetersbriefe sind eine zeitgemäße und empfehlenswerte Hilfestellung für Eltern, die nach Wegen zu einem entspannten, zufriedenen und für sich selbst und ihre Kinder entwicklungsfördernden Zusammenleben in der Familie suchen.

Erhältlich bei:

Erhältlich bei:

Liane Emmersberger Shop oder Email an Liane.emmersberger@icloud.com

Dr. Ute Müller-Giebeler

Tröstliche Geschichten für Lehrkräfte und Eltern von ADHS-Kindern
Verlag Modernes Lernen, 1. Aufl. (August 2004)
ISBN-10: 386145260X
ISBN-13: 978-3861452607

Bewertung: 3 von 5 Raben

Beim ersten Durchblättern des liebevoll gestalteten Büchleins dachte ich: „Hm – eigentlich nur eine (durchaus nette) Aneinanderreihung von klassischen Kindermündern.“ Das genauere Lesen belehrte mich eines Besseren und machte mir die Unterschiede deutlich.
„Bücher über Hyperaktvität, Unaufmerksamkeit, ADS und ADHS gleichen oft Katastrophenberichten“, so schreiben die Autoren auf der Buchrückseite. Ihnen ist es mit diesem Buch ein besonderes Anliegen zu zeigen, „…dass Hyperaktivität und Unkonzentriertheit nicht nur negative Seiten haben.“ Und das gelingt ihnen auch wirklich gut. Es wird sehr deutlich, dass sie den Kindern, mit denen sie arbeiten eine positive und liebevolle Haltung entgegenbringen, dass sie deren Herzlichkeit und Kreativität schätzen.
Die Geschichten, die sie erzählen, möchten vor allem Eltern dazu ermutigen, den Blick auf ihre Kinder zu verändern und deren Stärken wieder mehr wahrzunehmen.
Eine Sache allerdings störte mich sehr: wie selbstverständlich werden auch nette Erlebnisse mit drei- oder vierjährigen Kindern erzählt. Das finde ich kritikwürdig, da man im diesem Alter eine der oben genannten Diagnosen nicht wirklich stellen kann. Ich sehe daher eher die Gefahr, dass man damit bei Eltern den augenblicklichen Trend stützt, bei jedem etwas lebhafteren Kind den Verdacht auf ADHS zu äußern.
Lotta

Bewertung: 3 von 5 Raben

Ein Studienhandbuch
utb, 5., völlig überarbeitete Auflage von 2006
ISBN-10: 3825227251
ISBN-13: 978-3825227258

Bewertung: 5 von 5 Raben   Bewertung:  5 von 5 Raben

Kunzcik und Zipfel präsentieren auf 474 Seiten den aktuellen Stand der Forschung zum Thema Gewalt und Medien und gehen dabei explizit auf die Vertreter der unterschiedlichen Wirkungstheorien ein, stellen sie vor und kommentieren dann Stärken und Schwächen der verschiedenen Studien.

Das Buch fällt für mich nicht in die Kategorie Bettlektüre, ist aber so gehalten, dass es auch für Laien gut verständlich ist. Englischkenntnisse sind von Vorteil, da immer wieder längere Passagen in Englisch zitiert werden, aber nicht Voraussetzung, um den Inhalt zu verstehen.

Das Buch ist übersichtlich gegliedert, in

1. Einleitung
2. Begriffserklärung
3. Zur historischen Dimension der Diskussion um Mediengewalt
4. Ergebnisse von Inhaltsanalysen
5. Gründe für die Nutzung von Mediengewalt
6. Thesen und Studien zur Wirkung von Mediengewalt
7. Besondere Forschungsmethoden (Langzeituntersuchungen, Feldstudien, Problemgruppenuntersuchungen, Meta-Analysen)
8. Einflussvariablen im Wirkungsprozess
9. Wirkungen von Gewalt im Computerspielen
10. Wirkungen von Gewalt in weiteren Medien
11. Berichterstattung über reale Gewalt
12. Die Wirksamkeit medienpädagogischer Massnahmen
13. Schlussbemerkungen

Es ist so auch möglich, sich Informationen zu bestimmten Bereichen zu suchen, ohne das ganze Buch durchzugehen.

Gewalt in den Medien ist ein Thema, mit dem sich nicht nur Fachpersonen beschäftigen sollten, sondern auch Eltern und alle, die sich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigen. Leider ist es heute oft so, dass die einzigen Informationen zum Thema diejenigen sind, die nach einer spektakulären Gewalttat in Printmedien und Fernsehen präsentiert werden. Was dann zumeist in der Form erfolgt, dass Fernsehen und Computerspiele als Auslöser verurteilt werden.

Speziell interessiert mich das Thema natürlich seit ich selber Kinder habe. Ich sehe mir aus verschiedenen Gründen kaum Filme an, in denen viel Gewalt vorkommt, ging aber immer davon aus, dass mir das Ansehen von Gewalt nicht schaden könnte. Damit befinde ich mich offensichtlich in guter Gesellschaft. Zitat: „von der Forschung als Third-Person-Effect (Andere-Leute-Effekt) bezeichnete Phänomen, dass sich die Überzeugung von der Gefährlichkeit der Medien nicht auf die eigene Person bezieht, sondern es lediglich „die anderen“ sind, die als höchst gefährdet betrachtet werden.“

Interessant fand ich auch die Ausführungen zum Begriff Gewalt und was alles darunter fällt. Seither sehe ich mir Filme noch einmal mit ganz anderen Augen an und mir ist aufgefallen wie viel Gewalt, die mir in der Realität als solche auffallen würde, im Film untergeht. (Selbst in an und für sich harmlosen Filmen wird gerne mal von Frauen eine Ohrfeige an nervende Freunde verteilt).

Darüber hinaus erhält man ausführliche Informationen zu Gewalt im historischen Kontext, Kriminalitätsberichterstattung auch in Printmedien etc. Die Autoren stellen dar, dass es Unterschiede gibt in der Gewaltwahrnehmung von Mädchen/Jungen, dass das soziale Umfeld und das Vorhandensein von Gewalt in der Familie ein wichtiger Aspekt ist. Erklären, dass es einen Unterschied macht, ob Gewalt von Helden oder Bösen ausgeübt wird, ob sie gerechtfertigt wird oder nicht. Es gibt noch mehr Aspekte, die berücksichtigt werden und das finde ich sehr interessant, um mir eine Vorstellung zu machen, was ich meinen Kindern wann erlauben werde.

Für mich besonders interessant war hier auch das Kapitel über die Wirksamkeit medienpädagogischer Massnahmen. Die Erklärungen, wie Eltern in welchem Alter eingreifen können, finde ich ausgesprochen hilfreich. Erläutert werden da zum Beispiel die Anwendung von Verboten, gemeinsames Ansehen von Fernsehsendungen und in welcher Form man mit Kindern über Fernsehsendungen am Besten spricht. Es gibt aber auch einen Abschnitt zu schulischen Massnahmen.

Insgesamt ein Buch, das ich uneingeschränkt empfehlen kann. Daher von mir 5 Raben.
Justine

Bewertung: 5 von 5 Raben   Bewertung:  5 von 5 Raben

Kinder durch die Pubertät begleiten

Piper-Verlag 2011
ISBN-13: 978-3492054454
Bewertung: 4 von 5 Raben

„Eltern haben mindestens 12 Jahre Zeit, ihr Kind zu erziehen. Wenn es in die Pubertät kommt, können sie nur hoffen, dass sie ihre Sache gut gemacht haben.” (S. 258) Daher entfaltet Remo Largo im Gespräch mit Monika Czernin keine Patentrezepte für den Umgang mit Jugendlichen, sondern stellt in erster Linie die Entwicklungsaufgaben des Erwachsenwerdens vor. Er erklärt gut verständlich diese großen Entwicklungsaufgaben – Geborgenheit finden, soziale Akzeptanz und Selbstverwirklichung – wie auch die gravierenden körperlichen Veränderungen. Dabei gelingt es ihm, die Potenziale von Jugendlichen in den Mittelpunkt zu stellen und sich dem Thema nicht defizitorientiert zu nähern.

Die drei Teile des Buchs – Entwicklung, Entwicklungsaufgaben und Umfeld der Jugendlichen – sind in kleinere, gut für sich lesbare Unterkapitel unterteilt, die jeweils mit einer Kurzzusammenfassung enden. Wie auch die Vorgänger “Kinderjahre” und “Schülerjahre” enthält der Band einen breiten Abbildungsteil mit statistischem Material.

Man merkt allerdings insbesondere diesem Band an, dass Largo von einer Lebenswelt ausgeht, in der die Jugendlichen relativ stabil an einem Ort und in ihrer sozialen Umgebung verbleiben. Bei Fragen von Geschlechteridentität, sexueller Identität und Rollenbildern sind in die Ausführungen wenig Erfahrungen eingeflossen, die nicht von dauerhaft ortsgebundenen, heterosexuell orientierten Jugendlichen ausgehen. Trotzdem und auch wenn die eingestreuten gesellschaftspolitischen Forderungen den einzelnen Lesern wenig Handlungskompetenz geben, macht aber insbesondere der wertschätzende Blick auf Jugendliche das Buch zu einer sehr empfehlenswerten Lektüre. Insgesamt: vier Raben.

Bewertung: 4 von 5 Raben

Annette Jantzen

Tipps für die ersten 10 Lebensjahre des hochsensiblen Kindes

Verlag: Festland, Wien, 2010
ISBN-10: 9783950176551
ISBN-13:978-3950176551

Bewertung: 4 von 5 Raben

 

„Empfindsam erziehen – Tipps für die ersten 10 Lebensjahre des hochsensiblen Kindes“ ist das Thema des Buches von Julie Leuze und trägt auf der Titelseite einen dicken Aufdruck „Von Eltern für Eltern“. Das ist das Programm des Buches, die Autorin beschränkt sich im Wesentlichen auf meist kurze informative Zwischentexte und lässt ansonsten die Eltern mit vielen kurzen Statements, Tipps und Erfahrungen zu Wort kommen.

Was Hochsensibilität ist, wird nur kurz gestreift, da die Autorin davon ausgeht, dass betroffene oder interessierte Eltern darüber bereits gut informiert sind. Im Folgenden ist das Buch untergliedert in die Lebensphasen des Kindes – Babyzeit, Kleinkindzeit und Schulzeit.
Für die Babyzeit werden vorrangig die Themen Schreien und Schlafen behandelt, Themen, die auch für Eltern nicht-hochsensibler Kinder oft problematisch sind. Die Autorin gibt Ratschläge und lässt Eltern zu Wort kommen, welche eingangs von ihrer eigenen Unsicherheit oder Überforderung berichten. Im Folgenden distanziert sich das Buch deutlich von Schlaf- oder Verhaltensprogrammen und stellt die menschliche Beziehung in den Vordergrund.

In der Kleinkindzeit haben sich die Bedürfnisse des Kindes bereits stark verändert und wieder plädiert die Autorin dafür, eine günstige Umgebung zu schaffen, in der die Wahrnehmungsfreude des Kindes Raum bekommt, gleichzeitig aber liebe- und verantwortungsvolle Strukturen herrschen, die dem Kind ermöglichen, einen individuell richtigen Weg ohne Überreizung und Überforderung zu finden.
Für besonders erwähnenswert halte ich das Kapitel „Das Vorbild der Eltern“, in dem die Autorin die Eltern in den Fokus nimmt. Dabei macht sie darauf aufmerksam, dass hochsensible Kinder oft auch hochsensible Eltern haben und dass den Problemen der Kinder nicht selten Probleme der Eltern zu Grunde liegen. Und dass die Probleme der Kinder in diesen Fällen verschwinden, wenn die Eltern sich ihren eigenen Schwierigkeiten und Schwächen stellen.

Für die Schulzeit tauchen für hochsensible Kinder und deren Eltern neue Schwierigkeiten auf. Das Buch geht auf verschiedene Themen wie Reizüberflutung, Abgrenzung zu ADHS und Hochbegabung, Perfektionismus und Selbstabwertung, Schüchternheit, soziale Schwierigkeiten und Mobbing ein und bietet exemplarisch untermalte Lösungsvorschläge wie Entschleunigung, Mut zum Fehler, Optimismus und Selbstachtung.

Das Buch ist ein Plädoyer für ein aufmerksames Miteinanderleben, in denen die Bedürfnisse aller Familienmitglieder im Mittelpunkt stehen und ist als solches eigentlich nicht nur für die Eltern hochsensibler Kinder ein wertvoller Impulsgeber. Gerade für festgefahrene Situationen und zu sehr fremdbestimmte Ansichten darüber, was Kinder sein oder können sollen bietet Julie Leuze Auswege und neue Sichtweisen, die allen Beteiligten die Freude am miteinander Leben leichter machen können.

Eigentlich – sollte man meinen – ist das alles hinlänglich bekannt. Gerade versierte Nutzer(innen) des Rabeneltern-Forums werden viele Tipps bereits kennen und auch mit den Informationen weitgehend vertraut sein, daher ein Rabe Abzug. Andererseits aber können die Grundsätze respekt- und liebevollen Umgangs in Familien bei den erstaunlichen Absatzzahlen von Büchern, die Kinder eher als zu kultivierende (Un-?) Kräuter zu betrachten scheinen, nicht oft genug betont werden:  4 Raben von mir.
Bewertung: 4 von 5 Raben

Löffelkraut

Wege aus dem Familienstress
rororo; Auflage: 2 (1. September 2006)
ISBN-10: 3499619903
ISBN-13: 978-3499619908
Bewertung: 4 von 5 Raben

In ihrem Ratgeber analysieren die Autoren den „Arbeitsplatz Familie“. Und dabei übertragen sie den aus der Erwerbswelt bekannten Begriff Burn-Out auf stark belastende Familiensituationen. Diese können zu seelischen und auch körperlichen Erkrankungen führen.
Lesenswert wird das Buch durch die vielen Erfahrungsberichte aus Familien mit Kindern aller Altersgruppen. Auch Alleinerziehende und Patchwork-Familien kommen zu Wort.
Rezepte werden nicht geliefert, vielmehr geht es den Autoren um einen individuellen Weg. In „Haltepunkten“ werden die LeserInnen aufgefordert, sich bestimmte Fragen zu stellen und zu reflektieren. Dabei geht es um die Erfahrungen mit der Herkunftsfamilie, aber auch um Konflikte zwischen Beruf und Familie.
Das Fazit der Autoren: Oft sind es mangelnde Erfahrungen mit Kindern, die bei werdenden Eltern überzogene Erwartungen entstehen lassen. Nach der Geburt kommt dann der „Praxischock“.

Was ich gut fand: Die Autoren bleiben nicht beim Individuellen stehen, sondern das Buch ist auch durchaus politisch zu lesen. Denn viele Probleme, die Familien haben, können nicht allein bewältigt werden . gerade wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Aber noch etwas ist interessant: In der (nicht repräsentativen) Stichprobe hatten die Eltern die meisten Kinder, die offen für alles an die Situation herangegangen sind, ohne Bilder aus der Babynahrungs- und Windelwerbung. Vielleicht sollte das Bild von Familie in der Öffentlichkeit realistischer werden, damit Eltern mehr Kinder bekommen. Daher ist dieses Buch durchaus auch geeignet für Familienpolitiker.

Was ich schlecht fand: Im Anhang fehlt ein größerer Adressenteil. Der ist eindeutig zu kurz. Und inhaltlich: Es wird betont, dass gerade Krankheit in ersten Lebensjahr für fast alle Eltern sehr belastend ist. Da hätte ich mir ein klares Votum für das Stillen gewünscht. In diesem Zusammenhang sind die Studien wirklich eindeutig. Aber die Autoren wollten vielleicht Eltern kein schlechtes Gewissen machen. Auch das Familienbett als ein praktischer Weg wird nicht erwähnt. Was die Betonung der Paarzeit (der Zeit also, die die Eltern nur für sich haben) angeht: die ist mir etwas zu einseitig. Sicher trifft es auf viele (die meisten?) Eltern zu, dass sie diese Zeit benötigen. Aber ich denke, das muss nicht so sein. Auch da sollte jede Familie ihren eigenen Weg gehen können.

Ein Tipp ist das Buch eigentlich schon in der Planungsphase für das erste Kind, damit es erst gar nicht zum „Eltern-Burnout“ kommt.
4 Raben von Astrid Ahlers

Bewertung: 4 von 5 Raben

Therapeutische Geschichten für impulsive Kinder
Salzhausen, 2006 (4.Auflage)
ISBN-10: 3-89403-189-1
ISBN-13: 978-3894031893

Bewertung: 4 von 5 Raben

Mit diesem Buch, das 93 Seiten umfasst, hat die Therapeutin Dr. Erika Meyer-Glitza, die 16 Jahre in einer Hamburger Erziehungsberatungsstelle tätig war, ein Buch mit Geschichten über Kinder und ihre Aggressionen vorgelegt, das für Kinder, Eltern, Erzieher und Therapeuten gleichermaßen interessant sein kann.

Das Buch beginnt mit einer kurzen Einleitung, die sich an die Erwachsenen richtet, in der die Autorin auf ihre therapeutische Praxis verweist und dann kurze Ausführungen zu den Themen Spieltherapie und Familiengespräch macht. Nach einer weiteren Einleitung, die sich an die Kinder wendet – „Wütend werden ist ja an sich nicht schlimm. […] Nur wenn man sich und anderen damit schadet, kann es schlimm werden. Darum erzähle ich euch diese Geschichten. Vielleicht rastet ihr ja auch manchmal zu doll aus, mehr als ihr selber es wollt. Dann könnte es für euch interessant sein zu hören, was anderen Kindern geholfen hat.“ – geht es los mit den 14 Geschichten. Jede der Geschichten behandelt ein anderes Thema, eine andere Ursache für Aggressionen. Die Spannweite reicht dabei von Fremdenfeindlichkeit über Gewalt auf dem Schulhof, Übergewicht und emotionale Vernachlässigung bis zu Konflikten zwischen den Eltern und einem schlicht aufbrausenden Wesen. Im Inhaltsverzeichnis wird das Thema der Geschichte jeweils stichpunktartig genannt, so dass sich der (vorlesende) Erwachsene gezielt Geschichten heraussuchen bzw. sich ein Bild von deren Thematik machen kann.

Natürlich sind nicht alle Geschichten für alle Kinder geeignet. Ich selbst habe das Buch empfohlen bekommen, als ich nach einem Grenzen-Überschreitenden-Ausrasten meines Sohnes auf der Suche nach Möglichkeiten war, sein Verhalten mit ihm zu „bearbeiten“ und habe es vorab durchgelesen. Ich fand alle Geschichten interessant, habe dann aber für ihn zuerst die Geschichte ausgesucht, die mir am Passendsten für seine Situation erschien. Das war zunächst die Geschichte von dem japanischen Wutgeist Kan-no-mushi, der in jedem Menschen lebt und meist ganz klein und lieb ist und schläft, wenn man ihn richtig behandelt, der aber auch sehr ärgerlich werden und dann einen Wutanfall auslösen kann. Ich stelle mir vor, dass gerade für jüngere Kinder diese Idee eines anderen Wesens, das in dem Kind waltet, entlastend sein kann, weil sie oft selbst nicht begreifen, geschweige denn erklären können, warum sie sich so aggressiv verhalten haben. Gleichzeitig bietet diese Geschichte dem Kind eine Handlungsmöglichkeit an, wobei die „richtige Behandlung“ des Kan-no-mushi bei jedem Kind anders aussieht: dem einen hilft Karatetraining, dem anderen seine Lieblingsmusik, dem dritten das Tanzen, dem vierten wieder etwas anderes – das muss es eben selbst herausfinden.
Später habe ich dann weitere der Geschichten vorgelesen, und meine beiden Kinder (8 und knapp 5 Jahre alt) waren – auch wenn das keine ganz leichte Kost war – hochkonzentriert bei der Sache und haben intensiv zugehört. Auch wenn sie von der Problematik der Geschichte nicht selbst betroffen waren (z.B. Adoption), so half es ihnen doch, wie ich glaube, sich in die Emotionen anderer Menschen hineinzuversetzen und ihre Empathiefähigkeit zu erweitern.

Ziel der Autorin ist es laut Klappentext, mit diesen Geschichten „impulsiven Kindern [zu] helfen, ihre aggressiven Tendenzen zu beherrschen und innerlich so umzuwandeln, dass sie als wertvolle Lebenskräfte wirksam sein können.“
Ob dieser hohe Anspruch regelmäßig bei den kindlichen Lesern eingelöst wird, sei einmal dahingestellt. Lohnenswert ist die Lektüre aber allemal, wenn ein Kind auf atmosphärische Störungen seiner Umgebung mit Wutausbrüchen oder Zerstörungswut reagiert.

Ich persönlich hätte mir den einführenden Teil etwas ausführlicher gewünscht, auch wenn ein kurzes Literaturverzeichnis das Buch abrundet.
Roberta

Bewertung: 4 von 5 Raben

dtv, Auflage: Neuaufl. (Juli 1997)
ISBN-10: 342336047X
ISBN-13: 978-3423360470

Neueste Auflage:
Verlag: Klett-Cotta; Auflage: 20. Druckaufl. 2018 (17. Juni 2018)
ISBN-10: 9783608945355
ISBN-13: 978-3608945355

Bewertung: 4 von 5 Raben

„Kinder sind anders“ ist die Entstehungsgeschichte der Montessori-Pädagogik, geschrieben von der Gründerin selbst. Hier berichtet sie in recht wissenschaftlichem Schreibstil, wie sie – mehr oder weniger versehentlich – durch das Betreuen von armen italienischen Kindern lernte, was die Bedürfnisse von Kindern sind, was sie können und wollen und wie man sie fördert. Durch Beobachtung und Experimentierfreudigkeit wurde darauf ihre Pädagogik aufgebaut.
Das Buch selbst ist in 3 Teile gegliedert: Beobachtung, Schlussfolgerungen und Ansätze zum Verbessern, wobei sich jeder Teil in kurze Unterabschnitte gliedert, so dass es insgesamt sehr übersichtlich gehalten ist. Anhand von vielen Beispielen zeigt Montessori – ausgehend von Freuds Psychoanalyse – wie falsch viele der damals (1907) verbreiteten Annahmen über Kinder waren und zeigt gleichzeitig einen alternativen, zwangfreien Weg auf, der sich auf die Erfahrungen von Montessori-Schulen in über 40 Ländern der Welt (ca. um 1911) stützt und eben nicht – wie viele andere Konzepte dieser Art – auf eine Theorie die es zu beweisen gilt. Es ist verwunderlich, dass sich selbst heute noch viele Gerüchte über Kinder halten können, die Montessori schon vor über einem halben Jahrhundert klar widerlegen konnte und dass einem das Buch noch heute die Augen öffnet.
Auf knapp über 200 Seiten ist das Buch kein großer Brocken, die Informationen sind recht kompakt, aber doch immer mit Beispielen versehen. Der sehr nüchterne Schreibstil der Autorin ist sicherlich nicht jedermanns Sache und die teilweise recht langen, tief religiösen Abschweifungen machen das Buch stellenweise sehr schwer lesbar. Hat man ein Viertel hinter sich, kann man sich allerdings kaum noch dem Bann entziehen und wundert sich selbst Jahrzehnte nach Niederschrift dieses Buches darüber, mit welcher Leichtigkeit die Kinder selbst Montessori den Weg zu einer besseren Erziehung gewiesen haben. Was „Geburt und Stillen“ von Michel Odent für Geburt und Babyalter darstellt, ist „Kinder sind anders“ für das Kleinkindalter: fast schon Pflichtlektüre.
Wer damit liebäugelt, sein Kind in einen Montessori-Kindergarten oder eine -Schule zu geben, ist sicherlich gut damit beraten, dieses Buch zu lesen, um mit den Grundsätzen vertraut zu werden und die für viele seltsam anmutende Arbeitsweise in Montessori-Kindergärten und -Schulen zu verstehen. Aber auch für solche die das nicht vorhaben zeigt das Buch viele Erklärungen und Lösungen für das typische Verhalten der Kinder das all zu oft als „Launen“ abgetan wird.

Bewertung: Inhaltlich definitiv fünf Raben, aufgrund des teilweise schweren Schreibstiles m.E. aber eher nur vier.
Mark (Gastrezensent) für Rabeneltern.org

Bewertung: 4 von 5 Raben

Die entscheidende Bedeutung der Kind-Eltern-Bindung
Genius Verlag; Auflage: 1 (2006)
ISBN-10: 3-9344719-20-1
ISBN-13: 978-3934719200

Neueste Auflage:
Verlag: Genius (1. Juli 2015)
ISBN-10: 3934719449
ISBN-13: 978-3934719446

Bewertung: 5 von 5 Raben Bewertung: 5 von 5 Raben

Das Buch beginnt mit einem Zitat von J. Krishnamutri: Jegliches Handeln hat nur im Kontext von Beziehung Sinn, und ohne Verständnis der Beziehung wird es auf allen Ebenen nur zu Konflikten führen. Ein Verständnis der Beziehung ist viel, viel wichtiger als die Suche nach einem Handlungsplan.
„Unsere Kinder brauchen uns“ geht genau auf den Inhalt dieses Zitates ein. Es ist ein Beziehungsbuch, aber nicht nur eines, das aufzeigt, wie wichtig Beziehung in den ersten Lebensjahren ist. Es geht viel weiter – zu den Beziehungen des gesamten Lebens und zu den Beziehungen unserer Gesellschaft. Es erklärt, warum stabile Beziehungen das gesamte Leben lang wichtig sind, insbesondere in der Zeit bis zum Erwachsenwerden. Es zeigt auf, warum und dass es in den modernen Gesellschaften zu wenig Beziehungen gibt – und dass wir uns nicht einmal klar sind, dass es diese Beziehungen sind, die uns fehlen.
Dieses Buch ist ein Muss für alle Eltern von Kindern in jedem Alter, vom Säugling bis zum Erwachsenen, aber auch für Erzieher und Lehrer – für jeden, der mit Kindern zu tun hat. Es ist aber auch ein Muss für Politiker, die aktuell überlegen, wie eine Kinderbetreuung am besten gestaltet werden kann.
Beziehung und Verbundenheit ist der Schlüssel für eine klare und liebevolle Begleitung unserer Kinder. Das hat nichts zu tun mit ehemaliger total autoritärer Erziehung, aber es kann wiederum nicht sein, dass sich Eltern zurückziehen von ihren Kindern, sie den Gleichaltrigen und den modernen Medien überlassen. Kinder sind nicht unsere Freunde, sie benötigen die Weisheit und Erfahrung der Älteren – auch wenn sie dagegen rebellieren. Sie müssen zeitweise auch dagegen rebellieren. Sie brauchen dabei jedoch Stabilität und bedingungslose Liebe.
Viele Ratgeber empfehlen heute Erziehungsmethoden mit Zimmerarrest und anderen Formen von Auszeit – ein Zustand, bei dem wir aus der Beziehung zu unseren Kindern austreten. Das Wissen von Neufeld und Mate führt uns zurück zu unserer natürlichen elterlichen Intuition. Es stärkt die Eltern, damit diese ihre Beziehung zu ihren Kindern stärken, sich zutrauen, diese Stärkung zuzulassen. Es zeigt auf, welche Möglichkeiten es in unserer industrialisierten Welt gibt, den Kindern eine Lebensgemeinschaft zu ermöglichen. Für viele wird es eine Bestätigung der eigenen Gefühle sein, der eigenen Intuition – und somit eine Bestärkung, diesen Weg unbedingt weiterzugehen.
Die These des Buches ist, dass viele Probleme von Kindern in deren Orientierung an Gleichaltrigen begründet sind, dass also die Bindung an die Erwachsenen in unserer Kultur verlorengegangen ist. Diese These wird sehr differenziert und ausführlich begründet, dadurch werden die Ausführungen dazu etwas langatmig. Zuletzt – im Vergleich zur Analyse sehr kurz gehalten – geben uns die Autoren Wege, aus dem Dilemma herauszukommen. Selbst wenn man einige Ansätze anders sieht und die Gleichaltrigenorientierung nicht der alleinige Grund sein mag, ist das Buch inspirierend, bedenkenswert und interessant. Es sollte Bestandteil aller pädagogischen Lehrpläne werden.

Das Buch bekommt von mir fünf Raben für den Inhalt, vier für die Lesbarkeit. Wenn es kürzer und zusammenfassender geschrieben wäre, würde es mehr Leser erreichen. Und es müsste eigentlich alle erreichen!
Gudrun von der Ohe, Ärztin sowie Still- und Laktationsberaterin IBCLC, www.stillberatung.info

Bewertung: 5 von 5 Raben   Bewertung:  5 von 5 Raben

Born to be wild: Wie die Evolution unsere Kinder prägt
München 2009 (Kösel), 1. Auflage
ISBN 978-3-466-30824-8

Bewertung: 5 von 5 Raben Bewertung: 5 von 5 Raben

Evolution ist in aller Munde. Was bis jetzt gefehlt hat: Ein umfassender systematischer Blick auf Babys und Kinder in allgemeinverständlicher Form.

Herbert Renz-Polster unternimmt dies nun in seinem Buch. Bereichert dieser neue Blickwinkel auf die Kindheit nun? Ist es eine sinnvolle Ergänzung im doch so großen Angebot der Baby- und Erziehungsratgeber?

Dies lässt sich eindeutig bejahen!

Denn dieser Ansatz sieht Kinder nicht mehr als defizitäre Menschen, sondern fragt: „Welchen Vorteil bringt es, dass Babys und Kinder so sind, wie sie sind?“ Warum beruhigen sich Babys am besten auf Mutters Arm, warum verweigern Kinder das so gesunde Gemüse, wieso trotzen sie so?
Um diesen Fragen auf den Grund zu kommen, betrachtet Renz-Polster nicht nur die Lebensbedingungen unserer steinzeitlichen Vorfahren, auch der Umgang mit Kindern in anderen Kulturen weltweit oder auch unserer tierischen Verwandten wird berücksichtigt.

Dabei widersteht Renz-Polster der Gefahr „ursprüngliche“ Kulturen zu idealisieren oder Patenrezepte zu verbreiten. Der Blick über den Tellerrand unserer westlichen Kultur hilft den Eltern dabei, auch einmal zunächst ungewohnt scheinende Wege zu gehen. Außerdem erhalten Eltern so mehr Gelassenheit: „Es ist normal, wenn mein Kind das Töpfchen verweigert.“

Der Autor will nicht erreichen, dass alle ihre Kinder aufziehen wie die Papua in Neuguinea. Vielmehr gibt die Lektüre den Eltern die Gelassenheit: „Mein Kind ist gut, so wie es ist. Und das für uns so Anstrengende liegt nicht an unseren oder seinen Fehlern.“

All diese Erkenntnisse vermittelt der Autor auf unterhaltsame und leicht lesbare Art, so dass das Buch trotz seiner Dicke (immerhin sind es ca. 500 S.) nie langweilig wird. Wichtige Aspekte werden zudem immer mal wieder aufgegriffen, so dass auch häppchenweises Lesen geht: Eltern haben gerade in der Babyphase selten Zeit, Wälzer zu lesen. Die Kapitel sind jeweils zweigeteilt: Den Grundlagen folgt immer ein Teil „Einblicke und Ausblicke“, der kontroverse Theorien aufgreift oder Hintergründe vertieft. Diese Teil kann natürlich bei Zeitmangel auch überschlagen werden. Da es sich aber so spannend liest, habe ich gerade diese Teile geradezu verschlungen.
Es lohnt sich für Interessierte auf jeden Fall die zum Buch gehörende Webseite (www.kinder-verstehen.de) zu besuchen. Dort finden sich vor allem die wissenschaftlichen Quellen, weitere Texte und auch interessante Links.
Für Eltern, die an mehr interessiert sind als an konkreten Still- und Wickeltipps, ist diese Lektüre mehr als bereichernd.
Bei einzelnen Aspekten hätte ich mir einen etwas weiteren Blick gewünscht (so bringt das Stillen auch für die Mutter wesentliche gesundheitliche Vorteile), aber dies sind nur Kleinigkeiten.
Abgerundet wird das Buch durch ein ausführliches Register und ein Literaturverzeichnis der wichtigsten Bücher zum Thema.
Bewertung: 5 von 5 Raben Bewertung: 5 von 5 Raben

 

Astrid Ahlers

Verlag:Beltz, 2011
ISBN-10: 340785921X
ISBN-13: 978-3407859211

Bewertung: 4 von 5 Raben Bewertung: 4 von 5 Raben

 

Felicitas Römer schlägt in acht Kapiteln den Bogen von der Rolle des Kindes (Glücksbringer, Prestigeobjekt) und seinen wahren und scheinbaren Problemen und Leistungen hin zur Wirtschaftskraft des Kindes und seiner Eltern. Dabei schreibt sie erhellend, aber auch schonungslos über die gleichzeitig überfrachtete und entfremdete Kindheit in der aktuellen westlichen Welt. Die mitunter gar nicht so selbstlose Liebe der Erwachsenen ist ebenso Thema wie die gar nicht so fürsorgliche Förder-, Therapie- und Pharmaindustrie und die gar nicht so dringend benötigte Konsum- und Warenwelt im Kinderzimmer. Dabei zitiert die Autorin eine Fülle von Büchern und Studien zum Thema und gibt viele kurze Beispiele, oft auch aus persönlicher Erfahrung.

Das Buch schließt mit zehn kurz skizzierten Ideen für die „Rettung des Biotops Kindheit“, darunter „Pädagogik im Sinne des Kindes, nicht der Wirtschaft“ oder „Hinwendung: keine Bildung ohne Bindung“ und lässt den Leser ein wenig ratlos zurück. Dabei ist es gut und wichtig, auf wirtschaftliche Zusammenhänge und Interessen hinzuweisen, so dass das Bewusstsein, wo überall wirtschaftliche Interessen gegen Kinder ausgespielt werden, geschärft wird. Auch liefert das Buch Argumente gegen wohlmeinende Bekannte, Pädagogen, die unkritisch alles anwenden wollen, was der Zeitgeist gerade für angebracht hält. Die Autorin rüttelt auf, macht auf wichtige Dinge aufmerksam. Aber ihr Schreibstil ist für den gebildeten, reflektierten Teil ihrer Leserschaft recht polemisch und provokant. Die Eltern dagegen, die weniger versiert im Umgang mit pädagogischer Literatur sind, werden nach der Problembeschreibung allein gelassen. Ihnen bietet sie kaum Auswege an und lässt sie bei der Aufgabe, zu schauen, was sie damit anfangen können, weitgehend allein. Und auch die im Umgang mit solchen Fragestellungen geübteren Eltern bleiben eher unbefriedigt zurück. Das Buch eignet sich daher eher als familienpolitisch aufrüttelnde Lektüre denn als Ratgeber.

 

Daher nur 4 Raben für ein Aufklärungsbuch der etwas anderen Art.

Bewertung: 4 von 5 Raben Bewertung: 4 von 5 Raben

Löffelkraut

Rowohlt Tb, 6., Aufl. (März 1998)
ISBN-10: 3499603764
ISBN-13: 978-3499603761

Bewertung: 5 von 5 Raben Bewertung: 5 von 5 Raben

Herrad Schenk beleuchtet den Mythos von der guten Mutter kritisch und differenziert. Für platte Argumentationen ist sie sich zu schade. Der Weisheit letzter Schluss sind ihre Thesen nicht. Sie gibt zu bedenken: “ Vermutlich würden manche meiner Thesen anders ausfallen, wenn ich selbst Mutter wäre.“ Ein sympathischer Einwand, wie ich finde.

Wie sah Mutterschaft am Ende des 19. Jahrhunderts aus? Herrad Schenk forscht in ihrer eigenen Familie nach. Da gab es Großmutter Else, die aus wohlhabenden Verhältnissen stammte und es absurd gefunden hätte, einem Beruf nachzugehen. Ihre beiden Kinder ließ sie mehrere Male im Jahr, auch bereits wenige Wochen nach der Geburt, bei einer Amme zu Hause zurück, um mit ihrem Mann auf Reisen zu gehen. Die Kinder waren ja in guten Händen. Großmutter Else konnte nicht stillen. Oder wollte nicht? Die Wirkung des Stillens, so hieße es, würde den Busen ruinieren. Studien, die belegten, Stillen sei das Beste für Mutter und Kind, gab es zur damaligen Zeit nicht, und so stillten die Mütter gar nicht oder ab, ohne die Spur schlechten Gewissens. Großmutter Franziska musste im Geschäft ihres Mannes mitarbeiten. Ihre Zeit reichte nicht aus, um sich um die 7 Kinder zu kümmern. So wurden 3 schon im Kleinkindalter an alleinstehende Tanten abgegeben, die sie wie ihre eigenen aufzogen – war es doch zum Besten der Kinder. Hatte Großmutter Franziska Zeit, mit ihren Kindern zu spielen? Eine völlig überflüssige Frage.

Heute sind die meisten Mütter ihr eigenes Dienstmädchen, findet Herrad Schenk. Sie ist der Meinung, dass der Emanzipationsprozess durch die Mutterrolle, so wie sie sich in den letzten 3 Generationen entwickelt habe, wieder zurück genommen werde. An dieser These ist mehr Wahres dran, als Müttern lieb sein kann, finde wiederum ich. Gerne zitiere ich noch ein paar Thesen, weil sie so schön (böse) sind:

„Unsere Wirtschaftsordnung hat aus der Fortpflanzung, die früher eine soziale Selbstverständlichkeit und zugleich ökonomische Notwendigkeit war, eine Privatangelegenheit des Paares (und manchmal sogar nur der Frau) gemacht – gewissermaßen ein Hobby, das die einen sich etwas kosten lassen, während die anderen eben andere Hobbys vorziehen.“

„Kinder zu bekommen wird immer mehr als Abenteuer erlebt, als Aufbruch ins Unbekannte, der zwar mit Anstrengungen und Risiken verbunden ist, bei dem aber auch neue Gefühle und Erlebnisse von großer Intensität als Belohnung winken.“

„Der Beruf ist langweilig oder unerfreulich, die Liebesbeziehung trägt nicht, andere positive Lebensperspektiven werden nicht gesehen. Vom Kind wird dann all das erwartet, was jetzt fehlt, es soll die Löcher füllen und Wunden heilen.“

„Für die Entscheidung, ob man Kinder haben will oder nicht, hat man wohl oder übel das „falsche Bewusstsein“, nämlich das kinderlose.“

„Früher glaubte man nicht, dass Frauen, nur weil sie Kinder zur Welt bringen, auch am besten befähigt seien, Kinder zu betreuen. Vor allem hielten die Frauen sich selbst nicht qua Geschlecht allesamt für geduldige Kindermädchen und begnadete Pädagoginnen.“

„Ich habe dieses Kind nicht zur Welt gebracht, um es den ganzen Tag in eine Krippe, einen Hort oder eine Ganztagsschule abzuschieben. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Ich habe es zur Welt gebracht, es ist mein Kind, ich will es solange wie möglich in meinem Einflussbereich halten.“
„Das eigene Kind ist zum Selbstverwirklichungsprojekt mancher Frau geworden.“

„Die ExpertInnen-Ratschläge gehen fast immer dahin, die Mütter im Bewusstsein zu stärken, – Ihre Mutter (Schwiegermutter) muss lernen, dass sie sich aus der Erziehung rauszuhalten hat! – Wenn sie nicht einsichtig ist, gibt es eben Enkelentzug.“

„Viele Mütter erleben jede Reaktion auf ihr Kind, die nicht positiv oder gewährend ist, als kinderfeindlich. Das hängt mit der Überidentifikation mit dem Kind zusammen, die wiederum das Ergebnis ihrer Alleinzuständigkeit ist. Kritisiert eine andere Person das Kind, so fühlt sich sofort die Mutter kritisiert – die ja alleinverantwortlich für das Kind und damit auch für jedes Fehlverhalten von ihm ist. In solch einer Situation empfindet die Mutter keineswegs erzieherisch auf ihr Kind einzuwirken, sondern sie bekommt Aggressionen gegen die „kinderfeindliche Umwelt“.“

„Die Idealisierung der Mutterliebe und die Aufwertung der Kindheit haben sich in den letzten 3 Jahrhunderten vollzogen; das eine hat das andere bedingt und gefördert. Der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung ist die Vollzeitmutterschaft für das Einzelkind – die Eins-zu-Eins-Betreuung eines einzigen Kindes durch seine Mutter, rund um die Uhr.“

„Dieser Idealisierung der Mütterlichkeit ging im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit eine Spaltung des alten archaischen Bildes der Großen Mutter in eine „gute“ und eine „böse“ Mutter voraus: Die sichtbarsten sozialen Symptome dieser Spaltung waren Marienkult und Hexenwahn.“

Ich könnte noch weiter und weiter machen … Die Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen, scheinen mir wie pure Giftpfeile mitten ins Herz einer Rabenmutter zu sein. Mich hat die Lektüre des Buches gut unterhalten, stellenweise fühlte ich mich ertappt, dann wieder fand ich, nee, so stimmt das nicht und hier und da musste ich still vor mich hin grinsen – ja, ja, eulalie, aus dieser oder jener Rabenmutterphase bist du längst heraus gewachsen. Auf jeden Fall sind meine Gehirnzellen in Wallung geraten und haben meine ein oder andere „schräge“ Perspektive aufgemischt. Jetzt muss ich erst mal wieder eine neue Ordnung schaffen.

Am Schluss des Buches hat Herrad Schenk eine Wunschliste an die Politiker formuliert -> Elternschaft darf nicht nur Privatvergnügen sein. Sie hat aber auch eine Wunschliste an die Adresse der Mütter parat, unter anderem dies:
„Es wäre gut, wenn viele Frauen verstehen würden, dass die Fähigkeit, Kinder zu bekommen, sie nicht von der Notwendigkeit enthebt, weiterhin für sich selbst nach dem Sinn des Lebens zu suchen. Kinder sind gewiss eine Antwort auf die Frage nach einem sinnerfülltem und befriedigendem Leben, aber keineswegs die einzige und weder kurz- noch langfristig eine hinreichende Antwort. Wie belastend muss es für ein Kind sein, wenn es spürt: Außer mir hat die Mutter nichts in der Welt.“

Gut gebrüllt Löwin!
eulalie

Bewertung: 5 von 5 Raben Bewertung: 5 von 5 Raben

Wie Kinder selbstbewusst und selbstsicher werden
Christophorus-Verlag, 4., Aufl. (Juli 2002)
ISBN-10: 3419530269
ISBN-13: 978-3419530269

Bewertung: 4 von 5 Raben

Dieses Buch wendet sich an Eltern und ErzieherInnen von Kindern im
Vorschulalter. Ziel ist Information einerseits, Spiel- und Bastelideen anzuregen andererseits. Das Spektrum der Themen ist relativ groß von dem Gefühl für die eigenen Stärken und Grenzen über den Umgang mit Gefühlen und Konflikten bis hin zu der Beschäftigung mit dem eigenen Körper und seinen Sinnen. Jeder Bereich ist dann nochmals in verschiedene Kapitel unterteilt, in dem einzelne Aspekte eines bestimmten Themas angesprochen werden.
Ausgeprochen gut haben mir Vorschläge gefallen, wie man sich im Kindergarten aber auch zu Hause bestimmten Themen spielerisch nähern kann. So gibt es zum Beispiel im Kapitel, in dem es um die Sinne geht die Spielvorschläge Riech- und Schmeckgarten; Regentanz und „Sonne, Mond und Sterne“ (Spiele für die taktile Wahrnehmung) oder das Roboterspiel (Körperwahrnehmung und Koordination). Ausserdem enthält es Bastelanregungen, von denen mich die Idee des „Jeden-Tag-werde-ich-stärker“-Buches sehr angesprochen hat. Diese Idee wird gleich am Anfang des Buches vorgeschlagen und in jedem Kapitel wieder aufgegriffen, so dass die Kinder zu jedem Bereich auch etwas in ihrem Buch gestalten können.
Einen Kritikpunkt gibt es dennoch für mich (und dafür auch einen leichten Punktabzug): meiner Ansicht nach ist der Theorieteil hin und wieder etwas zu flach geraten. Hier verliert sich die Autorin ab und an zu sehr in Allgemeinplätzen, ist für meinen Geschmack auch manchmal zu polemisch – beides finde ich wenig hilfreich.
Insgesamt jedoch ein durchaus empfehlenswertes Buch, sicher besonders für Menschen, die beruflich mit Kindern arbeiten, aber auch interessant für Eltern, die sich mit diesem Thema eingehender beschäftigen möchten.
Lotta

Bewertung: 4 von 5 Raben

Herbig; Auflage: 1 (März 2005)
ISBN-10: 3776624205
ISBN-13: 978-3776624205
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Bewertung: 5 von 5 Raben Bewertung: 5 von 5 Raben

Noch ein „Erziehungsratgeber“. Aber einer, der nicht theorieüberladen daherkommt, so dass man sich während des Lesens immer wieder fragen müsste, ob die Autoren jemals echte Kinder mit unerschöpflichem Chaospotenzial gesehen haben. Im Zentrum des Buches stehen konkrete Beispiele, konkrete Situationen aus dem Alltag mit Kindern vom krabbelnden Baby, das waghalsig seinen Radius erweitert, bis hin zum präpubertären Teenager im Alter von zwölf Jahren.
Insgesamt werden zwölf Geschichten erzählt mit unterschiedlichsten Familienkonstellationen, Eltern, Großeltern, Onkel, Tante, Freunde im Umgang mit Kindern. Jede der Geschichten enthält ein für das Alter des Kindes (bzw. der Kinder) typisches Problem, eine knifflige Situation, einen potentiellen Konflikt und zeigt Reaktionsmöglichkeiten auf, die unter dem Begriff „Coaching“ zusammengefasst werden. „Coaching“-Methoden basieren auf aktiver Kommunikation, Phantasie, etwas Geduld und liebevollem Interesse. Mit diesem simpel klingenden Grundrezept gelingt es in den beschriebenen Situationen Konflikte zu entspannen – und zwar nicht aus der allmächtigen Position eines überlegenen Erziehers heraus, sondern im Austausch mit den Kindern und unter bewusster Betonung ihrer Mit-Verantwortlichkeit (ohne sie mit alleiniger Verantwortung zu überfordern!). Die sogenannten Soft-skills, die als „internationale Herausforderungen für die nächste Generation im 21. Jahrhundert“ am Ende des Buches aufgelistet werden, können Kindern als Nebenprodukte des Coachings vermittelt werden. Die Autoren nennen hier: Selbstbewusstsein, Selbstständigkeit, Herzlichkeit, soziale Kompetenz, Emotionalität, Toleranz, Humor, Kreativität, Energie, Moderationsfähigkeit, Begeisterungsfähigkeit, öffentliche Rede, Selbstmotivation – eine Liste die sich also durchaus sehen lassen kann.
Der Aufbau des Buches ist sehr benutzerfreundlich und alltagstauglich: Die Beispielgeschichten werden kurz kommentiert und erläutert, um durch Abstrahierung die Übertragung auf ähnliche Situationen zu erleichtern. Die zentrale Aussage jedes Kapitels wird danach noch in einem Coaching-Tipp zusammengefasst. Am Ende des Buches sind Anregungen und Tipps schlagwortartig und in übersichtlichen Listen noch einmal zusammengestellt. Es liest sich schnell, kann zum kapitelweisen Nachlesen herangezogen werden und lädt auch zum Erneut-Lesen einzelner Vorschläge ein.
„Coaching Kids“ ist – mit den Worten der Autoren – „das maßgeschneiderte Universum zwischen Ja und Nein, der Dialog auf Augenhöhe.“
In Anbetracht all der inspirierenden Anregungen und wirklich hilfreichen Tipps verzeihe ich gerne, dass die Beispielgeschichten für meinen Geschmack oft etwas zu idealisiert wirken und bisweilen schon einen Touch von „Rama-Familie“ haben 😉 und gebe dem Buch fünf Raben.
Molly

Bewertung: 5 von 5 Raben Bewertung: 5 von 5 Raben

Verlag dtv
4. Auflage Mai 2006
303 Seiten
ISBN-10: 3120101702
ISBN-13: 978-3120101703

Bewertung: 1 von 5 Raben

Manfred Spitzer ist ein sehr talentierter Redner und auch in seinem Buch „Vorsicht Bildschirm!“ gelingt es dem Wissenschaftler seine Überzeugungen leicht verständlich und mit eingängigen Beispielen zu präsentieren.

Spitzer behandelt in seinem Buch nicht ausschließlich das Thema Gewalt und Medien, sondern versucht einen Überblick zum Thema Bildschirmmedien zu geben. Das Buch ist entsprechend aufgeteilt in:
1 Einleitung
2 Körperliche Gesundheit
3 Erfahrung und Aufmerksamkeit
4 Gehirnentwicklung und Werbung
5 Leistungen in der Schule
6 Gewalt im Fernsehen
7 Computer- und Videospiele
8 Was tun?

Dieser Ansatz, das Thema nicht nur in Bezug auf Gewalt und Medien zu behandeln, ist denn auch schon das Interessanteste an diesem Buch. Die Kapitel, in denen es um Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft geht, sind lesenswert, allerdings gibt es zu diesen Themen weitaus ausführlichere, die sich nicht ausschliesslich auf die Verarbeitung von Bildschirmmedien beschränken.

Davon abgesehen, hat dieses Buch leider grosse Mängel. Allzu deutlich merkt man, dass Manfred Spitzer hier seine persönlichen Ansichten darlegt und deshalb ausschliesslich wissenschaftliche Befunde zitiert, die seine Meinung stützen. Studien, die nicht seiner Argumentationslinie folgen, werden abgetan „Weil es in der Wissenschaft sowieso immer Kontroversen gibt – und weil es zuweilen auch unter Wissenschaftlern Menschen gibt, die ohne jegliche Begründung das Gegenteil einer allgemein akzeptierten Meinung behaupten, kann Nichtstun begründet werden.“ oder auch „nehmen manche vermeintliche Medienfachleute die international publizierten Studien zum Thema oft einfach gar nicht zur Kenntnis.“ Solche Pauschalurteile gegen alle, die eine andere Meinung vertreten, tragen nicht dazu bei, dass man Spitzer ernst nehmen kann.

Speziell nicht, wenn man berücksichtigt, dass Spitzer in seinem Buch auch Resultate zitiert, die einer Überprüfung nicht standhalten.

Er zitiert mehrfach eine Studie von Centerwall, in der dieser den Zusammenhang zwischen der Einführung des Fernsehens und der Häufung von Tötungsdelikten in der weissen Bevölkerung der USA- der gesamten Bevölkerung von Kanada und der weissen Bevölkerung von Südafrika untersucht. Und stellt fest, dass die Zahl der Tötungsdelikte in den USA und Kanada sich innerhalb von 10-15 Jahren verdoppelt haben. Dies kommentiert Centerwall so: „Sofern das Fernsehen nie entwickelt worden wäre, gäbe es heute in den Vereinigten Staaten jährlich 10.000 Tötungsdelikte und 70.000 Vergewaltigungen weniger sowie 700.000 weniger Gewaltdelikte gegen Personen.“
In der Übersichtsstudie „Medien und Gewalt“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finden sich dazu einige Entgegnungen, die den Abschnitt in ein anderes Licht rücken, Gary F. Jensen stellt unter anderem fest, dass die Mordrate in dem halben Jahrhundert vor Beginn von Centerwalls Untersuchungszeitraum höher war als danach (d. h. sie lag vor Einführung des Fernsehens höher als hinterher) und Jib Fowles macht darauf aufmerksam, dass Centerwall den „Baby-Boom“ zwischen 1947 und 1964 ignoriert. Da violente Verbrechen überwiegend von jungen Männern begangen würden, sei der Anstieg dieser Delikte in den 70er Jahren die Folge des „Baby-Booms“ gewesen. Auf die USA bezogen argumentiert Fowles, dass die Kriminalitätsrate (auch für violente Verbrechen) absank, nachdem die „Baby-Boom-Generation“ das Alter von 30 Jahren überschritten hatte.

Ein weiteres Beispiel ist die kanadische Studie von Williams. Dabei wurden drei Städte, denen man die Namen Notel (für No Television), Unitel (Programm des kanadischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens CBC) und Multitel (mehrere Sender, auch die violenten amerikanischen Programme) gab untersucht. Spitzer führt auf: „…es zeigte sich, dass innerhalb von zwei Jahren in der Gemeinde mit eingeführtem Fernsehen das beobachtete und mittels Fragebogen erfasste Aggressionsniveau zunahm: Die verbale Aggressivität verdoppelte sich, die körperliche Aggressivität war nahezu verdreifacht (ein hoch signifikantes Ergebnis. Im Gegensatz dazu war das Gewaltniveau in den beiden Kontrollgemeinden gleich geblieben.“

Die gleiche Studie wird in „Gewalt und Medien“ von Kunczik und Zipfel erwähnt. Interessant ist, dass er folgendes anmerkt „Auch in der Querschnittstudie war die Zunahme der Aggressivität in Notel nach zwei Jahren am ausgeprägtesten. Dieser Befund kann kaum als Beweis für die Gefährlichkeit von Fernsehgewalt interpretiert werden, denn das in Notel 1975 empfangene Programm von CBC war ausgesprochen gewaltfrei.“ und „- die Kinder in Multitel, die auch ABC, CBS und NBC empfangen konnten, waren weniger aggressiv als die Kinder in Notel (Joy, Kimball und Zabrack 1986, 320). Bei den Kindern in Multitel führte der Konsum violenter Programme nicht zu einer Formung aggressiver Persönlichkeit.“

Wenn es derart eindeutig ist, dass Fernsehen Gewalt verursacht, dann sollte es Spitzer möglich sein, dies auch mit besseren Quellen zu belegen als den Aufgeführten und ohne nur diejenigen Daten zu präsentieren, die ihm gerade gelegen kommen. Auch Sätze wie „Kein Wunder: Sobald Kinder gerade sitzen können, erleben sie den Supermarkt auf dem speziell für sie konstruierten Sitz auf dem Einkaufswagen gleichsam aus der Ego-Shooter-Perspektive2, wenn es um die Fernsehwerbung geht, überzeugen nicht. Und seine auf 10 Seiten dargelegte Abneigung gegen Power Point und die zugehörige Firma wirken direkt komisch.

Dass elektronische Medien und hier insbesondere diejenigen mit gewalttätigem Inhalt einen Einfluss auf unser Denken haben, bezweifelt wohl kaum noch jemand. Um wirklich lesenswert zu sein, fehlt dem Buch aber nicht nur inhaltliche Korrektheit, sondern auch ein grösseres Gewicht darauf, was Eltern denn tun können, um ihren Kindern im Umgang mit den Medien beizustehen.
Justine

Bewertung: 1 von 5 Raben

Kinder richtig verstehen – ein praktischer Erziehungsratgeber: Kinder richtig verstehen und liebevoll erziehen
Dorling Kindersley Verlag; 2. aktualisierte Neuauflage (1. März 2010)
ISBN-10: 3831016402

Bewertung: 3 von 5 Raben

Das praktische Standardwerk zur Kindererziehung.
So verspricht der Rückseitentext.
Ein hoher Anspruch – und ich muss sagen, das Buch wird in vielen Dingen diesem auch gerecht.

Es nimmt zu vielen Fragen rund um die Erziehung Stellung und das von einer interessanten Warte aus, nämlich aus der Perspektive der Hirnforschung. Was sich nun sehr trocken und theoretisch anhört, ist aber ein Bildband mit wunderschönen Fotos von Kindern, zum Teil aus dem Familienalltag und Situationen, die vertraut sind. Dazu mit vielen interessanten Texten. Hier beginnt eine leise Kritik von mir – oft sind es zwei Ebenen Text und dazu viele Bilder, die sich zu einem mischen. Verschiedene Schriftgrößen und -arten, farbig unterlegte Bereiche, alles wechselt und erschwert es, den Überblick zu behalten, viele Texte gehen über Seitenwechsel. Das ist leider auch bei den Randtexten so, dass man immer wieder hin und her blättern muss.

Inhaltlich ist es sehr spannend, die Autorin beginnt mit der Darstellung des menschlichen Gehirnes und der Abläufe, sie beschreibt in relativ einfachen Worten die komplexen Reaktionen, die unterschiedliche Hormonausschüttungen hervorrufen. Hier ist auch der eigentliche Inhalt des Buches, es beschreibt in vielen Beispielen, was in den Kindern geschieht, wenn sie hungrig, wütend, traurig oder glücklich sind, und zeigt, wie wichtig positive Erfahrungen für die neuronalen Verschaltungen sind.

Wunderbar lässt sie sich auf die ersten Monate ein, in denen die Kinder einfach nur sicher und geborgen sein sollen, wendet sich auch sehr klar gegen Schlafprogramme und Weinen-lassen. Die Beispiele sind durchaus aus dem Leben gegriffen und die Strategien zur Bewältigung der Situationen auch zum größten Teil realistisch.

Während das Buch nahezu durchweg positiv arbeitet, ist an einer Stelle der TIME OUT als Erziehungsmittel dargestellt. Ich habe den Eindruck, dass hier entweder die deutsche Übersetzung hakt – oder Margot Sunderland hier nicht ihren eigenen Gedanken folgt.

Der Time Out wird als Lösung beschrieben, in der man das Kind – nach Alter gestaffelt eine zunehmende Anzahl Minuten – in sein Zimmer oder eine Ecke des Raumes setzt und ihm eine Auszeit gibt. In argen Fällen rät sie auch dazu, dass der Erwachsene „die Klinke von aussen halten sollte“.

Gleichzeitig warnt sie, dass diese Methode durch die Ängste, die bei den Kindern dadurch ausgelöst werden zu Langzeitschäden im Gehirn führen kann, da die Hormone dabei toxische Ausmaße erreichen können. Ich frage mich, warum sie den Time Out als Lösung anbietet, wenn sie zeitgleich sehr deutlich darauf hin weist, dass der Time Out zu häufig anstatt anderer Reaktionen herhalten muss. (Eine Kritik zu der Methode des Time Out findet sich hier: Triple P – kritisch betrachtet )

Hier sind auch die Formulierungen eher negativ, die Kinder verletzen „absichtlich“ oder zerstören Eigentum. Mir fiel dieses Kapitel vermutlich darum so extrem auf, weil es sich eben völlig vom Rest des Buches unterscheidet.

Ich empfehle das Buch allen Eltern, die sich dafür interessieren, warum ein respekt- und liebevoller Erziehungsstil auch aus neurobiologischer Sicht das Beste ist.
Sabine

Bewertung: 3 von 5 Raben

Anleitung zur Gelassenheit

Urania-Verlag 2012
ISBN-13: 978-3451660177

Bewertung: 4 von 5 Raben

 

Dieser gut zu lesende Ratgeber widmet sich dem sogenannten „Trotzalter“, der ersten Autonomiephase in der kindlichen Entwicklung. Die Autorin erläutert deren Verlauf und Sinn und behandelt das Umgehen mit der Trotzphase anschließend aus mehreren Blickwinkeln: Sie umreißt grundlegende Erziehungsansätze im Sinne von verlässlicher Führung und respektvoller Behandlung und benennt Möglichkeiten, „Trotzanfällen“ vorzubeugen. Im Anschluss erläutert sie verschiedene typische Situationen für kindlichen Trotz und wie Eltern dann gut reagieren können. Schließlich beleuchtet sie noch genauer Situation und Gefühle der Eltern mit trotzdenden Kindern und deren Handlungsmöglichkeiten, bevor sie im Schlusskapitel einen Überblick über Trotz in verschiedenen Lebenssituationen und Altersstufen gibt. Trotz einiger Dopplungen ist das Buch so sinnvoll aufgebaut und eignet sich auch gut zum gezielten Nachlesen einzelner Aspekte.

Die Darstellung ist hilfreich und die vertretenen Erziehungsansätze sind wertschätzend und der kindlichen Entwicklung angemessen. Der Titel bietet praktisch gut umsetzbare Ansätze im Umgang mit Kleinkindern, die ihre Autonomie entdecken und damit die Eltern gründlich auf die Probe stellen.

Die Freude über einen Erziehungsratgeber, der anhand praktischer Beispiele, anschaulich und ohne Tyrannen-Angst durch die frühkindliche Autonomiephase führt, wird allerdings getrübt: Wider besseres Wissen spricht die Autorin penetrant von „Trotz“ und von den Kindern als „Trotzköpfen“. Obwohl sie beteuert, dass es den Kindern eigentlich gar nicht um absichtliche Manipulation geht und dass sie nicht gezielt „ungehorsam“ sind, wie Erwachsene oft unterstellen, ist diese dauernde Verwendung doch geeignet, überkommene Denkmuster weiter zu tradieren, die gerade nicht mit dem von der Autorin vertretenen Inhalt übereinstimmen. Sprache prägt Wirklichkeit, und das alternativlose Sprechen von „Trotz“ untermauert eine negative Wertung des kindlichen Autonomiestrebens, die die Autorin selbst ablehnt. Des weiteren werden Geschlechterklischees gehäuft und plakativ verwendet. Und so schön es ist, dass die Autorin sich mehrfach explizit dagegen ausspricht, Kinder zu schlagen oder sonstwie körperlich zu strafen, so schade ist es, dass sie das Konzept „Strafe“ nicht generell aus ihren Ausführungen verbannt hat. Denn diese Ausführungen passen nicht recht zu einem Erziehungsansatz, der mit Strafen arbeitet. Was sie im Unterkapitel „Strafen“ ausführt, sind durchweg Vorschläge von Wiedergutmachungs-Leistungen oder Konsequenzen kindlichen Handelns, die dann auch nicht extra hart gestaltet werden sollen. Das ist begrüßenswert – aber es ist eben gleichzeitig schade, dass das Denkmuster „Strafen“ weiterhin beibehalten wird, denn dies konterkariert den wertschätzenden und liebevollen Blick aufs Kind, der im Buch eigentlich vermittelt werden soll.

Meiner Ansicht nach überwiegen aber die positiven Aspekte deutlich. In der Darstellung wird durchweg Wert darauf gelegt, dass Eltern in echter Beziehung zu ihrem Kind stehen, dass sie nicht nach starren Vorgaben, sondern situationsangemessen handeln und dass sie den Kindern und sich das Leben nicht durch überzogene Ansprüche unnötig schwer machen sollten. Liebe und Interesse zeigen, nicht zu viel verbieten, bei Verboten wirklich unterscheiden, ob sie ehrlich vertreten und notwendig sind, auf kindliche Weltwahrnehmung eingehen, als Elternpaar und mit den Kindern eine gesunde und faire Streitkultur pflegen – das sind gute und wichtige Inhalte. Sie stärken ein auf Respekt und Verständnis gegründetes Familienleben und sollen hier ausdrücklich unterstützt werden. Deswegen gibt es trotz der erwähnten Schwächen des Buches von mir gerade noch vier Raben.

Bewertung: 4 von 5 RabenAnnette Jantzen

rororo
ISBN-10: 349960826X
ISBN-13: 978-3499608261

Bewertung: 5 von 5 Raben Bewertung: 5 von 5 Raben

Valentin fordert in seinem Buch von Eltern und Lehrern, viel mehr auf die Individualität des Kindes und die individuellen Lebensbedingungen einzugehen, als an starren Erziehungskonzepten festzuhalten. Sinngemäß sagt er, wenn die Wege nicht so sind, wie auf der Landkarte eingezeichnet, die man in der Hand hält, dann ist es wenig sinnvoll, weiter nach der Landkarte zu wandern. Das empfinde ich als einen tollen Ansatz, ganz im Gegensatz zu pauschalisierenden Behauptungen, dass „jedes Kind“ dies und jenes lernen kann – oder muss?
Tipps zur Umsetzung gibt es natürlich auch, wobei der, dass es am besten mit Meditation zu schaffen ist, natürlich Geschmacksache ist.
Juli

Bewertung: 5 von 5 Raben Bewertung: 5 von 5 Raben

Weber-Eisenmann: Kinder liebevoll stärken. Wie du dein Kind dabei unterstützt, selbstbewusst, mutig und innerlich stark zu werden

humboldt (23. Februar 2023), Rezension von Januar 2024
ISBN-10: 384261702X
ISBN-13: 978-3842617025

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Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben

Ich möchte euch das Buch „Kinder liebevoll stärken. Wie du dein Kinder dabei unterstützt, selbstbewusst, mutig und innerlich stark zu werden“ ans Herz legen. Der Titel ist Programm. Barbara Weber-Eisenmann, selbst Mutter eines Kindergartenkindes, hat das Buch randvoll gepackt mit Anregungen, Tipps, Reflektionen, Denkanstößen und Ideen, die Eltern helfen sollen, ihr Kind dabei zu unterstützen, selbstbewusst durchs Leben zu gehen.

Das Buch wendet sich an Eltern von 2- bis 6- Jährigen und beleuchtet alle Themenfelder, die in diesem Alter wichtig sein können. Spannend finde ich dabei, dass es immer wieder auch darum geht, die Eltern selbst zu stärken, damit sie Vorbild sein können, und damit sie die Ressourcen haben, ihr Kind bedürfnisorientiert und individuell zu begleiten. Denn das ist ein ganz wichtiger Aspekt des Buchs: Eltern und Kinder als Partner in einer bindungsorientierten Beziehung.

Wer sich bereits mit bindungsorientierter Erziehung und gewaltfreier Kommunikation beschäftigt hat, dem wird einiges bekannt vorkommen, aber was dieses Buch besonders macht, sind die vielen Reflektionsfragen und Alltagsbeispiele. Immer wieder wird die Leserin/der Leser dazu ermutigt, zurückzublicken auf den eigenen Umgang mit dem Kind. Dabei geht es nicht nur um aktuelle Situationen, sondern auch die Babyzeit. Zusätzlich geht das Buch noch tiefer und fragt auch nach der eigenen Kindheit und den Einstellungen der eigenen Eltern. Das bringt immer wieder erstaunliche Selbsterkenntnisse darüber, wo eigene Erziehungseinstellungen und Ansprüche an das Kind überhaupt herkommen.

In Alltagsbeispielen werden verschiedene Möglichkeiten vorgestellt, wie eine Situation durch einen veränderten Blick aufs Kind andere, bessere, fördernde Handlungsmöglichkeiten und Lösungsansätze hervorbringen kann. Zum Beispiel durch die Aufmerksamkeit darauf, dass hinter jedem Verhalten ein Bedürfnis steckt, und die Frage, wie man diesem Bedürfnis besser gerecht werden kann.

Wohltuend sind die Einblicke nicht nur in den eigenen Einflussbereich daheim, sondern auch in verschiedene Betreuungssituationen. Wie kann ein guter Start in die Kita, in den Kindergarten und in die Schule gelingen und wie kann ich mein Kind auch in und für diese Situationen und ihre besonderen Herausforderungen stärken? Dabei kommen auch Expertinnen für die jeweiligen Bereiche zu Wort: Die Elternratgeber-Autorin Inke Hummel (z.B. „Mein wunderbares schüchternes Kind“) zum Thema Selbstvertrauen, die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Julius Theeg zum Thema Resilienz, die Ergotherapeutin Anne Berger zum Thema Ergotherapie und die Grundschul-Rektorin und Kinderbuch-Autorin Yvonne Kopf zum Thema Schulreife. Dabei erhebt das Buch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das wäre bei dieser enormen Themenvielfalt auch gar nicht möglich. Es bietet aber viele Hilfestellungen, sich im Anschluss zu den Themen, für die Interesse besteht, tiefere Informationen und Hilfe zu holen.

Auch dies ist wirklich eine Besonderheit dieses Buches: zu jedem Thema finden sich Literaturvorschläge sowohl für die Eltern als auch für das gemeinsame Lesen mit dem Kind, also Kinderbücher, die bestimmte Themen behandeln. Außerdem gibt es Informationen, wo man sich Hilfe holen kann, wo man Unterstützung findet, wenn man mit einem Thema alleine nicht weiterkommt.

Was nehme ich aus diesem Buch mit?

Ich fühle mich bestärkt in dem, was ich tue und wie ich es tue. Ich habe durch die Reflexion besser verstanden, warum ich manchmal so handle, wie ich es eigentlich gar nicht möchte. Dass Eltern und Kinder Partner sind und gemeinsam wachsen können und dass starke Kinder starke, authentische Eltern benötigen – und was ich selbst dafür tun kann, so zu werden.
Ich habe auch das erste Buch „Liebevoll durch die Trotzphase“ sehr gerne gelesen und bin gespannt auf das neue Buch „Ich kann das schon!“ (erscheint im Februar 2024).
Bewertung:    Bewertung: 5 von 5 Raben
Schluesselblume

Glück geht auch ohne Bio, PEKiP und Häuschen mit Garten…

Kösel-Verlag
ISBN-10: 3466310555
ISBN-13:978-3466310555

Bewertung: 4 von 5 Raben

Vorneweg: Als meine Kinder das Buch auf der Anrichte liegen sahen, war ihre erste Frage: Was ist denn ein PEKiP? Ich bin also entweder genau die richtige Adressatin, weil ich das Entspannungsplädoyer der Autorin sehr gut nachempfinden kann, oder eigentlich die falsche Adressatin, weil ich nicht davon überzeugt werden muss, dass es auch ohne PEKiP geht. Trotzdem oder gerade deswegen habe ich das Buch schnell gelesen und mich dabei gut unterhalten gefühlt.

Was ist drin?

Kurze Kapitel zu fast allen Aspekten des Elternseins: Schlafen, essen, Sex trotz Kind, Ordnung, Urlaub, Kind&Job, Kindergeburtstag… Die Kapitel sind abwechslungsreich angelegt, mal berichtet die Autorin, mal schreiben Expertinnen und Experten, mal wird jemand interviewt oder es gibt einen amüsanten Selbsttest à la „Welcher Typ bist du?“. Es wird auch schön praktisch mit Kochrezepten, Einkaufstipps und anderen nützlichen Hinweisen. „Drei Sätze für die Tonne“ räumen nach jedem Kapitel kurz und schmerzlos mit fiesen Ansprüchen oder Selbstkasteiungs-Fallen auf.

Das Buch richtet sich vor allem an Eltern, die gerade ins Leben mit Kind hineinwachsen, und gibt diesen gutgelaunte Ermutigung dabei, auch mal fünf gerade sein zu lassen und das Elternsein nicht als Hochleistungssport zu betreiben.

Was ist besonders gelungen?

Die Abwechslung in der Kapitelgestaltung ist super, der wirklich gut lesbare Stil auch. Es ist dabei zu beachten, dass es kein Erziehungsratgeber ist. Wie man mit dem Nachwuchs in Autonomie- oder anderen Phasen umgeht oder Schlafdramen in den Griff bekommt, ist schlicht nicht Thema. Trotzdem unterstützen die Impulse für entspanntes Elternsein wohl ein grundsätzlich wohlwollendes, zugewandtes und gewaltfreies Verhältnis zum Kind.

Was stört?

Ich hätte es gut gefunden, wenn die Autorin sich entschieden hätte, ob sie sich nun an Mütter oder an Eltern richtet. Sie schreibt von „uns Eltern“ und führt bei der Aufzählung aller (selbstauferlegten) Ansprüche doch nur die der Mütter auf („die Sexgöttinnen-Nummer trotz Müdigkeit“ ist wohl kein Anspruch an Väter). Ich fände es auch besser, wenn ich im Buch nicht mit „Mutti“ angeredet würde. Und auf Dauer muss es für mich auch nicht dieser sehr lockere Wir-sind-total-entspannt-Tonfall sein, der Eltern einteilt in „die anderen“, die ihre Kinder förderstressen oder sich mit einem Eigenheim belasten, und „uns“, die wir so unkompliziert sind wie die Autorin und eine total entspannte Nachbarschaft im Gemeinschaftsgarten haben. (Dabei habe ich gar kein Eigenheim, mir widerstrebt diese Abgrenzung trotzdem.) Aber das ist letztlich Geschmackssache.

Wer sollte es kaufen und wer nicht?

Eindeutige Kaufempfehlung, wenn frau eine Lektüre sucht, um kurz durchzuatmen und mal Abstand von allen Ansprüchen zu gewinnen, die von allen Seiten an sie herangetragen werden. Sehr gut auch als Geschenk geeignet, wenn die Schwester oder Freundin schwanger ist (dann wird sie das meiste für Greuelpropaganda halten, sich aber später einmal dankbar erinnern) oder wenn die Nichte oder der Neffe oder das Freundinnen-Kind gerade zwischen einem und zwei Jahre alt sind (dann kann sie es am besten gebrauchen). Nicht so gut geeignet als Geschenk zum Einzug ins Eigenheim. Ebenfalls wenig glücklich wird mit dem Buch, wer einen ernsthaften Erziehungsratgeber sucht zum Überleben von Autonomie- und anderen Phasen.

Fazit: vier Raben.

Bewertung: 4 von 5 Raben

Annette Jantzen

Drei Lebensläufe, drei Welten: Geschichten von unserer Zukunft auf dem Planeten Erde.
Gruner & Jahr (März 2000)
Gebundene Ausgabe: 216 Seiten
ISBN-10: 3570192415
ISBN-13: 978-3570192412

Bewertung: 5 von 5 Raben

Die Autoren begleiten in diesem großformatigen Bildband drei Frauen in den letzten Wochen der Schwangerschaft, bei der Geburt und während der ersten sechs Lebensmonate ihrer Kinder. Das Besondere: Die Frauen kommen aus ganz unterschiedlichen Weltgegenden, beispielhaft für die Lebenssituationen auf unserem Planeten: Hamburg, Hanoi (Vietnam), Musalala (Kenya). Vieles, was uns so selbstverständlich ist, erscheint durch dieses Buch in einem ganz anderen Licht. Da ist das Mittdreißiger Karrierepaar aus Hamburg, das seiner (vielleicht einzigen?) Tochter alles Materielle bieten kann, Schwangerschaft und Geburt medizinisch voll unter Kontrolle. Als Gegenpol die Frau in Kenia, die ihr neuntes Kind erwartet, der Vater immer nur alle paar Monate zu Hause, weil er in der Hauptstadt Nairobi einen Job als Gärtner gefunden hat. Hier steht die (nicht ausgebildete) Dorfhebamme bei der Geburt bei mit ihrem einzigen Hilfsmittel, einer Rasierklinge zum Durchtrennen der Nabelschnur.
Sehr einfühlsam, ohne jede Wertung, schildern die Autoren diese Familiensituationen und Traditionen. In Kapiteln zu Geburt, Lebensmittel und Lehrstunden werden die Familien jeweils parallel dargestellt. In anderen Kapiteln lassen sich die Autoren ganz auf die jeweilige Familie ein.
Eindrucksvoller als der Text sind oft die Fotos: die deutsche Mutter vor einem mit Babygläschen gefüllten Supermarktregal, die kenianische Familie beim kargen Frühstück in der Hütte.
Astrid Ahlers

Bewertung: 5 von 5 Raben

Goldmann Taschenbuch (2000)
ISBN-10: 3442162432
ISBN-13: 978-3442162437

Bewertung: 4 von 5 Raben

In diesem Buch beschreibt die Autorin die alltäglichen Missverständnisse und Familiendramen, welche entstehen, wenn die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern nicht klappt. Sie zeigt, wie Missverständnisse vermieden werden können, wenn Erwachsene lernen, die Signale der Kinder richtig zu verstehen und selbst klare Botschaften auszusenden. Sie geht dabei auf die wichtigsten Grundmuster an Missverständnissen ein, erläutert, warum die Unkenntnis der kindlichen Entwicklung zu Missverständnissen führt, ermutigt Eltern zu mehr Sicherheit im Umgang mit dem Kind, erläutert, was dahinter steckt, wenn Kinder lügen, stehlen oder aggressiv sind, welche Funktionen die Phantasien von Kindern haben, warum man mit Kindern „wahrhaftig“ sprechen sollte, welche Rolle Projektionen der Eltern beim Entstehen von Missverständnissen haben, worin der Unterschied zwischen kindlichen Wünschen und Bedürfnissen liegt und dass nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Prozess des Verstehens wichtig ist für einen besseren Dialog zwischen Eltern und Kindern. Ihre Ausführungen erläutert sie anhand von diversen Beispielen, in welchen viele Eltern eigene Erlebnisse wieder erkennen werden.
Roberta

Bewertung: 4 von 5 Raben

Deutscher Taschenbuch Verlag (1. Oktober 2005)
ISBN-10: 3423342250
ISBN-13: 978-3423342254

Bewertung: 4 von 5 Raben

Bis vor kurzem war mir die Autorin völlig unbekannt, und so kann ich auch nur über dieses eine Buch berichten. Inhaltlich bin ich sehr begeistert. Katharina Zimmer plädiert dafür, Kinder nicht nur nach dem, so nennt sie es, „Defizit-Modell“ zu behandeln, also den Fokus nicht nur auf die vermeintlichen Schwächen der Kinder zu richten (isst nicht, schläft nicht ein oder durch, macht viele Rechtschreibfehler usw.), sondern vielmehr auf die Stärken. Das Beseitigen der „Probleme“ ist ihrer Ansicht nach oftmals nicht mehr als ein unbeholfener Versuch, sich nur der Symptome für eine tieferliegende Schwierigkeit zu entledigen. Ein Zitat, das mir gut gefallen hat:

„Kein Kind, kein Mensch ist die Summe seiner Defizite, ebenso wenig wie er die Summe seiner Fähigkeiten ist. Man kann einen Menschen nicht auf seine Effizienz reduzieren.“

Sie entwirft ein Bild vom starken und widerstandsfähigen Kind, und nennt die zentrale Eigenschaft, die sie meint, nämlich flexible Widerstandsfähigkeit in einer sich wandelnden Welt, Resilienz. Darunter fasst sie verschiedene Merkmale zusammen, wie z.B. positive Erwartungen in sich und die Welt, Stärke und Zutrauen in schwierigen Situationen, Setzen von realistischen Zielen, kooperatives Verhalten, realistisches Selbstbild mit allen Stärken und Schwächen usw.

Weiter erläutert Katharina Zimmer die Bedeutung des ersten Kennenlernens von Eltern und Kind, sowie die Bedeutung von Empathie seitens der Eltern, von guter Kommunikation und ruft dazu auf, das Kind so zu akzeptieren wie es ist.

Gegen das, was sie schreibt, ist meiner Meinung nach gar nichts zu sagen, im Gegenteil. Es ist eine schöne Zusammenfassung von dem, was ich selber oft dachte, aber nicht so konkret fassen konnte. Allerdings ist das Buch kein konkreter Erziehungsratgeber, will es auch nicht sein. Wer danach sucht, ist sicher nicht gut bedient.

Leider scheint die Autorin Angst davor zu haben, die Leser zu überfrachten, denn für meinen Geschmack hätte sich das alles genauso gut in weniger als knapp 200 Seiten sagen lassen. Lieber wäre mir aber noch mehr Inhalt bei gleicher Seitenzahl gewesen.
Fazit: Gutes Buch, dass man sich aber eher leihen als kaufen sollte. Daher auch „nur“ vier von fünf Raben.
Bianca

Bewertung: 4 von 5 Raben

Herder, Auflage: 2 (März 2006)
ISBN-10: 3451049767
ISBN-13: 978-3451049767

Bewertung: 5 von 5 Raben

Renate Zimmer ist ausgebildete Sportpädagogin und hat festgestellt, dass viele Kinder sich zu wenig bewegen und daher oft auch ein mangelndes Körperbewusstsein und damit auch wenig Selbstbewusstsein haben. Dies kann sich in Antriebsarmut, Agressivität oder auch Hyperaktivität äußern.
In einigen Übersichtskapiteln zu Entwicklung, Selbstwertgefühl und Wahrnehmung legt sie zunächst theoretische Grundlagen. In den nachfolgenden Kapiteln zeigt sie, wie man die Theorie in die Praxis umsetzt. Dort gibt es viele Spielanregungen (Spielen mit Alltagsgegenständen, Sinneswahrnehmung, Spiele in der Natur). Zum Schluss geht sie noch auf Auffälligkeiten ein und wie man diesen begegnen kann.
Vor allem die Spielanregungen sind sehr zahlreich, leider fehlen dort Altersangaben. Aber alles in allem verdient dieses Buch ein sehr gut. Es ist auch nicht zu theoretisch gehalten, sondern immer gut verständlich geschrieben.
Elly